25.07.2013·Kostenerstattung Zahnzusatzversicherung: Wann besteht Anspruch auf die Erstattung einer Implantat-Behandlung?
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Zahnzusatzversicherung: Wann besteht Anspruch auf die Erstattung einer Implantat-Behandlung?
| Immer wieder schließen Patienten eine private Zahnzusatzversicherung ab, nachdem bei einem Zahnarztbesuch die Behandlungsbedürftigkeit ihres Kiefers festgestellt worden ist. Das kann später zu Schwierigkeiten mit dem Versicherer führen, wie zwei vom Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschiedene Fälle zeigen. In beiden Fällen verlangten die Patienten von ihrer Zusatzversicherung Leistungen für eine Versorgung mit Implantaten. Nachfolgend stellen wir Ihnen die Urteile mit den Konsequenzen vor. |
Urteil 1: Versicherungsfall war schon vor Vertragsabschluss eingetreten, daher keine Kostenerstattung
Im ersten Fall (Urteil vom 7. Mai 2013, Az. 12 U 153/12, Abruf-Nr. 132219 unter pi.iww.de)hatte der Patient im April 2009 seine Zahnärztin aufgesucht. Diese behandelte ihn nicht nur wegen eines akuten Eiterherdes im Oberkiefer, sondern überwies ihn Anfang Mai 2009 in eine oralchirurgische Praxis zur Anfertigung eines Orthopantomogramms und beriet ihn über Zahnersatz und Implantate. Zu diesem Zeitpunkt war keiner der vorhandenen Zähne mehr erhaltungsfähig. Danach schloss der Patient eine Zahnzusatzversicherung ab – mit Vertragsbeginn vom Juli 2009 bei einer Wartezeit von acht Monaten.
Implantatversorgung hatte 25.000 Euro gekostet
Im Frühjahr 2010 informierte die Zahnärztin den Patienten über die verschiedenen Möglichkeiten einer Prothesenversorgung und stellte eine medizinische Indikation für eine Implantatversorgung fest. Die Implantate wurden eingesetzt. Insgesamt sind durch diese Behandlung Kosten in Höhe von über 25.000 Euro entstanden. Die Zusatzversicherung lehnte eine Kostenbeteiligung ab und es kam zur Klage. Das OLG Karlsruhe hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Klage abgewiesen. Begründung des Gerichts: Der Versicherungsschutz beginnt nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages und vor Ablauf der Wartezeit. Damit haftet die Versicherung nicht für Fälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes – und damit hier vor März 2010 – eingetreten sind.
Versicherungsfall ist die behandlungsbedürftige Krankheit
Der Erkrankungsfall war hier jedoch bereits früher eingetreten, denn der Versicherungsfall ist die „medizinisch notwendige Heilbehandlung“. Für den „Beginn der Heilbehandlung“ ist der richtige Bezugspunkt nicht der konkrete Auftrag des Patienten an den Zahnarzt, sondern die behandlungsbedürftige Krankheit selbst. Die Heilbehandlung beginnt mit der ersten Inanspruchnahme einer solchen zahnärztlichen Tätigkeit – also schon mit der ersten zahnärztlichen Untersuchung. Zur Heilbehandlung gehört auch die Erstellung eines Heil- und Kostenplans. Der Versicherungsfall endet erst dann, wenn nach objektiv medizinischem Befund keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht.
Urteil 2: Neuer Behandlungsfall, daher Erstattungsanspruch
Im zweiten Fall (Urteil vom 27. Juni 2013, Az. 12 U 127/12, Abruf-Nr. 132220 unter pi.iww.de)suchte der Patient Mitte August 2008 seinen Zahnarzt auf, der eine Röntgenaufnahme anfertigte und im Anschluss eine PA-Behandlung durchführte. Bei den Untersuchungen wurde auch festgestellt, dass im Bereich anderer Zähne (15 bis 17) ein nicht idealer Gebisszustand mit teilinsuffizienter Brücken- bzw. Kronensituation vorhanden war. Der Patient war diesbezüglich jedoch beschwerdefrei. Für die Neuanfertigung von Zahnersatz lag nach Auffassung des Zahnarztes kein akuter Behandlungsbedarf vor.
Mit Wirkung zum November 2008 schloss der Patient eine Zahnzusatzversicherung ab. 2011 wurden Implantate an den Zähnen 15 bis 17 eingesetzt. Dafür wurden ihm rund 7.000 Euro in Rechnung gestellt, von denen er entsprechend seinem Versicherungsvertrag 80 Prozent geltend machte. Auch hier lehnte die Versicherung eine Kostenbeteiligung ab und der Patient klagte. Das Landgericht Karlsruhe wies die Klage ab – mit der Begründung, dass der Versicherungsfall vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sei. Schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abziele, gehört nach Ansicht des Gerichts zur Heilbehandlung.
Neuer Versicherungsfall durch die spätere Implantatversorgung
Die dagegen gerichtete Berufung des Patienten hatte Erfolg. Das OLG hat das landgerichtliche Urteil aufgehoben und den Versicherer zur Zahlung verurteilt. Mit der Untersuchung der Zähne 15 bis 17 war die damalige Heilbehandlung beendet. Die spätere Implantatversorgung stellte einen neuen Versicherungsfall dar. Der gerichtliche Sachverständige hat für August 2008 festgestellt, dass es ärztlicherseits gut vertretbar gewesen sei, von einer Behandlung abzusehen. Ebenso vertretbar sei es gewesen, der vorgefundenen Situation schon 2008 parodontologisch, chirurgisch und prothetisch zu begegnen.
Die Frage der Behandlungsbedürftigkeit bemisst sich nach objektiven Kriterien, wobei ein Entscheidungsspielraum für den Zahnarzt besteht. Die Entscheidung, die Implantatbehandlung im August 2008 nicht durchzuführen, war medizinisch vertretbar. Ist der Verzicht auf eine zahnärztliche Heilbehandlung aus medizinischer Sicht eine gut vertretbare Alternative, so ist die mit der Untersuchung begonnene Heilbehandlung auch wieder abgeschlossen.
Anlass für die Behandlung erst nach Abschluss des Vertrages
Der Patient hat wegen der Situation an den Zähnen 15 bis 17 seinen Zahnarzt erst wieder aufgesucht, als im Jahre 2010 eine schmerzhafte Zyste zutage getreten war. Dies gab dann den Anlass für die Implantatbehandlung. Diese ist damit erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages und nach Ablauf der Wartezeit im Sinne einer Heilbehandlung notwendig geworden.
FAZIT | Diese beiden Urteile verdeutlichen die Grenzziehung zwischen der Erstattungspflicht der Versicherung durch einen neuen Behandlungsfall und der Feststellung einer Behandlungsbedürftigkeit schon vor Abschluss des Versicherungsvertrages, sodass keine Erstattungspflicht besteht. Allerdings sind die Grenzen fließend und andere Gerichte könnten anders entscheiden. |