Neue Leitlinie: Wie können Sie Speicheldrüsentumoren erkennen?
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat erstmals eine S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Speicheldrüsentumoren des Kopfes veröffentlicht. Besonders an der Leitlinie ist, dass sie sowohl gutartige als auch bösartige Tumoren thematisiert. Denn im klinischen Bild verhalten sich viele der bösartigen Tumoren sehr lange so wie gutartige.
Speicheldrüsentumoren sind eine komplexe und vielfältige Erkrankungsgruppe. Laut epidemiologischen Studien liegt die Inzidenz aller Speicheldrüsentumoren bei 6 bis 8 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern im Jahr. Damit sind diese Tumoren keine seltene Entität. Bis zu 20 Prozent davon stellen sich in der pathohistologischen Begutachtung als bösartig heraus. Die meisten Speicheldrüsentumoren gehen von der Ohrspeicheldrüse aus. Eine schmerzlose Schwellung ist häufig das erste Symptom.
In der Diagnostik ist die Unterschiedlichkeit der Tumoren eine große Herausforderung: Speicheldrüsentumoren sind extrem vielfältig – sie können sowohl in den drei großen Kopfspeicheldrüsen als auch in den zahlreichen kleinen Speicheldrüsen auftreten und umfassen allein 21 verschiedene maligne Tumortypen.
Welche Hinweise gibt es auf Speicheldrüsentumoren?
Der primäre ärztliche Kontakt ist dabei maßgeblich zur differentialdiagnostischen Abwägung und Entscheidung zur weiteren Überweisung des Patienten/der Patientin. Im Vordergrund steht die zeitnahe, effiziente Diagnosestellung. In der ambulanten Versorgungsstruktur findet der primäre Kontakt des Patienten/der Patientin zumeist über die fachärztliche Praxis für Allgemeinmedizin oder die hauszahnärztliche Praxis statt.
Dabei steht zunächst eine klinische Untersuchung im Mittelpunkt des Erstkontaktes mit dem Patienten. Dieses Vorgehen ist durch die ambulante Versorgungsstruktur und der fachärztlichen Spezialisierungsgrade vorgegeben.
[!] PatientInnen mit einer schmerzlosen Schwellung der Speicheldrüsen sollen bei Wachstumstendenz der Schwellung oder Zeichen der Malignität nach dem primären, ambulanten Arztkontakt zur weiteren Abklärung in eine spezialisierte Klinik überwiesen werden, die über eine Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und/oder Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde verfügt.
Auf was sollten Sie achten?
Während der Erfassung der allgemeinen und sozialen Anamnese ergibt sich für den Behandler die Möglichkeit einer initialen Inspektion des Befundes und der Beurteilung der Funktion des N. facialis. Der Grund für die Vorstellung ist häufig eine schmerzlose Schwellung im Bereich der großen Speicheldrüsen oder eine Schleimhautveränderung in der Mundhöhle mit oder ohne Schwellungskomponente.
Die meisten Speicheldrüsentumoren gehen von der Ohrspeicheldrüse aus. Eine schmerzlose Schwellung ist häufig das erste Symptom. Der Charakter der Raumforderung und die differentialdiagnostischen Erwägungen zur Abgrenzung anderer Ursachen (z.B. Entzündung) gelingt zumeist über weitergehende Befragung und die extraorale Palpation des Befundes. Die Konsistenz, Abgrenzbarkeit und Verschieblichkeit zum übrigen Gewebe weisen auf eine vermeintlich infiltrative Komponente der Raumforderung hin.
Bei einer geschwächten oder ausgefallenen Funktion des N. facialis ist die Verdachtsdiagnose eines Malignoms naheliegend. Schmerzen können ein Hinweis für ein malignes Geschehen sein. Ist das Malignom nachgewiesen, stellt der Schmerz als Symptom einen wichtigen negativen Prädiktor für das Gesamtüberleben dar.
Da sich die Raumforderung in der Kopf-/Halsregion befindet, ist eine Überweisung des Patienten zur weiteren fachärztlichen Abklärung durch die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie oder Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde angezeigt.
Chirurgie als Standard – molekulare Charakterisierung als Chance
Die aktuelle Empfehlung für die kurative Therapie ist die operative Entfernung des Tumors. Abhängig vom Tumorstadium schließt sich häufig eine adjuvante Radio- oder Radiochemotherapie an. Eine alleinige Chemotherapie wird in der Leitlinie nur in der palliativen Situation empfohlen. Bei metastasierten Karzinomen soll eine molekulare Charakterisierung erfolgen, damit auf dieser Basis zielgerichtete Therapiekonzepte erarbeitet werden können. „Aktuell finden Antikörpertherapien von bösartigen Speicheldrüsentumoren nur im Rahmen klinischer Studien statt“, erläutert Professor Orlando Guntinas-Lichius vom Universitätsklinikum Jena. „Für die Tumorklassifikation gewinnt die Molekularpathologie jedoch immer mehr an Bedeutung. Durch das hierbei gewonnene Wissen haben wir zukünftig hoffentlich mehr Optionen, die Erkrankung zielgerichtet durch den Einsatz von Antikörpern zu behandeln.“
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Speicheldrüsentumoren des Kopfes, Langversion 1.0, 2025, AWMF-Registernummer: 007-102OL https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/speicheldruesentumoren-des-kopfes;
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app