09.11.2017·Aktuelle Rechtsprechung BSG: Eine Behandlung ist „fiktiv“ genehmigt, wenn die Krankenkasse nicht fristgemäß entscheidet
·Aktuelle Rechtsprechung
BSG: Eine Behandlung ist „fiktiv“ genehmigt, wenn die Krankenkasse nicht fristgemäß entscheidet
| Eine Krankenkasse hat drei Wochen Zeit, um über den Leistungsantrag eines GKV-Versicherten zu entscheiden. Wenn ein Gutachter eingeschaltet werden muss, erhöht sich die Frist auf fünf Wochen. Hält sie diese Frist nicht ein, so kann der Versicherte die Leistung kraft „fiktiver Genehmigung“ verlangen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) am 07.11.2017 (Az. B 1 KZ 24/17 R und B I KR 15/17 R) entschieden. |
Die beiden Fälle und die Urteilsbegründung
In den beiden Fällen ging es um die Beantragung einer Abdominalplastik für eine GKV-Patientin nach massiver Gewichtsabnahme. Die Krankenkasse entschied nicht innerhalb der vorgesehenen Frist und verweigerte anschließend die Leistung. Die Richter begründeten ihr Urteil mit dem schützenswerten Interesse der Versicherten an einer rechtzeitigen Entscheidung ihrer Krankenkasse. Auch sollten mittellose Versicherte geschützt werden, weil sie sich die Leistung nicht selbst beschaffen könnten. Weiterhin begründeten sie ihr Urteil mit dem Vertrauensschutz: Eine fiktive Genehmigung könne nicht wieder zurückgenommen werden.
Die Krankenkasse kann eine Verlängerung beantragen
In Ausnahmefällen ist eine Verlängerung möglich: Wenn die Krankenkasse die Drei- bzw. Fünf-Wochen-Frist zur Entscheidung nicht einhalten kann, muss sie dies dem Versicherten mitteilen und ihm die Gründe dafür aufzeigen. Falls dies nicht geschieht, gilt nach Ablauf der Frist in jedem Fall die fiktive Genehmigung. Der Versicherte kann sich dann die beantragte Leistung selbst beschaffen und bekommt von der Krankenkasse die Kosten erstattet.
Die Krankenkasse kann den Anspruch auf die fiktive Genehmigung nur dann zurückziehen, wenn der Versicherte keinen Anspruch auf die Leistung gehabt hätte, weil sie rechtswidrig zustande gekommen wäre.
LSG Bayern: Krankenkasse musste Tumorpatientin mit Implantaten versorgen
In einem ähnlichen Fall hatte das Landessozialgericht (LSG) Bayern im Urteil vom 27.06.2017, (Az. L 5 KR 260/16, Abruf-Nr. 196241 unter pi.iww.de) über die medizinische Notwendigkeit einer implantatgetragenen prothetischen Versorgung bei einer Tumorpatientin entschieden: Das LSG bestätigte das Urteil der Vorinstanz, wonach die Krankenkasse die Patientin mit den beantragten Implantaten zu versorgen habe. Dabei stellten die Richter heraus, dass die Krankenkasse zu spät über den Antrag der Patientin entschieden hatte. (siehe PI 10/2017, Seite 2).