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26.03.2018·Kostenerstattung Versicherung lehnt Kostenbeteiligung an „Socket Preservation“ ab: Was spricht für die Therapie?

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Versicherung lehnt Kostenbeteiligung an „Socket Preservation“ ab: Was spricht für die Therapie?

| Die Heilung von Extraktionsalveolen und die Resorptionsprozesse nach Zahnextraktion wurden in den vergangenen Jahren intensiv untersucht. Lange Jahre war Ruhe. Jetzt mehren sich wieder Mitteilungen der privaten Krankenversicherungen (PKVen), die diese Maßnahmen nicht bezahlen wollen. PI Praxis Implantologie erläutert in diesem Beitrag die Vorgehensweise und zeigt anhand wissenschaftlicher Ergebnisse auf, dass hier eine medizinisch notwendige Therapie vorliegt. |

Augmentation von Extraktionsalveolen

Die Rekonstruktion der dentofazialen Harmonie in der ästhetisch kritischen Zone ist derzeit eine der größten Herausforderungen in der modernen Implantologie. Gerade im Oberkiefer-Frontzahnbereich geht der Verlust eines Zahns nach Extraktion häufig mit einem Verlust an Hart- und Weichgewebe einher. Durch das Auffüllen der Alveolen mit einem Knochenersatzmaterial (KEM) direkt nach der Extraktion kann der Alveolarknochen sowohl horizontal als auch vertikal gut erhalten werden. Diese Maßnahme dient als Platzhalter für eine spätere erfolgreiche Implantatinsertion.

Das Vorgehen bei der Socket Preservation

Nach einer Zahnextraktion ist mit einer beeinflussenden biologischen Veränderung zu rechnen: Das bukkale krestale Knochenniveau, der hartgewebige Anteil in der Alveole und die horizontale Kammbreite nehmen ab. Um ein Einsinken der Gingiva in den Defekt zu verhindern, muss nach der Extraktion das Zahnfach mit KEM aufgefüllt werden. Wenn das Transplantat knöchern durchbaut ist, kann eine verzögerte Implantation erfolgen. Alternativ kann bei entzündungsfreien Verhältnissen nach der Extraktion ‒ eventuell in Kombination mit augmentativen Maßnahmen ‒ sofort implantiert werden, um eine Resorption des Restknochens zu verhindern.

Die PKV lehnt eine Erstattung ab ‒ wie kann man reagieren?

Die AXA Krankenversicherung AG teilt im Februar 2018 mit: „In Verbindung mit der Entfernung eines Zahns/einer Wurzelspitzenresektion/einer Zystektomie ist für eine spezielle Wundversorgung in Form von Knochenaufbau keine Erstattung möglich. Ein Knochendefekt nach einem operativen Eingriff schließt sich in der Regel durch den natürlichen Wundheilungsprozess, sodass hier keine zusätzlichen Leistungen und Materialien erstattungsfähig sind.“

 

Die Heilung von Extraktionsalveolen und die Resorptionsprozesse nach Zahnextraktionen sind seit mehr als zehn Jahren intensiv untersucht worden. Die Begriffe „Socket Preservation“ und „Ridge Preservation“ wurden im Jahr 2007 etabliert.

Die wissenschaftliche Datenlage

Tierexperimentelle und klinische Studien haben die grundsätzlichen biologischen Vorgänge in frischen Extraktionsalveolen entschlüsselt. Die Ergebnisse von Schropp et al. beschrieben und quantifizierten 2003 die nach Extraktion einsetzenden Resorptionsvorgänge im Bereich der Alveole. Die Kieferkammbreite reduzierte sich innerhalb von zwölf Monaten um bis zu 50 Prozent, wobei zwei Drittel der beschriebenen Resorptionen bereits in den ersten drei Monaten stattfanden. Die Ergebnisse zeigen einen horizontalen Abbau der Kammbreite von 50 Prozent nach zwölf Monaten post extractionem, davon zwei Drittel innerhalb der ersten drei Monate.

 

Optimaler Aufbau von Hart- und Weichgewebe

Der Schlüssel dazu, das labiale Volumen und die Weichgewebekontur zu erhalten, ist das Verwenden von Knochenersatzmaterial (KEM). Dies bietet gerade bei einem hohen ästhetischen Anspruch einen Vorteil, indem die Weichgewebeunterlage gestützt und eine optimale Hart- und Weichgewebestruktur aufgebaut wird. Das Auffüllen der Alveole ist eine risikoarme und chirurgisch einfache Technik zum Volumenerhalt des Kieferkamms (Weng).

 

Die frühzeitige Augmentation bei gleichzeitiger Trennung von Augmentation und Implantation verteilt das Wundheilungsrisiko auf zwei Eingriffe, verkürzt die Dauer des Implantationseingriffs und scheint geeignet, größere Augmentationen zu umgehen. Die beiden wesentlichen Therapieziele für die Socket Preservation bestehen darin, das Weichgewebe zu vermehren und die Resorption des Alveolarknochens zu verhindern oder zumindest zu minimieren.

 

Bio-Oss® Collagen: Verlust der krestalen Höhe wird stark verringert

Cardaropoli et al. konnten in einer Tierstudie zeigen, dass beispielsweise die Applikation von Bio-Oss® Collagen (Fa. Geistlich) den Verlust der krestalen Höhe im Vergleich zur unbehandelten Extraktionsalveole stark verringert. Die Autoren stellten zudem fest, dass der Anteil an Geflechtknochen nach drei Monaten merklich höher und histologisch eine knöcherne Füllung nachweisbar war, während sich in der unbehandelten Alveole nur ein Hartgewebedeckel ausbilden konnte und die Alveole mit Markgewebe ausgefüllt war.

 

Nach Funato et al. sollte idealerweise 5 mm labialer Knochen über dem Implantat liegen. Falls nach der Implantation die Inkongruenz größer als 2 mm ist, sollte diese mit Knochenersatz gefüllt werden. Für ein stabiles Gingivaprofil müssen nach der Einheilung mindestens 2 mm Knochen über dem Implantat liegen bleiben.

 

Araujo et al. konnten tierexperimentell belegen, dass die Struktur des Bündelknochens („bundle bone“ oder auch „lamina dura“) nach der Extraktion Veränderungen unterworfen ist. Da dieser Anteil des dentoalveolären Komplexes keinen periostalen Ursprung hat, kommt es auch bei der Implantation oder Augmentation zu einer vollständigen Resorption dieser Struktur. Dagegen kompensiert das mit KEM neu gebildete Volumen des Knochens die durch natürliche Resorption bedingten Verluste. Das Kammprofil bleibt so weitestgehend erhalten und fördert dadurch die Vermehrung der keratinisierten Gingiva.

 

  • Zitat aus zm Nr. 23/2009, „Socket- und Ridge-Preservation“ von Jakobs, Ising, Offermanns, Kreusser

„Aghaloo und Moy zeigten qualitative und quantitative Unterschiede in der Vorhersehbarkeit der Therapie in Abhängigkeit vom verwendeten Knochenersatzmaterial. Die Ergebnisse nach Socket- oder Ridge-Preservation mittels des xenogenen Knochenersatzmaterials Bio-Oss® erwiesen sich als vorhersehbar und zeigten die höchste Erfolgsquote. McAllister und Haghighat (2007) erklärten den großen Erfolg der Augmentation mit Bio-Oss® mit der exzellenten Volumenstabilität des natürlichen Hydroxylapatits. Esposito et al. bestätigten, dass Knochenersatzmaterial in bestimmten Indikationen autologen Knochen ersetzen kann. Langzeitbeobachtungen mit Vergleichsdaten zur Beimischung von autologem Knochen konnten bestätigen, dass die Implantatüberlebensrate mit xenogenem Knochenersatzmaterial allein am höchsten ist [Wallace und Froum, 2003; Del Fabbro et al., 2004] und die Implantatergebnisse nach Augmentation mit Bio-Oss® ähnlich hohe Erfolgsraten aufweisen wie die Implantation in gesunden autologen Knochen.“

 

Daneben scheint die Elevation des Mukoperiostlappens mit zusätzlichen knöchernen Resorptionen von extern verbunden zu sein. Fickl et al. konnten zeigen, dass mit Socket Preservation durch Bio-Oss® Collagen bessere Ergebnisse durch eine Kompensation der Resorption erzielt wurden als vergleichsweise ohne. Eine zusätzliche Augmentation auf kortikaler Seite könnte demnach entscheidend sein für den Erhalt der Kontur.

 

  • Zitat aus zm Nr. 23/2009, „Socket- und Ridge-Preservation“ von Jakobs, Ising, Offermanns, Kreusser

„Jahangiri et al. beschreiben die Remodellierungsvorgänge an der Alveole umfassend. Bereits unmittelbar nach der Extraktion setzt eine Kaskade inflammatorischer Reaktionen ein, die Alveole füllt sich mit Blut aus den durch die Extraktion eröffneten Blutgefäßen. Aus den verletzten Zellen werden Proteine freigesetzt, es bilden sich ein Fibrinnetz mit Thrombozyten und ein ausgereiftes Blutkoagulum innerhalb von 24 Stunden nach Extraktion. Es kommt zur Migration von Zellen in das Blutkoagulum, das die biologische Matrix für die Regeneration darstellt. Neutrophile Granulozyten und Makrophagen besiedeln den Wundbereich, beseitigen zerstörtes Gewebe und wirken entzündlichen Prozessen entgegen. Gleichzeitig werden Wachstumsfaktoren und Zytokine freigesetzt, die wiederum das Einwachsen von Mesenchymzellen und Blutgefäßen induzieren.

 

Innerhalb weniger Tage löst sich das Blutkoagulum durch Fibrinolyse auf, die Proliferation der mesenchymalen Zellen führt zu einem graduellen Ersatz des Koagulums durch Granulationsgewebe. Mit dem Ende der ersten Woche nach Extraktion hat sich bereits ein Netzwerk neuer Gefäße gebildet, am Ende der zweiten Woche ist der Randbereich der Extraktionsalveole mit jungem Bindegewebe reich an Blutgefäßen und Entzündungszellen bedeckt.

 

Zwischen der vierten und sechsten Woche nach der Extraktion sind große Teile der Alveole bereits mit Geflechtknochen ausgefüllt. Die Weichgewebeabdeckung der Alveole wird keratinisiert. Der alveoläre Knochen im crestalen Teil zeigt ab der ersten Woche nach Extraktion erhöhte Osteoklastenaktivität, was die verstärkte Resorption auf der bukkalen Seite des crestalen Alveolarrandes bedingt. Die vertikale Resorption geht einher mit einem zentralen Knochenabbau durch Osteoklasten sowohl von bukkal als auch von lingualer Seite.“

 

Ausgangssituation für spätere Implantation wird verbessert

Zahlreiche Studien belegen, dass eine Augmentation der Alveole im Sinne einer „Socket Preservation“ die Ausgangssituation für eine spätere Implantation verbessert und den funktionellen und ästhetischen Nachteilen der Umbau- und Rückbildungsvorgänge im Bereich der alveolären Hart- und Weichgewebe entgegenwirkt. Die Literaturquellen belegen, dass sich KEM zur Stabilisierung von Extraktionsalveolen im Front- und Seitenzahnbereich bewährt haben. Keine AWMF-Leitlinie stellt dies bisher infrage.