Zahnärzte sind für einen erheblichen Anteil der Antibiotikaverordnungen verantwortlich
Zahnärzte waren die zweitgrößte Ärztegruppe der Antibiotika-Verschreiber, übertroffen nur von Allgemeinärzten. Im Jahr 2024 verschrieben deutsche Zahnärzte 2.325.500 Patienten Antibiotika, was 13,9 % aller Patienten entspricht, die Antibiotika-Rezepte erhielten. Am häufigsten wurde Amoxicillin (54,2 %) verschrieben, gefolgt von Amoxicillin mit Clavulansäure (24,5 %) und Clindamycin (21,0 %). Gerade die übermäßige Verschreibung von Clinamycin ist ein Problem!
Antibiotika werden in der Zahnarztpraxis häufig zur Behandlung odontogener Infektionen und zur systemischen Prophylaxe bei Hochrisikopatienten eingesetzt. Der übermäßige Einsatz von Antibiotika trägt jedoch zur Antibiotikaresistenz (AMR) bei, die weltweit ein großes Problem darstellt. Eine besonders bemerkenswerte Erkenntnis war der übermäßige Einsatz von Clindamycin, einem Antibiotikum mit bekannten Nebenwirkungen und Resistenzrisiken, in der Zahnmedizin.
Die Verschreibung von Clindamycin birgt Probleme wie das Risiko schwerer Nebenwirkungen wie pseudomembranöse Kolitis und die Vermehrung anderer Keime (insbesondere Hefen). Außerdem kann es zu Nebenwirkungen im Zentalen Nervensystem (Schwindel, Kopfschmerzen) und zu Wechselwirkungen mit Muskelrelaxanzien kommen. Daher sollte es nur bei schweren Infektionen eingesetzt werden, bei denen weniger toxische Antibiotika ungeeignet sind. Clindamycin sollte aufgrund der Möglichkeit schwerer Nebenwirkungen zurückhaltend eingesetzt werden und ist bei Infektionen des Zahn- und Kieferbereichs nicht mehr Mittel der ersten Wahl. Es wird aber von der WHO und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht als Reserveantibiotikum eingestuft.
Zahnärztliche Patienten, die Antibiotika verschrieben bekamen, waren älter (Durchschnittsalter: 49,8 Jahre) als die allgemeine Antibiotika-Patientengruppe (44,7 Jahre). Interessanterweise nahmen die Antibiotikaverordnungen in der Zahnmedizin während der COVID-19-Pandemie zu, im Gegensatz zum starken Rückgang der Antibiotikaverordnungen insgesamt. Zwischen 2015 und 2019 zeigte der Anteil der Antibiotikaverordnungen in der Zahnmedizin eine moderate Aufwärtstendenz, gefolgt von einem deutlichen Anstieg während der COVID-19-Pandemie und einem anschließenden Rückgang. Im Gegensatz dazu ging die Zahl der Patienten, die Antibiotika aus anderen medizinischen Fachbereichen verschrieben bekamen, im gleichen Zeitraum zurück.
[!] Der Anstieg der Antibiotikaverordnungen in der Zahnmedizin, insbesondere die häufige Verschreibung von Clindamycin, unterstreicht nach Ansicht der Autoren die Notwendigkeit von aktualisierten klinischen Leitlinien und Aufklärungskampagnen für Zahnärzte über die Risiken von Antibiotika und deren Minderung. Die Betonung präventiver und alternativer Strategien zur Behandlung von Infektionen in der Zahnmedizin könnte ebenfalls dazu beitragen, die Antibiotikaresistenz einzudämmen.
Cirkel L L, Herrmann J M, Ringel C, Wöstmann B, Kostev K. Antibiotic Prescription in Dentistry: Trends, Patient Demographics, and Drug Preferences in Germany. Antibiotics (Basel). 2025 Jul 3;14(7):676. doi: 10.3390/antibiotics14070676.