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27.04.2018·Behandlungsplanung Proberechnung für umfangreiche Implantation: Sind die Begründungen stimmig?

·Behandlungsplanung

Proberechnung für umfangreiche Implantation: Sind die Begründungen stimmig?

| Nach einer umfangreichen Implantation erstellt eine Praxis eine Proberechnung. Ein externes Abrechnungsbüro prüft die erfassten Daten nach Karteieinträgen und findet einige Ungereimtheiten. PI stellt in diesem Beitrag den Behandlungsfall vor und zeigt Lösungen für die Problembereiche auf. |

Der Behandlungsfall

Bei einem Privatpatienten besteht regio 15-18 und 45-48 eine Freiendsituation, sechs Implantate wurden inseriert. Weiterhin erfolgten ein externer Sinuslift, der Aufbau der Alveolarfortsätze und Vestibulumplastiken. Im Vorfeld der Behandlung wurde eine Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ für die GOZ-Nrn. 9120, 9010 und 9100 (regio 45 bis 47) mit dem 4,0-fachem Gebührensatz schriftlich vereinbart. Im Backoffice wird nach Karteieinträgen die Proberechnung ohne Materialien erstellt:

 

  • Rechnungsposten des ersten Behandlungstermins
Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung
Begründung
Faktor
Anz.
Betrag/Euro

18.01.18

0010

Eingehende Untersuchung

2,3

1

12,94

Ä5004

Panoramaaufnahme

1)

2,3

1

53,61

0060

Abformung für Situations- und Planungsmodelle

2,3

1

33,63

0030

Heil- und Kostenplan

2,3

1

25,87

 

 

Nr.
Begründung

1)

Erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand aufgrund umfangreicher Diagnostik und plastischer Darstellung bei digitaler Radiografie

 

Das Abrechnungsbüro überprüft online die Rechnung und gleicht diese mit den Karteieinträgen und Behandlungsunterlagen ab. Auffällig ist am 18.01.2018, dass keine Beratung berechnet wurde. In der Kartei ist weder die Ä1 noch ein Hinweis auf eine Beratung (Dauer, Thema) enthalten.

 

  • Rechnungsposten des zweiten Behandlungstermins
Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung
Begründung
Faktor
Anz.
Betrag/Euro

23.01.18

Ä70

Kurze Bescheinigung

2,3

1

5,36

Ä1

Beratung

2)

3,5

1

16,31

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

3)

3,5

1

16,31

Ä5004

Panoramaaufnahme

4)

2,3

1

53,61

OK, UK

9000

Implantatbezogene Analyse

5)

3,5

2

348,02

 

Am zweiten Behandlungstermin (23.01.18) wurde die Ä70 dokumentiert. In der Kartei findet sich jedoch kein Hinweis, für welche Maßnahme diese Leistung eingetragen wurde.

 

Nr.
Begründung

2)

Erhöhter Zeitaufwand

3)

Besondere Umstände

4)

Erhöhter Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand aufgrund umfangreicher Diagnostik und plastischer Darstellung bei digitaler Radiografie

5)

Überdurchschnittlicher Zeitaufwand wegen mehrerer Analysen/Vermessungen, da mehrere Implantatpositionen

 

Weder für die Ä1 noch die Ä5 finden sich in den Behandlungsunterlagen Hinweise über den Grund der Beratung, die Dauer, in welcher Region eine Untersuchung und mit welchem Ergebnis stattfand. Anhaltspunkte für die Steigerungsfaktoren über 2,3-fach sind nicht aufgezeichnet.

 

Die Begründung unter 5) kann nach Karteieintrag wie folgt optimiert werden:

 

  • Textanregung
Nr.
Begründung

5)

Überdurchschnittlicher Zeitaufwand aufgrund multipler Analysen/Vermessungen bei Prüfung an sechs Insertionsstellen für unterschiedliche Implantattypen bei bestehenden Alveolarfortsatzdefekten

 

 

  • Weitere Rechnungsposten des zweiten Behandlungstermins
Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung
Begründung
Faktor
Anz.
Betrag/Euro

23.01.18

17, 47

0080

Intraorale Oberflächenanästhesie

2,3

2

7,76

15‒17

0090

Intraorale Infiltrationsanästhesie

6)

3,5

4

47,24

17, 48

0100

Intraorale Leitungsanästhesie

7)

3,5

2

27,56

OK

9003

Verwenden einer Bohrschablone

8)

3,5

1

19,68

16

9120

Externer Sinuslift

9)

4,0

1

674,91

16

9100

Ein Drittel Gebühr – Aufbau des Alveolarfortsatzes

10)

3,5

1

176,77

15‒17

9010

Implantatinsertion, je Implantat

11)

4,5

3

1.173,08

0530

OP-Zuschlag

1,0

1

123,73

15‒17

Ä2675

Partielle Vestibulumplastik

12)

3,5

1

173,39

45‒48

0090

Intraorale Infiltrationsanästhesie

13)

3,5

4

47,24

45‒47

9100

Aufbau des Alveolarfortsatzes

14)

4,0

1

606,06

UK

9003

Verwenden einer Bohrschablone

15)

3,5

1

19,68

45‒47

9010

Implantatinsertion, je Implantat

16)

4,0

3

1.042,74

45‒47

Ä2675

Partielle Vestibulumplastik

12)

3,5

1

173,39

Ä5004

Panoramaaufnahme

4)

2,3

1

53,61

 

Weil der 2,3-fache Gebührensatz überschritten wurde, enthält die Rechnung am 23.01.2018 zahlreiche Begründungen. Auffallend ist, dass Begründungen auch für Gebührenziffern notiert sind, die nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ vereinbart wurden. Seit 2012 enthält der § 10 Abs. 3 GOZ die folgende Bestimmung (Auszug): „Soweit im Fall einer abweichenden Vereinbarung nach § 2 auch ohne die getroffene Vereinbarung ein Überschreiten der in Satz 1 genannten Steigerungssätze gerechtfertigt gewesen wäre, ist das Überschreiten auf Verlangen des Zahlungspflichtigen schriftlich zu begründen.“ Bittet also der Patient um eine Begründung für das Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes und wäre die Leistung auch ohne Vereinbarung der Vergütungshöhe gesteigert worden, muss die Praxis dieser Pflicht nachkommen.

 

Nr.
Begründung

6)

Überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen geringer Anästhesiewirkung, unbekannte Ursache

7)

Erheblicher Zeitaufwand wegen gewebeschonender, langsamer und zweizeitiger Infiltration

8)

Erheblicher Schwierigkeitsgrad wegen Sondierung in Kieferhöhlennähe

9)

Erhöhter Zeitaufwand wegen Präparieren eines Implantatbetts mit Abheben der Kieferhöhlenschleimhaut

10)

Erheblicher Zeitaufwand wegen ausgedehnter Knochendefekte, dadurch großvolumiges Auffüllen notwendig

11)

Erschwerte Einbringung durch äußerst starke und dichte/feste Knochenkompakta

12)

Dünne Schleimhaut

13)

Wiederholung erforderlich wegen langer Dauer der Behandlungsmaßnahmen

14)

Erheblicher Schwierigkeitsgrad wegen ausgedehnter Knochendefekte, dadurch großvolumiges Auffüllen notwendig

15)

Schwieriges Knochenbett; Kieferkamm sehr schmal

16)

Erhöhter Zeitaufwand wegen besonders schwieriger Präparation wegen grazilem Knochenbett/gefährdeten Nachbarstrukturen

 

Die Begründung 8) bei Verwendung einer Bohrschablone ist nicht stimmig. Eine Sondierung in Kieferhöhlennähe findet dabei nicht statt. Hier wurde wohl versehentlich eine falsche Begründung in die Rechnung aufgenommen.

 

  • Textanregung
Nr.
Begründung

8)

Maximale Schwierigkeit mit extrem hohem Zeitaufwand bei mehrmaliger Ein- und Ausgliederung der Bohrschablone im Zuge der multiplen Implantatinsertion und umfangreichen Kieferdefekten

 

Zudem muss mit dem Implantologen abgestimmt werden, ob er für die Planung der Bohrschablonengestaltung inklusive Ausrichtung der Bohrhülsen eine Honorierung nach § 6 Abs. 1 GOZ (Analogabrechnung) vornehmen möchte. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) empfiehlt diese Vorgehensweise im GOZ-Kommentar, da die Leistungslegende lediglich die Verwendung (Anwendung am Tag der OP) enthält, aber nicht die Planung und Anprobe.

 

Die Begründung 9) beschreibt nicht den Grund für den erhöhten Zeitaufwand. Warum war die Präparation des Implantatbetts schwierig? Die Anhebung der Kieferhöhlenschleimhaut gehört zur Nr. 9120. Zudem ist eine Begründung bei 9), 11) und 14) nicht erforderlich, da eine Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ besteht.

 

In den Unterlagen findet das Abrechnungsbüro keine Zeitangaben für die Insertion der sechs Implantate. Waren Schwierigkeit und zeitlicher Aufwand bei allen sechs Implantaten identisch? Auch hier ist ggf. nachzubessern. Die Begründung 12) ist unzureichend und in der Kartei nicht enthalten. Sie wurde wahrscheinlich von der Praxismitarbeiterin in der Praxissoftware eigenständig ausgewählt.

 

  • Textanregung
Nr.
Begründung

12)

Überdurchschnittliche Schwierigkeit mit Zeitaufwand weit über dem Durchschnitt bei vergleichbaren Maßnahmen aufgrund schwieriger Lappenbildung bei graziler Schleimhaut unter Vermeidung von Defekten

 

Der angeführte Grund für die Faktorsteigerung der GOZ-Nr. 0090 unter 13) ist nicht nachvollziehbar. Diese Gebührenziffer wurde für 45-47 nur einmal berechnet. Entweder ist die Begründung überflüssig oder es fehlt bei erneuter Anästhesie aufgrund langer Dauer vierfach die GOZ-Nr. 0090 und Material.

 

Die Begründung zu 15) ist nicht schlüssig. Warum war das Anlegen der Bohrschablone schwierig? Die Schwierigkeit mit Folgen ist nicht hinreichend notiert.

 

  • Textanregung
Nr.
Begründung

15)

Überdurchschnittliche Schwierigkeit bei Befestigung der Bohrschablone nach Aufklappung; aufgrund des sehr schmalen Kieferkamms musste die Schablone mehrfach lagestabil neu platziert werden, um die Erstaufbereitung der Implantatstollen achsgerecht vorzunehmen

 

Bei einer Kontrolle der Behandlungsunterlagen fällt auf, dass die Implantation in regio 45-47 mit dem 4,5-fachen Gebührensatz berechnet ist. Die Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ wurde jedoch über den 4,0-fachen Satz getroffen. Auch wenn bei Durchführung der Leistung ein höherer Kostenaufwand entsteht, ist der Implantologe an die Vereinbarung gebunden. Hier darf maximal der 4,0-fache Gebührensatz berechnet werden. Mit einem solchen Formfehler ist die Rechnung nicht rechtskräftig.

 

  • Weitere Rechnungsposten
Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung
Begründung
Faktor
Anz.
Betrag/Euro

06.02.18

17-15, 45-47

3300

Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff, je Operationsgebiet

2,3

1

8,41

 

Im März 2017 hat die BZÄK den GOZ-Kommentar bei der Berechenbarkeit der GOZ-Nrn. 3290 bis 3310 geändert. Die Begründung: „Die in der Beschreibung der Leistung nach der Nr. 3290 enthaltene Formulierung ‚als selbstständige Leistung‘ bedeutet nicht, dass die Kontrolle nur als einzige Leistung berechnet werden kann. Ausgeschlossen ist die gesonderte Berechnung dann, wenn die Kontrolle als unselbstständige Teilleistung einer in gleicher Sitzung anfallenden anderen umfassenderen Leistung anzusehen ist.“ Die Änderung hat zur Folge, dass am 06.02.2018 die GOZ-Nr. 3290 zweifach berechenbar ist und zusätzlich auch zweimal die Nr. 3300. Auch hier müssen entsprechende Eintragungen vorhanden sein, damit die Leistungen berechnungsfähig sind.

 

FAZIT | Mit dem Implantologen muss die Proberechnung besprochen und in einigen Punkten überarbeitet werden. Einige Begründungen müssen adaptiert, Nachtragungen in der Kartei mit Datum der Änderung erfasst und die Rechnung anschließend erstellt werden. Bei einer Teambesprechung sollten die Proberechnung und die Karteieinträge jedem Teilnehmer ausgedruckt überreicht werden, um die Problematiken als Team zu betrachten und zukünftig Mängel deutlich zu reduzieren.