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31.01.2018·OLG Koblenz Nicht dokumentierte Aufklärung kann durch Parteianhörung nachgewiesen werden

·OLG Koblenz

Nicht dokumentierte Aufklärung kann durch Parteianhörung nachgewiesen werden

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Norman Langhoff, LL.M., Mazars Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin, www.mazars.de

| In einer aufschlussreichen Entscheidung vom 17.07.2017 (Az. 5 U 644/17, Abruf-Nr. 199052 unter pi.iww.de) hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zu den Grenzen der Dokumentationspflicht im Rahmen der therapeutischen Aufklärung geäußert. Gleichzeitig hat das Gericht hilfreiche Ausführungen zur Parteianhörung gemacht. |

 

Der Sachverhalt

Der Patient verlangte Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 13.500 Euro sowie die Erstattung von Nachbehandlungskosten in Höhe von rund 6.000 Euro. Der Vorwurf: Der Zahnarzt habe nicht auf die Notwendigkeit einer konsequenten Parodontalbehandlung hingewiesen, wodurch es zum Verlust von neun Zähnen gekommen sei. Ein entsprechender Hinweis war nicht in der Behandlungsdokumentation enthalten. Die Angaben des Zahnarztes im Rahmen seiner gerichtlichen Anhörung hierzu hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, da die Anhörung kein Beweismittel sei. Beide Einwände hat das OLG Koblenz nicht gelten lassen.

 

Die Bedeutung der Parteianhörung im Arzthaftungsrecht

Verletzt der Behandler seine Pflicht zur therapeutischen Aufklärung, so stellt dies keinen Aufklärungs-, sondern einen Behandlungsfehler dar. Den Beweis dafür muss grundsätzlich die Patientenseite erbringen (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 16.06.2009, Az. VI ZR 157/08). Anerkannt ist aber auch, dass dem Patienten Beweiserleichterungen zugutekommen können, wenn eine an sich gebotene Dokumentation der therapeutischen Aufklärung nicht erfolgt ist. Hierbei kommen u. a. dringlich indizierte Behandlungsmaßnahmen in Betracht.

 

Hierzu stellte das Gericht fest: Die Zulässigkeit einer Parteianhörung im Arzthaftungsrecht sei anerkannt, weil die Aufklärung des Patienten häufig nur so geklärt werden könne. Der Zahnarzt habe im Urteilsfall den tatsächlich gegebenen Hinweis auf die Behandlungsbedürftigkeit des Patienten plausibel geschildert. Die Glaubwürdigkeit folge auch daraus, dass sich die Hinweispflicht überhaupt erst aus seinen Angaben hätte ergeben können.

 

FAZIT | Für den Behandler gilt: Je dringlicher die zu ergreifende Therapiemaßnahme ist, desto eher sollte der betreffende Hinweis wegen der Beweisbarkeit dokumentiert werden. Ist die Dokumentation unterblieben, bleibt dem Behandler die Möglichkeit, Inhalte des Behandlungsgesprächs im Rahmen einer persönlichen Anhörung zu belegen (vgl. Langhoff, PI 9/2017, 1). Den Angaben in einer Anhörung kommt bei entsprechender Plausibilität im Arzthaftungsprozess quasi Beweiswert zu. Selbstverständlich bleibt es dem Behandler unbenommen, bei der Aufklärung anwesendes Praxispersonal zum Beweis des Gesprächsinhalts als Zeugen zu benennen.