21.12.2015·Aktuelle Rechtsprechung Sachverständiger gilt bei Beratertätigkeit für Unfallversicherung als befangen
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Sachverständiger gilt bei Beratertätigkeit für Unfallversicherung als befangen
von RA und FA für MedR Norman Langhoff, Berlin, www.rbs-partner.de
| Ein vertragliches Beratungsverhältnis zwischen einem Arzt und einem Unfallversicherungsträger kann dessen Befangenheit begründen und es rechtfertigen, dass einem Antrag, ihn als Sachverständigen abzulehnen, stattgegeben wird. Zu diesem Ergebnis kommt das Landessozialgericht (LSG) Bayern in einem Beschluss vom 25. September 2015 (Az. L 2 SF 64/13 B, Abruf-Nr. 146064). Die Entscheidung des LSG kann auch in Arzthaftungsprozessen als Argumentationshilfe herangezogen werden. |
Der Fall
In einem sozialgerichtlichen Verfahren wurde ein Universitätsprofessor als ärztlicher Sachverständiger bestellt. Dagegen wandte sich die Klägerin, weil der Professor in einem vertraglichen Beratungsarztverhältnis für den Unfallversicherungsträger stand, gegen den sie Klage erhoben hatte. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte die Klägerin mit ihrem Ablehnungsgesuch noch keinen Erfolg. Sie erhob daraufhin Beschwerde.
Die Entscheidung des LSG
Das LSG Bayern gab dieser Beschwerde statt. In seinem Beschluss stellte das Gericht fest, dass das Ablehnungsgesuch begründet ist. Maßgeblich war dabei, dass eine vertragliche Beratertätigkeit des Arztes in medizinischen Fragen mit dem Unfallversicherungsträger besteht. Darauf, dass der Sachverständige in dem konkreten Fall nicht tätig gewesen war, komme es nicht an. Auch wenn der Sachverständige als Beamter nicht in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zu dem Auftraggeber stand, war der Umstand, dass eine vergütungspflichtige Tätigkeit vorlag, zu berücksichtigen.
Vor allem aber verwies das Gericht auf ein aus dem Vertragsverhältnis abgeleitetes dauerhaftes Vertrauensverhältnis zwischen Beratungsarzt und Versicherer, bei dem sich der Unfallversicherungsträger darauf verlasse, dass der beratende Arzt die Interessen des Trägers in vollem Umfang wahrnimmt. Die hieraus resultierende besondere Nähe rechtfertige die Besorgnis, der Sachverständige sei nicht unparteilich und unvoreingenommen. Eine Aussage, dass der Sachverständige tatsächlich parteilich oder voreingenommen sei, sei damit nicht verbunden, aber auch nicht notwendig.
PRAXISHINWEISE | Die Erwägungen des LSG, dass allein ein Vertragsverhältnis zwischen Versicherer und Sachverständigem die Besorgnis begründet, er sei deswegen befangen, kann auch in anderen Prozesssituationen herangezogen werden. Gemeint sind damit z. B. Situationen, in denen ein Sachverständiger für ein privates Versicherungsunternehmen beratend tätig ist, bei dem einer der an einem Rechtsstreit beteiligten Behandler versichert ist. Dies ist schon deshalb nicht unwahrscheinlich, weil es durchaus üblich ist, dass Haftpflichtversicherungen mit auf Honorarbasis tätigen Beratungsärzten zusammenarbeiten. |