Zahnmedizin

MExPERT-Bohrschablonen ‒ wesentlich genauer als „Freihand“

Zwei Studien der Berliner Charité zeigen, dass sich mit Bohrschablonen des MExPERT-IPM-Systems die Abweichungen im Vergleich zur konventionellen Freihandmethode auf ein Zehntel reduzieren lassen.

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZahnmedizinReport, Berlin

Große Abweichungen bei freihändigem Arbeiten

Bei der Implantatbohrung mit der konventionellen Freihandmethode ergeben sich lineare Distanzabweichungen von bis zu 1,1 mm ± 0,6 mm und anguläre Abweichungen von 11,2°± 5,6°. Die Verwendung von Bohrschablonen für die präzise positionsgerechte und achsengenaue Insertion des Implantats führt hingegen zu deutlich genaueren Ergebnissen. Dreidimensionale Implantatplanungen wurden insbesondere durch die digitale Volumentomografie (DVT) möglich.

Hochgenaue Bohrschablone in eigener Praxis auch ohne DVT

Das MExPERT-IPM (Implantatplanungsmodell) soll dem Zahnarzt die Herstellung einer hochgenauen Bohrschablone in der eigenen Praxis ermöglichen, ohne in teure DVT-, zahntechnische Geräte oder Softwarelösungen investieren zu müssen. Nach Indikationsstellung wird der Patient an einen der sieben MESANTIS-Standorte überwiesen, um eine strahlungsarme 3D-Aufnahme anzufertigen. Diese DICOM-Daten werden mit denen eines Präzisionsgipsmodells des Kiefers überlagert. Somit erhält man ein virtuelles Abbild des Kiefers, in dem die Knochenform, der Verlauf des Unterkiefernervs sowie der Zähne mit dem umliegenden Weichgewebe exakt dargestellt werden.
 
Auf Basis dieser Daten wird das 3D-Modell mit geplanter Bohrung für den wiederverwendbaren MExPERT® IPM Marker (Hülsenhalter) von MESANTIS gedruckt und der Praxis zugesandt. Der Zahnarzt positioniert den Marker mit der Führungshülse auf dem 3D-Modell und erstellt eine Tiefziehschiene als Bohrschablone.

Herstellungsprozess ist reproduzierbar

In einer ersten Studie untersuchte Marco Nicolai Döblitz den vollständigen Herstellungsprozess des MExPERT IPM. Die Ergebnisse seiner Arbeit zeigen, dass 

  • sowohl der Druck des MExPERT IPM als auch die Positionierung des IPM-Markers,  
  • die wiederholte Herstellung von Bohrschablonen sowohl auf einem als auch auf verschiedenen MExPERT IPM sowie  
  • die abschließende Sterilisation der Bohrschablone

  nicht zu klinisch signifikanten Abweichungen vom digitalen Goldstandard führen. Damit konnte die gesamte Prozesskette des MExPERT IPM validiert werden. Im Vergleich zur Literatur waren die hier nachgewiesenen Abweichungen marginal.

Anwendung an verschiedenen Systemen

Die exakte Übertragung der computerunterstützten Planung nach erfolgter dreidimensionaler Röntgendiagnostik ist für den Implantationserfolg entscheidend. Philipp Akman überprüfte die dreidimensionale Reliabilität der Hülsenposition bei der computergestützten Implantatplanung mit dem MExPERT-IPM-System. Aus den Implantatsystemen Camlog, Dentaurum, Medentis und SIC wurden acht Untersuchungsgruppen mit jeweils zehn Bohrschablonen und eingearbeiteten Hülsen hergestellt. Durch die abschließende Vermessung dieser 80 Bohrschablonen wurden die linearen Abweichungen in den drei Raumebenen sowie zwei anguläre Abweichungen gewonnen.
 
Die mittleren linearen Abweichungen zwischen der geplanten und überführten Hülsenposition aller 80 Hülsen betrugen 90 µm (± 60 µm) in sagittaler, 220 µm (± 50 µm) in transversaler und 360 µm (± 330 µm) in vertikaler Ausrichtung. Die angulären Abweichungen betrugen 0,54° (± 0,47°) in sagittaler und 1,39° (± 0,52°) in transversaler Ausrichtung. Der Vergleich der verschiedenen Implantatsystemhersteller zeigte darüber hinaus statistisch signifikante Unterschiede in den linearen Abweichungen: „Ausreißer“ mit Abweichungen bis zu 1.240 µm stammen alle von dem Implantatsystem SIC. Die angulären Abweichungen der Implantatsystemhersteller wiesen keine signifikanten Unterschiede auf, ebenso wie die Betrachtung der Implantatdurchmesser.

Die Kosten

Nach Auskunft von MESANTIS kostet die Planung von bis zu zwei Implantaten 99 Euro pro Kiefer und jede weitere Planung im gleichen Kiefer 19 Euro, beides jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Die Herstellung und der Einsatz der 3D-Bohrschablone kann abschließend von Ihnen abgerechnet werden, somit verbleibt die Wertschöpfung in Ihrer Praxis.

 
FAZIT | Die mit dem einfachen und kostengünstigen MExPERT-IPM-System hergestellten Bohrschablonen erzielen signifikant genauere Ergebnisse als die Freihandmethode. Im Vergleich zur konventionellen Freihandmethode lassen sich die Abweichungen auf ein Zehntel reduzieren.

 
Quellen
 Döblitz, Marco Nicolai. Experimentelle Untersuchungen zur Genauigkeit eines digital erzeugten Implantatplanungsmodells (MExPERT IPM). Dissertation, Berlin 2019.
 Akman, Philipp.In-vitro-Untersuchungen zur dreidimensionalen Genauigkeit der Implantatplanung mit verschiedenen MExPERT-IPM-Systemen. Dissertation, Berlin, 2019.
 Hoffmann J et al. Accuracy of navigation-guided socket drilling before implant installation compared to the conventional free-hand method in a synthetic edentulous lower jaw model. Clin Oral Implants Res 2005; 16 (5): 609‒614.
 
Literatur
 https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/24834/diss_m.doeblitz.pdf
 https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/24835/Dissertation_Philipp_%20Akman-1.pdf
 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1600-0501.2005.01153.x
Quelle: Ausgabe 01 / 2020 | Seite 18 | ID 46247409