Krank sein und dennoch feiern?
Meldet sich eine Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber für zwei Tage krank und nimmt an einer öffentlichen Party teil, ist von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Eine fristlose Kündigung kann dann gerechtfertigt sein.
von Michael Henn, Fachanwalt für Arbeitsrecht VDAA*, Stuttgart
Die Klägerin war seit 2017 als Pflegeassistentin beschäftigt. Sie war für Samstag, den 02.07.2022, und Sonntag, den 03.07.2022, zum Spätdienst eingeteilt. Für die Dienste meldete sie sich krank. In dieser Nacht fand in Hennef die „White Night Ibiza Party“ statt, auf der Fotos von der feiernden Frau entstanden. Diese fanden sich beim WhatsApp-Status der Frau und auf der Homepage des Partyveranstalters.
Der Arbeitgeber kündigte der Frau daraufhin fristlos. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage. Mit Urteil vom 16.12.2022 wies das Arbeitsgericht Siegburg die Klage ab. Die fristlose Kündigung hielt es für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund liege darin, dass die Klägerin über ihre Erkrankung getäuscht und damit das Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört habe.
Für die Kammer stand aufgrund der Fotos fest, dass sie am Tage ihrer angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit bester Laune und ersichtlich bei bester Gesundheit an der Party teilgenommen habe, während sie sich für die Dienste am 02. und 03.07.2022 arbeitsunfähig gemeldet hatte. Der Beweiswert der AU-Bescheinigung sei damit erschüttert.
Die Erklärung der Klägerin, sie habe an einer 2-tägigen psychischen Erkrankung gelitten, die vom Arzt nachträglich festgestellt worden sei, glaubte das Gericht der Klägerin nicht. Die Kammer ging davon aus, dass die Klägerin die Neigung habe, die Unwahrheit zu sagen. Dies ergebe sich bereits aus ihren Einlassungen im Verfahren. So habe sie eingeräumt, dass sie dem Arbeitgeber gegenüber am 05.07.2022 mitgeteilt hat, sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt zu haben. Im Verfahren habe sie dann eine 2-tägige psychische Erkrankung vorgetragen, die nach genau einem Wochenende ohne weitere therapeutische Maßnahmen ausgeheilt gewesen sei. Dies sei schlicht unglaubhaft.
Mitteilung des Arbeitsgerichts Siegburg vom 10.01.2023
Arbeitsgericht Siegburg, 16.12.2022 – Az. 5 Ca 1200/22. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
* Der Autor ist Präsident des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte