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30.10.2018·Abrechnung Osstell®-ISQ-Messung: Die Privatversicherung lehnt eine Kostenübernahme ab ‒ was tun?

·Abrechnung

Osstell®-ISQ-Messung: Die Privatversicherung lehnt eine Kostenübernahme ab ‒ was tun?

| Mithilfe des Osstell®-ISQ-Systems ist der Implantologe in der Lage, den optimalen Belastungszeitpunkt und die Stabilität von Implantaten gesichert auf Dauer vergleichbar zu messen. Die Dokumentation der erhobenen Werte ermöglicht einen lebenslangen Vergleich, ob sich die knöcherne Situation um die Implantate verändert, um ggf. frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Kostenintensive und belastende Explantationen und Implantoplastiken können so eingeschränkt oder auch gänzlich vermieden werden. Doch was kann man der PKV begegnen, die eine Kostenübernahme ablehnt? |

Die Messung des ISQ-Werts

Die Osstell®-Messung ist seit vielen Jahren etabliert. Das Gerät misst den Implantatstabilitätsquotienten (ISQ-Wert) mit einer Skala von 1 bis 100. Je nach Implantattyp wird der ISQ-Wert unterschiedlich vorgegeben. Erkundigen Sie sich beim Vertrieb, welche ISQ-Daten für Ihren Implantattyp gelten. Informationen zur Messung und Berechnung des Osstell®-Verfahrens finden Sie in PI 02/2017 ab Seite 5 ff.

Wie kann man auf die Ablehnung reagieren?

Private Krankenversicherungen (PKVen) lehnen moderne Therapieformen bekannterweise mit unterschiedlichen Gründen ab. In diesem Fall akzeptiert die PKV nicht die analoge Berechnung der ISQ-Messung. Sie meint, dass die Leistung Inhalt der GOZ-Nr. 9040 sei. PI stellt Ihnen nachfolgend dazu ein Musterschreiben vor, das Sie im Download-Bereich der PI-Website (pi.iww.de) unter „Musterverträge und -schreiben“ abrufen können.

 

Musterschreiben / Analoge Berechnung der Osstell®-Messung wird abgelehnt ‒ wie reagieren?

 

Sehr geehrte/r [Name Sachbearbeiter/in],

 

die Entscheidung über den richtigen Belastungszeitpunkt eines Implantats wird unter Berücksichtigung aller Schlüsselparameter und Risikofaktoren des Patienten mit der Überprüfung des Implantatstabilitätsquotienten (ISQ-Wert) gemessen. Die patentierte Methode ist ein nicht invasives System, um die Implantatstabilität messbar festzustellen. Der Grad der Osseointegration wird zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen und ist unter gleichen Messbedingungen dokumentier- und vergleichbar.

 

Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach der ZE-Richtlinie Nr. 11i sogar gefordert, dass die rekonstruktive Phase mit der Versorgung der Implantate erst nach der Osseointegration beginnen darf. Ob ein Implantat eine ausreichende Primärstabilität aufweist, lässt sich weder mit dem Klopfschall noch anhand einer Röntgendiagnostik gesichert feststellen. In gerichtlichen Auseinandersetzungen dient die Dokumentation der erhobenen ISQ-Werte zudem der Beweisführung einer korrekt ausgeübten Therapie unter Belastung des Implantats bei gesicherter Osseointegration.

Was bedeutet „ISQ“?

Der Implantatstabilitätsquotient (ISQ) ist ein objektiver weltweiter Standardwert zur Messung der Implantatstabilität. Ein ISQ von 55 bis 80 liegt im normalen klinischen Bereich. Im Unterkiefer liegen die Werte im Allgemeinen höher als im Oberkiefer. Die ISQ-Skala steht in nicht-linearer Korrelation zur Mikromobilität. Auf der Grundlage von mehr als 900 wissenschaftlichen Quellen ist erwiesen, dass eine hohe Stabilität bei einem ISQ-Wert über 70, eine mittlere Stabilität bei einem Wert von 60 bis 69 und eine geringe Stabilität bei einem Wert unter 60 liegt.

 

Keine reguläre Gebührenziffer für ISQ-Messung

Für die Messung der Implantatstabilität mit dem Osstell®-Verfahren gibt es weder im für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ noch in der GOZ eine Gebührenziffer. Die Honorierung erfolgt daher inklusive der Materialkosten in erster Linie nach § 6 Abs. 1 GOZ. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bestätigt in ihrem Katalog selbstständiger zahnärztlicher Leistungen die Berechenbarkeit der Stabilitätsmessung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ (Stand Dezember 2017). Anwendungsbedingte Einmal-Materialkosten sind in der analogen Gebührenziffer einzukalkulieren.

 

Die Vorgehensweise

Nach Entfernung der Einheilkappe wird ein magnetischer Metallpfosten in das Implantat eingeschraubt und fixiert. Anschließend wird das Handstück perpendikulär von bukkal und dann von mesial an den Pfosten geführt, um den ISQ-Wert zu messen. Die Messung wird in der Regel senkrecht dreimal wiederholt, um zu prüfen, ob die Messwerte identisch sind. Beträgt der ISO-Wert für das bei Ihnen verwendete Implantat der Fa. [Name Hersteller], 70+, so erfolgt die definitive Versorgung.

 

Der Verlauf des ISQ-Werts lebenslang

Die Messung ist notwendig, um den Verlauf des ISQ-Werts festzustellen und eine objektive Aussage zur Implantatstabilität zu erhalten. Bei der Implantatinsertion wird die Primärstabilität durch die Friktion mit den Knochenwänden des Implantatbetts bestimmt. Während der Knochenheilung kommt es zu einer direkten Knochenanlagerung an die Implantatoberfläche, womit die Implantatstabilität zunehmend durch die biologische Verankerung im Kieferknochen bestimmt wird.

 

Die Honorierung der ISQ-Messung

Ihre Versicherung lehnt die Übernahme der Erstattung mit der Begründung ab, dass dieses Testverfahren Leistungsbestandteil der Nr. 9040 GOZ sei. Diese Gebührenziffer weist folgenden Leistungstext auf: „Freilegen eines Implantats und Einfügen eines oder mehrerer Aufbauelemente (z. B. eines Gingivaformers) bei einem zweiphasigen Implantatsystem“. Diesem Ansinnen ist mit Nachdruck zu widersprechen. Die vorgenannte Legende enthält keinen Passus, dass eine Messung des ISQ-Werts enthalten ist. Das macht weder medizinisch noch gebührenrechtlich Sinn und wurde von dem Bundesministerium für Gesundheit als Verordnungsgeber auch nicht installiert.

 

Die erste Stabilitätsmessung findet als selbstständige Leistung nach der Implantatinsertion statt. Es erfolgt mindestens eine Messung nach der Freilegung, ggf. eine weitere, wenn der ISQ-Wert für die Freigabe zur prothetischen Versorgung nicht erreicht ist. Außerdem werden weitere Messungen im Lebensverlauf des Implantats durchgeführt, um frühzeitig eine periimplantäre Veränderung im Knochen festzustellen. Diese selbstständige Leistung kann nicht in unterschiedlichen Gebührenziffern enthalten sein. Das widerspricht der Systematik der GOZ.

 

Markante Rechtsprechungen

Das Amtsgericht Köln (Urteil vom 24.11.2015, Az. 146 C 113/14) hat die Berechnung der Nr. 4005a GOZ für die Erhebung und Durchführung eines ähnlichen Verfahrens ‒ dem Periotest ‒ als angemessene Vergütung für diese Leistung anerkannt. Das Landgericht Duisburg (Urteil vom 14.02.2017, Az.1 O 86/16) erkannte für den Periotest die Nr. 0070a GOZ als vergleichbare Leistung im Sinne des § 6 Abs. 1 GOZ an. Welche nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung ‒ in erster Linie aus der GOZ ‒ ausgewählt wird, liegt allein im Ermessen des Zahnarztes, da nur dieser nach Aufwand und Zeiteinsatz die Gleichwertigkeit einer Leistung beurteilen kann und darf.

 

Wir bitten um Erstattung des noch offenstehenden Differenzbetrags auf das Konto unseres Patienten.

 

Mit freundlichen Grüßen