Recht

35.700 Euro für eine Promotion: Professor und seine Frau müssen „Betreuungshonorare“ zurückzahlen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen Professor und seine Ehefrau zur Rückzahlung von Vergütungen für die Promotionsbetreuung einer Zahnärztin und eines Zahnarztes in Höhe von jeweils 17.850 € verurteilt. Der außerplanmäßige Professor der medizinischen Fakultät Tübingen hatte seinen Doktoranden über die Event-Agentur seiner Ehefrau jeweils Rechnungen für die Betreuung der nebenberuflichen Promotionen gestellt.

Der Fall war bereits Gegenstand verschiedener Strafverfahren: Unter anderem wurde der Professor rechtskräftig wegen Vorteilsannahme verurteilt. Eine Zahnärztin aus Offenburg wurde wegen Bestechung verurteilt. Sie sagte vor Gericht, sie habe es für rechtens gehalten, dass der Professor 35.700 Euro von ihr für die Betreuung ihrer Doktorarbeit verlangt hatte. Sie sei es gewohnt, für Aus- und Fortbildungen zu bezahlen. Ihr Steuerberater hatte sie darauf hingewiesen, dass er die Bezahlung für den Professor nicht für die Steuererklärung verwenden kann und dass sie sich damit strafbar machen könnte. Deshalb meldete die Zahnärztin den Fall der Universität Tübingen. Daraufhin wurde das Promotionsverfahren gestoppt, sie und der Professor wurden angezeigt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart gestand nun ihr und einem ebenfalls betroffenen Kollegen die Rückzahlung der „Betreuungshonorare“, da deren Zahlungen rechtsgrundlos erfolgt seien. Die Vereinbarungen über die Promotionsvergütung seien nichtig wegen eines Verstoßes gegen gesetzliche Verbotsvorschriften, wie das Verbot der Vorteilsannahme.

Die Rückforderungen seien auch nicht gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Klägerin und der Kläger nicht leichtfertig den Gesetzesverstoß verkannt hätten. Nach den Umständen des Falles konnte das Gericht nicht feststellen, dass den Doktoranden klar gewesen sein musste, dass der beklagte Professor für seine Betreuung während der Promotion dienstrechtlich keine Vergütung verlangen konnte.

Vielmehr sei z.B. angesichts vermeintlich vergütungspflichtiger Hospitationen der Eindruck einer erlaubten Nebentätigkeit des Professors erweckt worden. Für einen Laien sei dieser Eindruck auch durch die konkrete Gestaltung der Kontaktaufnahme mit dem Professor noch verstärkt worden, mit der die Grenzen zwischen privater Hochschullehrertätigkeit für das Steinbeis-Institut und der öffentlich-rechtlichen Professorenstellung an der Universität Tübingen verwischt worden seien. Für den guten Glauben der Zahnärztin spräche u.a. auch, dass sie den Sachverhalt von sich aus zur Anzeige gebracht und damit ohne Not ihre Promotion gefährdet habe.

Darüber hinaus besteht für die Zahnärztin auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Ehefrau des Professors wegen Betrugs.

OLG Stuttgart, 22.02.2022 – 10 U 120/21, 10 U 121/21

Mitteilung des OLG Stuttgart vom 22.02.2022

Der Senat hat die Revision gegen beide Urteile jeweils nicht zugelassen. Die Urteile sind damit rechtskräftig.