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02.06.2014·Weitergabe von Rabatten Anti-Korruptionsgesetz in Planung: Was kommt?

·Weitergabe von Rabatten

Anti-Korruptionsgesetz in Planung: Was kommt?

| In der Vergangenheit wurde immer wieder über die Weitergabe von Rabatten im Gesundheitswesen diskutiert. Demnächst soll nun ein Anti-Korruptionsgesetz vom Bundesrat verabschiedet werden. Es bringt auch in der Zahnmedizin enorme Änderungen mit sich, weil es im Berufsalltag immerwieder um die Frage geht, ob gewährte Rabatte in jedweder Form an Kassen- und Privatpatienten weitergegeben werden müssen. Wir zeigen daher wichtige Sachverhalte in Bezug auf die Zahnmedizin – speziell der Implantologie – auf, ohne gewerbe- und umsatzsteuerrechtliche Aspekte zu betrachten. |

Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen

Nach dem Willen des Bundesrates soll der § 299a im Strafgesetzbuch (StGB) mit folgendem Wortlaut neu aufgenommen werden:

 

  • § 299a StGB Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen

(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzuge oder

2. sich in sonstiger unlauterer Weise beeinflussen lasse,

wird mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafen bestraft.

 

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzuge oder

2. sich in sonstiger unlauterer Weise beeinflussen lasse.“

 

Mit Inkrafttreten dieses Paragrafen haben sowohl der Zahnarzt als auch die Hersteller mit ihren Vertriebsmitarbeitern mit Strafmaßnahmen zu rechnen, wenn aufgrund von entsprechenden Angeboten Bestechungsdelikte vorliegen. Selbst wenn Produkte vertrieben werden, die ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt aufweisen und somit kein Preis- und Materialwettbewerb stattfindet, bleibt die aufgezeigte Rechtsproblematik erhalten.

Zahnärztliches Berufsrecht im Hinblick auf Materialeinkauf

In der Zahnmedizin gibt es auf Bundes- und Länderebene unterschiedliche Vorgaben, die die Berechenbarkeit von Materialien betreffen. Da diese berufsrechtlichen Vorschriften einen großen Anwendungsbereich haben, werden sie kaum von Zahnärztekammern betrachtet, da die Ermittlungskapazität und -befugnis fehlt. Übergeordnet enthält die Musterberufsordnung für Zahnärzte Bestimmungen, die dem Zahnarzt untersagen, „für die Verordnung, die Empfehlung oder den Bezug für Patienten von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten eine Vergütung oder sonstige vermögenswerte Vorteile für sich oder Dritte versprechen zu lassen oder anzunehmen. …“

Materialeinsatz und Berechnung

Bei der Anwendung von Materialien ist in der Zahnmedizin zu unterscheiden, ob es sich um Produkte handelt, die dem Patienten in Rechnung gestellt werden dürfen (wie zum Beispiel Implantate, Verschlussschrauben, Abformpfosten, Knochenersatzmaterial, Membran, Chlorhexidin-Chip und Schmelzmatrixproteine). Weiterberechenbare Produkte müssen aufgrund der Bestimmungen im Sozialgesetzbuch, den Primär- und Ersatzkassenverträgen, der GOÄ und GOZ zum Einkaufspreis zuzüglich der jeweiligen Mehrwertsteuer (7 oder 19 Prozent) an den Patienten weitergereicht werden. Freiberufler dürfen an den Materialien keine Gewinne erzielen.

 

Eine Nichtbeachtung birgt Risiken auch im Bereich der Gewerbesteuer. Der Einkaufspreis spielt die entscheidende Rolle. Wurden Preisnachlässe in jedweder Form vom Verkäufer gewährt, müssen diese entsprechend an den Patienten weitergereicht werden.

 

Davon zu unterscheiden ist der nicht berechenbare Sprechstundenbedarf (zum Beispiel Watterollen, Instrumente und Geräte). Diese Kosten dürfen dem Patienten nicht berechnet werden, daher ist hier ein rabattierter Einkauf unproblematisch. Durch den preiswerteren Einkauf von Sprechstundenbedarf werden die Betriebsausgaben gesenkt. Der Einkauf darf jedoch keinesfalls in Zusammenhang mit dem Einkauf berechenbarer Materialien stehen.

 

Bei Metalllegierungen – zum Beispiel Goldlegierungen – gilt: Im Laborbereich wurde am 26. Juni 1987 in der Regierungsbegründung zur GOZ (Bundesrats-Drucksache 276/87) definiert, dass bei Legierungen nicht der Einkaufs-, sondern der Tagespreis zum Zeitpunkt der Verarbeitung im Labor als Berechnungsbasis bei Rechnungslegung gilt.

 

Bei Zahnpflegeprodukten – wie Zahnbürsten, Zahnseide und Mundspüllösungen – ist zu beachten: Wenn in einer Zahnarztpraxis Mundpflegeprodukte verkauft werden, erfolgt dies in der Regel über einen gewerblichen Prophylaxeshop, der mit Buchhaltung und Materiallagerung komplett getrennt von dem regulären zahnärztlichen Betrieb geführt wird. Die Verkaufspreise werden vom Praxisinhaber selbst definiert, hier erfolgt kein Eingriff von außen.

Materialberechnung bei Kassenpatienten

Ein Vertragszahnarzt muss bei der Materialberechnung die Bestimmungen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und des Bundesmantel- bzw. Ersatzkassenvertrages für Zahnärzte einhalten. Die Bestimmungen sind nicht ganz identisch, werden jedoch für die bessere Verständlichkeit im Folgenden zusammengeführt.

 

„Mit der Unterschrift bestätigt der Vertragszahnarzt, dass

  • a) die abgerechneten Materialien- und Laborkosten der gewerblichen Laboratorien tatsächlich entstanden sind und dass er auftragsbezogene Rückvergütungen, wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen oder rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten, an die Vertragskasse und die Versicherten weitergibt,
  • b) die zahntechnischen Leistungen des Zahnarztlabors tatsächlich von diesem erbracht worden sind und das Zahnarztlabor die für die abgerechneten Leistungen erforderlichen Ausstattungen enthält.

 

Damit ist deutlich festgehalten, dass Rabatte an den Patienten und die gesetzliche Krankenversicherung weiterzureichen sind.

Materialberechnung bei Privatpatienten

Privatbehandlungen werden nach der GOÄ und GOZ honoriert. In der GOZ findet sich in § 9 der Ersatz von Auslagen für zahntechnische Leistungen, wobei dort die Begriffe „tatsächlich entstandene Kosten“ und „angemessene Kosten“ enthalten sind, zu denen in § 10 Abs. 2 Nrn. 5 und 6 GOZ nähere Erläuterungen abgebildet sind. Auch für die GOÄ und GOZ gilt, dass zum Beispiel Rabatte und Rückvergütungen (Kick-backs) an den Patienten und somit an die private Krankenversicherung weitergereicht werden müssen.

Kritische Rabatte und andere Vorteile

Es folgt ein Auszug verbotener Handlungen und Geldquellen im Gesundheitswesen: Rabatte, Geldzuwendungen, Bereitstellung von Gebrauchsgütern, kostenfreie Überlassung von Geräten, Instrumenten und Materialien, Vermittlung von Vorträgen, Provisionen, Kick-backs, Schulungen, Urlaubsreisen usw.. Auch die Höhe einer finanziellen Unterstützung von Praxisveranstaltungen – zum Beispiel durch die Industrie, Depots oder Dentallabore – wird zukünftig bei Betriebsprüfungen einer kritischen Betrachtung unterzogen. Ein Skonto bis 3 Prozent ist dabei – nach wie vor – nicht kritisch, was in Rechtsverfahren der Vergangenheit bestätigt wurde.

Honorar bei speziellen Tätigkeiten

Anwendungsbeobachtungen – zum Beispiel von neuen Implantaten – oder Vorträge im Rahmen angemessener Vergütung sind auch nach Inkrafttreten des Gesetzes durchaus möglich. Dies sollte jedoch im Einzelfall mit einem Juristen im Vorfeld der Geschäftstätigkeit geprüft werden.

 

FAZIT | Die Ermittlungsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaften werden erweitert. Zudem erstellen Betriebsprüfer Kontrollmitteilungen nach § 194 Abs. 3 AO, wenn sie bei ihren Prüfungen auf so genannte außersteuerliche Tatbestände stoßen. Die Berechnung von Materialien sollte auf den rechtlichen Prüfstand gestellt und der Materialpreis – nach Abzug gewährter Rabatte – an den Patienten weitergereicht werden. Sowohl das Fordern von Rabatten als auch die Annahme werden mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes auch für die (Zahn-)Arztpraxis und die Lieferanten bzw. Hersteller mit ihren Mitarbeitern rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Eine Dokumentation angenommener Vergütung jedweder Form sollte unbedingt erfolgen und bei Nichtweitergabe stichhaltig begründbar sein.