Impfpflicht ab März: Dürfen Ungeimpfte wirklich nicht im Gesundheitswesen arbeiten?
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es bei einem strikten Durchsetzen der Impfpflicht im Gesundheitswesen zu zahlreichen Beschäftigungsverboten kommen würde – und die Versorgung der Patienten darunter leiden würde. Muss ein Arbeitgeber ab dem 16. März Ungeimpfte sofort freistellen oder gar entlassen, wie mancherorts propagiert wird – oder kann er auf das Gesundheitsamt warten?
von Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht VDAA, Hamburg
Zu unterscheiden ist zunächst zwischen aktuell bereits beschäftigten Arbeitnehmern und neu ab dem 16. März 2022 einzustellenden Arbeitnehmern.
Bereits beschäftigte Arbeitnehmer müssen bis zum Ablauf des 15. März 2022 bei ihrem Arbeitgeber einen Impfnachweis über eine vollständige Impfung eines in Deutschland anerkannten Impfstoffs (§ 2 Nr. 3 COVID-19-SchAusnahmV) oder einen Genesungsnachweis vorlegen, der einen labordiagnostischen Nachweis über eine mindestens 28 Tage, aber nicht mehr als sechs Monate zurückliegende Infektion nachweist (§ 2 Nr. 5 COVID-19-SchAusnahmV).
Wird der Nachweis nicht rechtzeitig vorgelegt oder zweifelt der Arbeitgeber an dessen Echtheit, hat der Arbeitgeber dies unverzüglich dem zuständigen Gesundheitsamt mitzuteilen, § 20a Abs. 2 S. 2 IfSG. Dieses kann dann gegenüber dem Beschäftigten ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot aussprechen.
[!] Es ist also Sache des Gesundheitsamts, ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. Dieses wird bei Prüfung, ob ein Beschäftigungsverbot erteilt wird, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls prüfen. Dabei kann es im Einzelfall sein, dass aus besonderen Gründen Ausnahmen gemacht werden und keine Beschäftigungsverbote ausgesprochen werden. Solche Ausnahmen könnten etwa die Systemrelevanz bestimmter Tätigkeiten oder die ansonsten nicht sicherzustellende Versorgung der Patienten sein. |
Ab dem 16.3.2022 neu eingestellte Arbeitnehmer dürfen nicht tätig werden, sofern sie keinen Impfnachweis vorlegen oder eine entsprechende Bescheinigung über den Genesenstatus (§ 20a Abs. 3 S. 4, 5 Infektionsschutzgesetz – IfSG). Hier gibt es keine Ausnahme.
Ein Sonderfall – sowohl für Alt-Arbeitnehmer (§ 20a Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 IfSG), als auch für Neu-Arbeitnehmer (§ 20a Abs. 3 S. 1 iVm. Abs. 2 S. 1 Nr. 3 IfSG) – besteht für Personen, die „auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können“ (§ 20a Abs. 1 S. 2 IfSG). Dafür muss der Beschäftigte ein entsprechendes Attest vorlegen.
[!] Arbeitgeber, die Zweifel an der Echtheit oder Validität des medizinischen Attests haben, sind gut beraten, dies gemäß der gesetzlichen Verpflichtung unverzüglich dem zuständigen Gesundheitsamt mitzuteilen, zumal bereits erste Anbieter mit der Erstellung entsprechender ärztlicher Bescheinigungen im Wege einer bloßen Selbstauskunft werben. |
Das Gesundheitsamt kann sodann gem. § 20a Abs. 5 S. 2 IfSG die betroffene Person verpflichten, an einer ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der geltend gemachten Impfunverträglichkeit verpflichten. Stellt sich heraus, dass die Bescheinigung erschlichen worden ist bzw. auf unwahren Angaben beruht, stellt dies eine gravierende Pflichtverletzung dar, die einen Grund für eine außerordentlich fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB abzugeben vermag.