Praxisführung

Marketing im engen Branchenumfeld – wie die richtige Strategie in der Medizin Marken schafft

Mit dem Aufbruch in die virtuelle Kommunikations-Dimension steht großen Kliniken wie kleinen Praxen eine Fülle von neuen Werbemöglichkeiten zur Verfügung. Tools, Kanäle und Content: Heutzutage scheint im Marketing alles digital zu sein. Doch was bedeutet effektives Marketing in der Medizinbranche? Wie lassen sich Kontaktmöglichkeiten multiplizieren, um dem eigenen Auftritt mehr Präsenz zu verleihen? Welche Strategie ist die richtige, um möglichst viele Patienten an sich zu binden?

von Sebastian Retz, München*)

Werbung von der Stange – nein danke

Grundsätzlich darf Marketing nie isoliert von der Unternehmensstrategie betrachtet werden, sondern muss als langfristiger Bestandteil dieser aufgebaut werden. Das gilt nicht nur für international tätige Firmen, sondern auch für regional ansässige Praxen und Krankenhäuser. Ein strategisches, auf lange Sicht geplantes Marketing beinhaltet eine genaue Analyse der eigenen Marke sowie der Wettbewerber. Dabei kommen taktische Instrumente wie die SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities and Threats) zum Einsatz. Die eigenen Zielgruppen (Patienten, Mitarbeiter, Dienstleister usw.) werden detailliert betrachtet und den eigenen Kompetenzen gegenübergestellt. Vor allem die Herausarbeitung von Alleinstellungsmerkmalen gegenüber anderen Kliniken ist Teil dieses Prozesses. Ist die Strategie entwickelt und in allen wichtigen Gremien verabschiedet, folgt die operative Umsetzung, beispielsweise anhand eines Kommunikationskonzepts. Darin enthalten sind relevante Kommunikationskanäle, die Tonalität und die Botschaften, mit denen die einzelnen Zielgruppen angesprochen werden sollen. Damit ist der Grundstein für ein erfolgreiches Marketing gelegt.

Die richtige Mischung macht’s

Im Anschluss geht es um die Überprüfung der notwendigen und nutzbringenden Kommunikationskanäle. Vor allem im gesundheitlichen Bereich lohnen sich auch klassische Werbeformate als Ergänzung zu onlinespezifischer Reklame. Suchmaschinenoptimierte, responsive Websites ergänzen beispielsweise fundierte Pressearbeit: Durch Veröffentlichungen in regionalen oder fachspezifischen Medien steigen der Bekanntheitsgrad und das Ansehen. Selbst wenn die URL nicht im Artikel vorkommt, kann eine austarierte Platzierung in den Suchmaschinen für zahlreiche Besucher auf der Homepage sorgen. Da Suchmaschinenmarketing inzwischen ein sehr spezialisiertes Fachgebiet ist, sollte hierfür eine Agentur hinzugezogen werden. Facebook sowie Google-Empfehlungen verstärken die traditionelle Mund-zu-Mund-Propaganda, denn während Tipps zu guten Ärzten nach wie vor oft bei Kollegen oder Nachbarn erfragt werden, verlagert sich dieser Prozess immer mehr ins Internet und kann durch geschulte Mitarbeiter geschickt gesteuert werden. Wer positive Rückmeldungen freundlich beantwortet und auch bei negativen Bewertungen Dankesworte findet, tut etwas für sein positives Image. Wer jedoch nur auf einen Kanal setzt – sei es digital oder analog –, schränkt sich selbst ein. Gehen Mediziner nur den einen Weg, verzichten sie auf relevante Reichweiten, geben Synergieeffekte auf und nehmen sich selbst die Chance, potenziellen Patienten auf der virtuellen Suche nach der besten Behandlung mehrfach mit ansprechenden Inhalten zu begegnen. Leider werden Marketingspezialisten häufig erst hinzugezogen, wenn es bereits negative Presse gibt oder vielleicht sogar ein Skandal droht.

Aller Anfang ist leicht

Anstatt nur auf einem Kanal stattzufinden, setzt moderne Werbung auf Integration, Vernetzung und einen Maßnahmen-Mix. Um erfolgreich auf mehreren Kanälen zu werben, genügt es jedoch nicht, Inhalte der klassischen Medien als digitalen Content anzubieten oder umgekehrt. Ein gut geplanter Außenauftritt trägt dazu bei, Patienten Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln und so das positive Image der Einrichtung zu stärken. Jeder Kanal verfügt über sein eigenes Publikum, entsprechend ändert sich auch die Ansprache der jeweiligen Zielgruppe. Während ein Informationsabend beispielsweise ausführlich auf der eigenen Homepage angekündigt werden kann, sollten Onlinebanner und Social-Media-Beiträge kurz bleiben und neben wenig Text hauptsächlich auf die Homepage verlinken. In der Pressearbeit können mittels Interviews neue Diagnosemethoden erklärt werden, die sich in ihrer Komplexität für Onlinemedien nicht eignen. Trotzdem sollte sich leitmotivisch immer eine Story konsequent durch alle eingesetzten Medien ziehen. Das kann sowohl visuell als auch auditiv, audiovisuell oder auch interaktiv erfolgen. Dabei gilt es Nützliches mit Emotionalem und Unterhaltsamem zu kombinieren, sodass sich die Botschaft der Kampagne über Wiederholungen einprägt. Claims oder Slogans spielen neben Schlüsselmotiven hier eine wesentliche Rolle zur Verbesserung der Erinnerungswirkung. Gleichzeitig sollte darauf geachtet werden, dass sich ein einheitliches Gesamtbild ergibt. Idealerweise verweisen die unterschiedlichen Maßnahmen außerdem nicht nur aufeinander, sondern fordern ihre Rezipienten auch zum Mitmachen auf.

Feuer aus allen Rohren?!

Um den Gesamterfolg der Maßnahmen sicherzustellen, gilt es online wie offline den Nerv der Zielgruppe zu treffen. Wer sogenannte Alleinstellungsmerkmale wie „Alles unter einem Dach“ oder „Ein Ansprechpartner für die gesamte Region“ auf Plakaten und der Homepage gebetsmühlenartig wiederholt, hebt sich nicht von der Konkurrenz ab. Wirksame Werbung muss personalisiert auf die Bedürfnisse der jeweiligen Empfänger zugeschnitten werden. Daher gehören Informationen interessant verpackt. Crossmediale Ansätze, Kreativität und laterales Denken sind gefragt. So können sich Ideen aus Gesundheit, Lifestyle und Handwerk gegenseitig beflügeln und die Marke stärken, sodass ein bleibender Eindruck entsteht. Eine Klinik für Implantologie könnte beispielsweise Printanzeigen in regionalen Magazinen mit animiertem Content auf der eigenen Homepage kombinieren. Clevere Wort-Metaphern, Eye-Catcher als Motive oder ungewöhnlich gestaltete Handlungsaufforderungen durchbrechen dabei optische Gewohnheiten der Zeitschrift und stärken so das Aktivierungspotenzial. Insbesondere bei einer gewissen Regelmäßigkeit steigert das die Markenbekanntheit der Klinik. Auch eine Verbindung von ansprechend gestalteten Flyern und Social Media kann neben Stammkunden die Community mobilisieren und den gewünschten Effekt mit der Nachhaltigkeit von Druckerzeugnissen vereinen.

*) Über den Autoren: Der erfahrene Markenarchitekt Sebastian Retz aus München gilt als Experte für neue Lifestyle- sowie Handelswelten und hat im Creative Collective tagg-s die Position eines Business Developers, Markenberaters und Geschäftsführers inne. Nach seinem Studium der Architektur arbeitete der Kreative zunächst für retz architekten partner und weitere Architekten- und Designbüros, bevor er sich immer mehr in Richtung Markenberatung und Unternehmensentwicklung orientierte. Als Geschäftsführer der Sebastian Retz Markenberatung, BrandOn! und MehrwertX Labs, als Partner von Intertrade.Digital, als Kreativ-Director von Hörger sowie als Chief Creative Officer von Mavis bietet er Marken jedweder Couleur eine Inszenierung tailormade.