01.07.2016·Kostenerstattung Allianz lehnt die Kostenübernahme bei einer Osteotomie ab – wie kann man reagieren?
·Kostenerstattung
Allianz lehnt die Kostenübernahme bei einer Osteotomie ab – wie kann man reagieren?
| Im Rahmen einer Osteotomie wurde eine schwierige Hautlappenplastik nach der GOÄ-Nr. 2382 erbracht und in Rechnung gestellt. Die Allianz lehnte jedoch eine Kostenübernahme für diese Leistung ab und erstattete lediglich die GOZ-Nr. 3100. Wie kann man auf diese Ablehnung reagieren? |
Der Behandlungsfall
Nachdem ein extrem verlagerter Zahn 23 durch Osteotomie (GOZ-Nr. 3045) entfernt war, musste wegen einer Ankylose und apicaler Verwachsung der Wurzelspitze mit der Knochenwand augmentiert werden. Wegen der veränderten Knochensituation war eine Readaption der Wundlappen nicht möglich, sodass eine aufwendige Plastik mit mehrschichtiger Nahttechnik erfolgte.
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Datum |
Region |
Nr. |
Leistungsbeschreibung/Auslagen |
Faktor |
Anz. |
Euro |
11.01.16 |
0010 |
Eingehende Untersuchung |
2,3 |
1 |
12,94 |
|
Ä1 |
Beratung |
2,3 |
1 |
10,72 |
||
21 |
0100 |
Leitungsanästhesie |
2,3 |
1 |
9,05 |
|
23 |
0090 |
Infiltrationsanästhesie |
2,3 |
3 |
23,28 |
|
23 |
3045 |
Entfernen eines extrem verlagerten und/oder retinierten Zahnes durch umfangreiche Osteotomie bei gefährdeten anatomischen Nachbarstrukturen / Enorme Schwierigkeit mit dadurch verbundenem Zeitaufwand wegen extremer Ankylosierung der Knochenwand |
3,5 |
1 |
150,98 |
|
23 |
Ä2442 |
Implantation alloplast. Material zur Weichteilunterfütterung |
2,3 |
1 |
120,66 |
|
Ä444 |
OP-Zuschlag bei ambulanter Durchführung von Operationen |
1,0 |
1 |
75,77 |
||
23 |
Ä2382 |
Schwierige Hautlappenplastik |
2,3 |
1 |
99,06 |
|
23 |
Ä5000 |
Röntgenaufnahme, je Projektion |
1,8 |
1 |
5,24 |
|
Ä75 |
Ausführlicher Befundbericht |
2,3 |
1 |
17,43 |
||
14.01.16 |
23 |
3290 |
Kontrolle nach chirurgischem Eingriff |
2,3 |
1 |
7,11 |
Ä60 |
Konsiliarische Erörterung |
2,3 |
1 |
16,08 |
||
28.01.16 |
23 |
3300 |
Nachbehandlung |
2,3 |
1 |
8,41 |
Zwischensumme Honorar: |
556,73 |
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Porto |
1 |
0,70 |
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11.01.16 |
Anästhetikum |
3 |
2,16 |
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Puros allograft Spongiosa |
1 |
188,02 |
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Haemostyptikum |
1 |
1,48 |
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Atraumatisches Nahtmaterial |
2 |
11,60 |
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Kosten für Auslagen nach §§ 3, 4 GOZ und § 10 GOÄ: |
203,96 |
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Rechnungsbetrag |
760,69 |
Die Rechnung wurde bei der Krankenversicherung eingereicht:
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„Die Leistung nach der Nr. Ä2382 kann im Rahmen der durchgeführten Behandlung nicht in Ansatz gebracht werden. Stattdessen ist die Leistung nach Nr. 3100 der GOZ in Ansatz zu bringen. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 2 GOZ. Somit ergibt sich ein nicht erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 64,11 Euro.“ |
Erste Stellungnahme
Sowohl MKG-Chirurgen als auch Zahnärzte haben Zugriff auf den Teil L der GOÄ. Der im Schreiben der Allianz genannte § 6 Abs. 2 GOZ bestätigt gerade diese Tatsache und widerspricht der Aussage der Allianz, dass GOÄ-Nr. 2382 nicht berechenbar sei. Die Leistung nach Nr. 3100 kann für die „Plastische Deckung im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer Periostschlitzung, je Operationsgebiet (Raum einer zusammenhängenden Schnittführung)“ angesetzt werden. Die chirurgische Maßnahme im Weichgewebe ermöglicht einen spannungsfreien Wundverschluss und ist notwendig, wenn eine standardmäßige Rücklagerung des Originallappens in sein ursprüngliches Wundbett nicht möglich ist.
Im Behandlungsfall wurde nicht nur eine Periostschlitzung durchgeführt, um den Lappen mobil zu gestalten, sondern ein koronaler Verschiebelappen mit Einschwenkungen operiert und eine Mehrschichttechnik bei der Nahtlegung ausgeübt. Eine Berechnung der GOÄ-Nr. 2382 ist korrekt und gerade nach § 6 Abs. 2 GOZ auch gestattet, wenn ein derartiger Umfang erfolgt, der weit über die GOZ-Nr. 3100 hinausgeht.
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„Anhand der Leistungsbeschreibung ist festzustellen, dass der Gebühreninhalt der Nummer 2382 GOÄ im Rahmen zahnärztlicher Eingriffe nicht erfüllt wird. Bewusst wurde in der GOÄ zwischen „einfacher“ und „schwieriger“ Hautlappenplastik unterschieden. Die Abgrenzung zwischen einfach und schwierig wird durch die zusätzliche Angabe „Spalthauttransplantation“ in der Leistungsbeschreibung der Nummer 2382 GOÄ verdeutlicht.
Eine Spalthauttransplantation wird bei großen Wundflächen erforderlich, wenn aus der Umgebung der Wunde kein ausreichend großer Hautlappen zur Abdeckung gewonnen werden kann, sondern ein freies Transplantat benötigt wird. Entsprechend kann eine schwierige Hautlappenplastik nicht die Abdeckung kleinerer Operationswunden im intraoralen Bereich bedeuten. Dies würde dem Gebühreninhalt der Nummer 2382 nicht gerecht.“ |
Zweite Stellungnahme
Das Bundesgesundheitsministerium hat als Verordnungsgeber den Zugriff auf diese Leistungsziffer belassen – mit dem Hintergrund, dass auch Zahnärzte diese Leistung erbringen. Somit ist dem ersten Satz der Ausführungen zu widersprechen. Der Verordnungsgeber hat klar entschieden, auf welche Gebührenziffern die Zahnärzte nicht mehr zugreifen dürfen; dies betrifft z. B. die Nrn. Ä530, Ä2730 und Ä2253 bis Ä2255.
Die GOÄ-Nr. 2382 hat nicht den Leistungsumfang einer alleinigen Spalthauttransplantation, die hier „an den Haaren“ herbeigezogen wird. Eine derartige Maßnahme wurde weder erbracht noch berechnet. Die Leistungslegende lautet: „Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation“. Sie umfasst somit zwei unterschiedliche therapeutische Maßnahmen. In der GOÄ findet sich keine Angabe der Größe, auch nicht eine Einschränkung auf eine Kieferhälfte oder Ähnliches. Die GOÄ-Nr. 2382 ist je selbstständige Leistung berechenbar.
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„Nach § 6 Abs. 2 GOZ sind die Vergütungen nur dann nach den Vorschriften der GOÄ zu berechnen, soweit die Leistung nicht als selbstständige Leistung oder Teil einer anderen Leistung im Gebührenverzeichnis für Zahnärzte enthalten ist. Leider wurde in unserem Antwortschreiben vom 10. Februar 2016 darauf nicht eingegangen. Wir möchten nochmals klarstellen, dass die durchgeführte Leistung in der GOZ enthalten ist (Nummer 3100) und deshalb nicht auf die Gebührenordnung für Ärzte zurückgegriffen werden kann – auch als MKG-Chirurg nicht.
Es ist uns selbstverständlich bewusst, dass die in der Leistungsbeschreibung der GOÄ-Nr. 2382 enthaltene Spalthauttransplantation keine zusätzliche Leistung zur schwierigen Hautlappenplastik ist, sondern eine eigenständige Leistung. Dass diese Gebührennummer jedoch auch für eine Spalthauttransplantation zu berechnen ist, verdeutlicht die Intention des Verordnungsgebers zur Abgrenzung von ‚einfacher‘ und ‚schwieriger‘ Hautlappenplastik.“ |
Dritte Stellungnahme
Die Mitteilung zeigt, dass die Allianz Tatsachen verdreht. Es besteht Zugriff auf die GOÄ-Nr. 2382, gerade weil der Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 3100 weit überschritten wird. Diese Gebührenziffer weist daher auch eine geringe Punktzahl auf – so die Intention des Bundesgesundheitsministeriums. Im Rahmen der GOÄ-Nr. 2382 wurde der erste Teil der Leistungslegende erbracht. Doppelte Leistungen enthalten die Gebührenordnungen nicht. Beispielhaft sei hier die Vestibulumplastik genannt. Diese ist auch in beiden Verordnungen enthalten, in der GOZ die Nr. 3240 für den kleineren Eingriff und in der GOÄ die Nr. Ä2675 für den größeren Eingriff. In diesem Patientenfall wurde eine umfangreiche Plastik nach GOÄ-Nr. 2442 erbracht und berechnet.
Somit bleibt festzuhalten: Hier wird eine Leistung permanent abgelehnt, ohne dass bis zum jetzigen Zeitpunkt ein approbierter Sachverständiger aufgrund der Behandlungsunterlagen eine fachmännische Aussage getroffen hätte. Jeder Jurist freut sich über derartige Fehler, zumal der Verfasser dem Anschein nach nicht approbiert ist.
FAZIT | Der strittige Rechnungsbetrag in Höhe von 64,11 Euro hat im Hinblick auf die diversen Mitteilungen und Stellungnahmen beidseits Verwaltungskosten von rund 300 bis 400 Euro verursacht. Im Hinblick auf die Sinnlosigkeit dieses Vorgehens sollte der Patient juristischen Beistand nehmen und sich dagegen zur Wehr setzen. Der verwaltungstechnische Aufwand einer Praxis aufgrund solcher Schikanen – und diese gibt es leider zu oft – und der Umgang mit dem Patienten als Kunde der Versicherung ist nicht akzeptabel. |