Nehmen Sie Kürzungen der Porto- und Verpackungsposten nicht ungeprüft hin
| Immer wieder versuchen private Krankenversicherungen, neue Bereiche für eine Kosteneinsparung zu finden. Diesmal geht es um die Porto- und Verpackungskosten ‒ kurz „PoVeko“. Wann dürfen derartige Kosten berechnet werden? Welche rechtlichen Hintergründe gelten und wie kann ein Brief an die Versicherung gestaltet sein, wenn diese die Versandkosten nicht anerkennt? Mit diesen Fragen setzt sich PI nachfolgend auseinander. |
Der Praxisfall ‒ umfangreiche implantologische Versorgung
Ein Privatpatient erhält eine umfangreiche implantologische Versorgung, in deren Rahmen Leistungen in Höhe von rund 28.500 Euro erbracht werden. Seine Krankenversicherung moniert jedoch einige Gebührensätze und Leistungsziffern in der Rechnung. Zudem schließt sie die in Rechnung gestellten Porto- und Verpackungskosten ganz von der Kostenbeteiligung aus und begründet das in ihrem Schreiben wie folgt: „Nach § 4 Abs. 3 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) sind mit den Gebühren die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, für den Sprechstundenbedarf, für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten sowie für Lagerhaltung abgegolten, soweit nicht im Gebührenverzeichnis etwas anderes bestimmt ist. Die Kosten für die Versandkosten sind deshalb nicht berechenbar.“
Porto- und Verpackungskosten nach der GOZ
In § 3 GOZ werden abschließend die Arten der Vergütung eines Zahnarztes genannt. Demnach stehen dem Zahnarzt Gebühren, Entschädigungen und der Ersatz von Auslagen zu. Gebühren werden in § 4 GOZ, Entschädigungen in § 8 GOZ und Auslagen in § 4 Abs. 3 und § 9 GOZ näher definiert.
Das oben angeführte Versicherungsschreiben argumentiert mit den Praxiskosten entsprechend § 4 Abs. 3 GOZ. Neben den dort genannten Kosten zählen auch allgemeine Praxiskosten wie z. B. für Wasser, Strom und Miete zu den Posten, die mit den Gebühren (Leistungsziffern) abgegolten sind. Aber: Porto- und Verpackungskosten sind keine allgemeinen Praxiskosten. Darunter werden Kosten subsummiert, die in der Praxis für die Behandlung aller Patienten entstehen. Die PoVeko können jedoch jedem Patienten einzeln zugeordnet werden, fallen also nicht für alle Patienten an und sind weder Füllungskosten noch Kosten im Zusammenhang mit Instrumenten oder Apparaten der Praxis.
Porto- und Verpackungskosten nach der GOÄ
Im Allgemeinen fallen Porto- und Verpackungskosten in der GOÄ im Zusammenhang mit dem Versand von entnommenem Körpermaterial, von Arztbriefen (z. B. Nrn. Ä70 und Ä75 GOÄ), Röntgenbildern und dergleichen an. Auch können solche Kosten für den Versand eines Arztbriefes oder eines Gutachtens berechnet werden, sofern auf der Grundlage der GOÄ liquidiert wird. Nach den Bestimmungen des § 10 GOÄ können neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren PeVeko berechnet werden, sofern eine Berechnung in § 10 Abs. 3 GOÄ nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Was versteht man unter Porto- und Verpackungskosten?
Der Ersatz von Portokosten als Auslage ist ausschließlich für die Kosten von Briefen, Päckchen und Paketen vorgesehen. Die Berechnung von Porto für die Zusendung von Therapieplänen oder Rechnungen ist auch in der GOZ nicht gestattet.
Verpackungskosten umfassen alle Kosten, die für den Versand anfallen, wie beispielsweise Verpackungsmaterial, Versandversicherungen und Personalkosten. PoVeko sind nach der GOZ nur dann berechnungsfähig, wenn sie bei berechenbaren Materialien entstehen. In der Implantologie ist das beispielsweise bei dentalen Implantaten, Knochenersatzmaterialien oder Membranen der Fall.
Ausnahmen sind im Rahmen der Zumutbarkeitsgrenze durch das Beratungsforum zu GOZ-Fragen ausgesprochen worden (Oraqix®, ProRoot MTA® und Harvart MTA OptiCaps®).
Wie werden Porto- und Verpackungskosten berechnet?
Wie Porto- und Verpackungskosten berechnet werden, ist nicht bundeseinheitlich geklärt. Aufgrund des Antikorruptionsgesetzes nach § 299a StGB müssen berechenbare Materialien 1:1 an den Patienten weitergereicht werden. Daher empfiehlt es sich, den Bruttopreis des Praxisverbrauchsmaterials zu berechnen und die PoVeko als eigenständigen Posten bei der Abrechnung nach § 3 GOZ zu erfassen. Alternativ kann der Bruttopreis zzgl. der PoVeko als ein Gesamtbetrag ausgewiesen werden. Beide Varianten sind vertreten.
PRAXISTIPP | Im Hinblick auf die Kostentransparenz ‒ insbesondere bei hochpreisigen Produkten ab 50 Euro ‒ ist die erste Variante vorteilhaft. Private Kostenträger prüfen vor allem bei hochpreisigen Produkten, ob Herstellerpreise berechnet wurden. Ist der Preis auf der Zahnarztrechnung höher als im Katalog, wird die Berechnung eines Lagerhaltungsaufschlags oftmals vermutet. |
Bezug zahnmedizinischer Produkte bei Heilbehandlungen
Zahnmedizinische Produkte können von Patienten in der Regel nicht bei der Industrie, im Depot oder von einer Apotheke bezogen werden. Diese werden ausschließlich an approbierte Zahnärzte geliefert. Daher reichen Zahnärzte die PoVeko ‒ wenn diese für einzelne Patienten entstanden sind ‒ 1:1 weiter. Es ist kein gesetzlicher Hintergrund oder keine Rechtsprechung ersichtlich, warum ein Zahnarzt diese Kosten übernehmen sollte. Die PoVeko gehören zum Anschaffungspreis eines Produkts. Im alltäglichen Leben zahlt der Verbraucher Produkte inklusive aller damit verbundenen Kosten.
Argumentationshilfe bei Kürzungen von Verpackungskosten
Wenn die PKV die Erstattung von Verpackungs- und Portokosten verweigert, können Sie der PKV gegenüber die gerade genannten Argumente darlegen, die für eine Erstattung sprechen. Ein entsprechendes Schreiben könnte z. B. wie folgt verfasst werden:
Musterschreiben / Argumente gegen Kürzung von Verpackungs- und Portokosten |
Als Vergütung steht dem Zahnarzt gemäß § 3 GOZ neben den Gebühren und Entschädigungen der Ersatz von Auslagen zu. Was „Auslagen“ sind, wird in § 4 Abs. 3 und § 9 GOZ näher definiert. Nach § 4 Abs. 3 der GOZ sind mit den Gebühren die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, für den Sprechstundenbedarf, für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten sowie für Lagerhaltung abgegolten, soweit nicht im Gebührenverzeichnis etwas anderes bestimmt ist. Der Absatz enthält implizit die Aussage, dass allgemeine Praxiskosten ‒ wie z. B. Wasser, Strom und Miete ‒ mit den Gebühren (Leistungsziffern) abgegolten sind. Porto- und Verpackungskosten (PoVeKo) sind jedoch keine Praxiskosten. Darunter werden alle Kosten subsummiert, die in der Praxis für die Behandlung aller Patienten anfallen. Die PoVeko können jedem einzelnen Patienten zugeordnet werden, fallen nicht für alle Patienten an und sind weder Füllungskosten noch Kosten im Zusammenhang mit Instrumenten oder Apparaten der Praxis. Kosten von Materialien des Sprechstundenbedarfs ‒ das heißt insbesondere von Kleinmaterialien (z. B. Mulltupfer, Watte- oder Schaumstoffpellets ‒ sind nicht gesondert berechenbar, da diese als Sprechstundenbedarf für alle Patienten entstehen. Der Zahnarzt darf nach den Bestimmungen der GOZ dem Patienten als Auslage nur den Preis in Rechnung stellen, den er selbst bezahlt hat. Somit darf er den tatsächlichen Einkaufspreis (Nettopreis) zuzüglich der vom Lieferanten erhobenen Mehrwertsteuer in Höhe von 7 oder 19 Prozent berechnen. Dabei sind erlangte Vergünstigungen oder sonstige Vorteile abzuziehen. Berechnungsfähig sind insoweit die tatsächlich entstandenen Bruttokosten nebst PoVeko, wenn diese vom Lieferanten nachweislich erhoben wurden. Selbst in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt nach Nr. 5 der Allgemeinen Bestimmungen des BEMA: „Die allgemeinen Praxiskosten, auch die durch die Anwendung von zahnärztlichen Instrumenten und Apparaturen entstehenden Kosten, sind in den abrechnungsfähigen Leistungsansätzen enthalten. Nicht in den Leistungsansätzen enthalten sind die Kosten für Arzneimittel und Materialien, die Kosten für die Instrumente, Gegenstände und Stoffe, die der Kranke zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind, sowie die zahntechnischen Laborkosten, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, und die Versand- und Portokosten.“ Porto- und Verpackungskosten ‒ oft auch als „Versandkosten“ bezeichnet ‒ gehören gemäß § 3 GOZ im Sinne von Auslagenersatz zu den Vergütungen, die dem Zahnarzt zustehen. Werden Versandkosten vom Lieferanten in Rechnung gestellt, so sind diese im tatsächlichen Umfang ‒ also 1:1 ‒ an den Patienten weiterzugeben. Es existiert keine juristische Grundlage, dass Porto- und Verpackungskosten vom Zahnarzt zu bezahlen sind, wenn die Ware dem Patienten als Verbraucher dient. Und am Rande bemerkt: Die Allianz Krankenversicherung schreibt ihren Kunden sogar nach Vorlage eines Therapieplans, dass auch Versandkosten übernommen werden. Wir sind keine Versicherungsfachleute, sondern in einem Heilberuf tätig. Bitte weisen Sie unserem Patienten nach, wo in seinem Versicherungstarif ein Ausschluss der Kostenübernahme von Porto- und Verpackungskosten aufgeführt ist. In der GOZ und GOÄ ‒ als Verordnungen vom Bundesministerium für Gesundheit ‒ ist Derartiges jedenfalls nicht enthalten. Die PoVeko sind Bestandteil des Anschaffungspreises von Produkten. Im alltäglichen Leben zahlt grundsätzlich der Verbraucher den Produktpreis inklusive aller damit verbundenen Kosten. |
Weiterführender Hinweis
- Das Musterschreiben „Argumente gegen Kürzung von Porto- und Verpackungskosten“ finden Sie auf iww.de/pi („Downloads ‒> Musterverträge und -schreiben“).
Quelle: Ausgabe 11 / 2019 | Seite 5 | ID 46150903