05.02.2015·Aktuelle Rechtsprechung AG Köln: Erstattung zahntechnischer Leistungen, die nicht in einer Sachkostenliste enthalten sind
·Aktuelle Rechtsprechung
AG Köln: Erstattung zahntechnischer Leistungen, die nicht in einer Sachkostenliste enthalten sind
| Das Amtsgericht Köln hat am 26. Juni 2014 (Az. 118 C 159/14; Abruf-Nr. 142218 unter pi.iww.de) entschieden, dass auch zahntechnische Leistungen zu erstatten sind, die nicht in einer Sachkostenliste enthalten sind. |
Der Fall
Eine KFO-Behandlung wurde bei einem Patienten mithilfe der Invisalign-Therapie durchgeführt. Nach Einreichung der Rechnung beteiligte sich die private Krankenversicherung nicht an den Laborkosten. Daraufhin prüfte der Patient die Tarifbestimmungen, die den folgenden Passus enthalten: „Erstattungsfähig sind Aufwendungen für Zahn- und Kieferregulierung einschließlich des zahnärztlichen Honorars für diese Maßnahmen, sofern die Behandlung vor der Vollendung des 20. Lebensjahres begonnen hat. Die Altersbegrenzung entfällt bei unfallbedingter Behandlung.“
Eine Beschränkung auf bestimmte Behandlungsmethoden bei einer Zahn- und Kieferregulierung war dem Tarif nicht zu entnehmen (§ 1 Abs. 2 der Musterbedingungen der PKV eröffnet dem Zahnarzt und seinem Patienten eine freie Methodenwahl). Aus dem sich anschließenden Satz – „Aufwendungen für zahntechnische Leistungen sind gemäß dem Preisleistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen erstattungsfähig“ – ergibt sich ebenfalls keine Einschränkung auf bestimmte Behandlungsmethoden. Die Anlage 3 zum Tarif enthält lediglich ein Preisverzeichnis. Dem Wortlaut nach findet sich keine Einschränkung, die den Versicherungsanspruch auf ausschließlich dort aufgeführte Leistungen beschränkt. Daher ist versichert, was medizinisch notwendig ist. Die in der Anlage 3 aufgeführten Leistungen sind lediglich preislich festgelegt und werden nur in der dort abgebildeten Höhe erstattet.
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BEB-Nr. |
Inhalt |
Sachkostenliste in Euro |
0001 |
Modell aus Hartgips |
7,77 |
0001a |
Kontrollmodell |
7,77 |
0002 |
Superhartgips |
9,71 |
0402 |
Modellmontage in Mittelwertartikulator |
11,66 |
2105 |
Gusskrone für Keramikverblendung |
52,46 |
2702 |
Mehrflächige Verblendung, Keramik |
74,14 |
2712 |
Zahnfleisch aus Keramik, je Zahn |
40,80 |
Auch wenn die Preise des Eigen- und Fremdlabors oberhalb der festgelegten Preise liegen, werden die entstandenen Kosten nur nach der Sachkostenliste erstattet, was auf der Grundlage eines abgeschlossenen Tarifs lege artis ist.
Sachkostenliste: Welche Laborkosten sind erstattungsfähig?
Aus einer Tarifbestimmung („Aufwendungen für zahntechnische Leistungen sind gemäß dem Preis- und Leistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen erstattungsfähig“) ist laut Amtsgericht Köln keine Beschränkung auf die dort abgebildeten zahntechnischen Leistungen gestattet. Die angeführten Positionen mit Inhaltsangabe und Preis definieren lediglich im Vergleich zu den Preisen von Eigen- und Fremdlaborrechnungen die Höchstgrenze der Kostenübernahme der Versicherung. Medizinisch notwendige Leistungen und daraus resultierende Laborkosten sind demnach erstattungsfähig, auch wenn sie nicht Inhalt eines Preis- und Leistungsverzeichnisses sein sollten.
Musterschreiben an Patienten
Sie können mit dem folgenden Musterschreiben an Ihren Patienten auf die Erstattungsprobleme wegen einer Sachkostenliste reagieren:
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Ihre private Krankenversicherung lehnt mit Hinweis auf eine Sachkostenliste die Kostenübernahme einiger zahntechnischer Leistungen ab. Bei dieser Liste handelt es sich um eine hausintern erstellte Aufzählung einiger zahntechnischer Fertigungsschritte unter Angabe einer Nummer (BEB), eines Leistungstextes und eines selbst definierten (nicht nachvollziehbaren) Preises. Diese Liste ist als Bestandteil Ihres Versicherungsvertrages für Sie als Kunde bindend. Derartige hausinterne Listen sind jedoch nicht Bestandteil des Behandlungsvertrages, der ausschließlich zwischen Zahnarzt und Patient geschlossen wird (Dienstvertrag). Es besteht somit keine rechtliche Verpflichtung, zu diesen Preisen zahntechnische Werkstücke zu fertigen.
Zahntechnische Leistungen unterliegen dem Werkvertragsrecht, das wiederum zwischen dem Zahnarzt und dem Zahntechniker gesetzliche Grundlage ist. Auch hier besteht keine rechtliche Verpflichtung, zu fremddiktierten Preisen Zahnersatz herzustellen. Nur Sie als Vertragsnehmer können prüfen, welche Leistungen in Ihrer Krankenversicherungspolice bezüglich der Sachkostenliste enthalten sind. Nach einer Rechtsprechung des Amtsgerichts Köln vom 26. Juni 2014 (Az. 118 C 159/14) sind auch solche zahntechnische Leistungen zu erstatten, die nicht in einem Preis- und Leistungsverzeichnis (Sachkostenliste) enthalten sind. Diese Listen enthalten nur einen Bruchteil an Einzelleistungen aus dem Bereich der zahntechnischen Fertigung, wobei implantatgetragener Zahnersatz und neue Behandlungsmethoden meist massiv reduziert oder gar nicht enthalten sind.
Die in den Sachkostenlisten angeführten Preise für die benannten Leistungen sind versicherungsintern ermittelt und bei Akzeptanz durch Ihre Unterschrift Grundlage Ihres Vertrages. Differenzen sind von Ihnen zu leisten. Je nach Höhe Ihres monatlichen Krankenversicherungsbeitrages erhalten Sie adäquate Leistungen Ihrer Versicherung, die – je nach Beitrag – nicht zu einer hundertprozentigen Erstattung führen. |
HINWEIS | Das Musterschreiben können Sie im Download-Bereich (pi.iww.de) unter der Rubrik „Abrechnung“ aufrufen und in Ihrer Praxis verwenden.
Ausblick
Im Rechtsverfahren ging es um die zahntechnische Kostenerstattung einer KFO-Therapie, die als so genannte neue Methode nicht im Preis- und Leistungsverzeichnis aufgeführt war (Invisalign). Es bleibt abzuwarten, ob auch andere medizinisch notwendige zahntechnische Leistungen, die nicht auf derartigen Listen abgebildet sind, als erstattungsfähig angesehen werden.