01.09.2015·Parodontalbehandlung Das Berner Konzept: Was kann berechnet werden?
·Parodontalbehandlung
Das Berner Konzept: Was kann berechnet werden?
| Implantate haben sich etabliert, sind jedoch oft aufgrund einer Entzündung um das Implantat gefährdet. Parodontal gesunde Patienten sind dabei weniger gefährdet als Patienten mit Parodontitis. Daher ist eine Parodontitis-Therapie insbesondere im Rahmen einer Implantation unumgänglich. Prof. N. P. Lang hat in den 80er Jahren an der Universität Bern ein erfolgreiches Konzept entwickelt. PI zeigt die Abrechnung in den einzelnen Phasen auf und stellt in einem Fallbeispiel die Honorarsituation vor. |
Die Untersuchung
Bei der regelmäßigen Kontrolle kann die parodontale Situation des Patienten mithilfe des „Parodontalen Screening-Index“ (PSI) schnell und effizient eingestuft werden. Liegt der erhobene Wert bei Code 0 bis 2, sind in der Regel prophylaktische Maßnahmen ausreichend. Eine Implantation kann im Anschluss an die erfolgreiche Hygienephase erfolgen. Wird jedoch beispielsweise Code 3 bis 4 sowie Zahnbeweglichkeit und/oder Furkationsbeteiligung diagnostiziert, so ist zuerst eine intensivere Untersuchung mit Diagnose und entsprechendem Therapieverfahren erforderlich, bevor implantiert werden kann.
Die systemische Phase
Vor Sanierungsbeginn und in der Erhaltungsphase wird die Anamnese auf klinische Relevanz überprüft. Dazu gehören eine Tabak-Anamnese mit eventueller Entwöhnungstherapie und in Einzelfällen eine Antibiotika-Prophylaxe.
Die Erhebung der Indizes
Nach Aufnahme des Parodontalstatus (Taschentiefen messen, Attachmentverlust an sechs Stellen eines jeden Zahns erheben, Einzelzahn bewerten), des Blutens auf Sondieren (Bleeding on probing – BOP), des Furkationsbefalls sowie des Grades der Zahnbeweglichkeit kann eine Diagnose erstellt werden. Dazu gehört auch die Anfertigung eines Röntgenstatus.
Die Hygienephase
Die Hygienephase ist die wichtigste, anspruchsvollste und für viele Patienten einzig nötige Phase der gesamten PAR-Behandlung. Ziel ist die Behandlung von Karies und Gingivitis und das Stoppen der weiteren Zerstörung von parodontalem Gewebe durch die Behebung der Ursachen. Es sollen keine Sondierungstiefen über 5 mm mit BOP vorliegen, weil diese ein Risiko für das weitere Fortschreiten von Parodontitis und Zahnverlust sowie für das Auftreten einer Periimplantitis darstellen. Folgende Schritte sind erforderlich:
- Behandlungsplanung erörtern (Schritte und deren Notwendigkeit, Risiken, Ziel, Bedeutung der Parodontalbehandlung und Dauer); dem Patienten erklären, wie wichtig seine Mitarbeit ist – auch für die Langzeitprognose;
- wirtschaftlich aufklären;
- den Patienten motivieren, die Befunde dokumentieren und Verbesserungsoptionen aufzeigen;
- Mundhygieneinstruktion: Plaque anfärben und den Plaque-Index nach O’Leary bestimmen, Pflegemittel festlegen;
- geeignete Zahnputztechnik und Pflegemittel auswählen.
Die nicht-chirurgische Phase (geschlossenes Vorgehen)
Je nach Zahnbestand werden subgingival Zahnstein je Kiefer oder Quadrant entfernt. Alternativ wird eine „Full-Mouth-Disinfection“ innerhalb von 24 Stunden durchgeführt. Folgende Maßnahmen sind erforderlich:
- supragingivalen Zahnstein entfernen;
- offene Kariesläsionen bzw. überhängende Füllungen und Kronenränder behandeln;
- systematisch subgingivalen Zahnstein durch Scaling und Root planing (Wurzelglätten) unter Lokalanästhesie entfernen;
- parodontales Gewebe für eine optimale Plaquekontrolle adaptieren;
- nicht erhaltungswürdige Zähne extrahieren;
- insuffizienten Zahnersatz entfernen, provisorische Restaurationen zur Wiederherstellung der Kaufunktion anfertigen (falls erforderlich).
Die Reevaluation
Sechs bis zwölf Wochen später wird erneut ein Parodontalstatus erhoben. BOP und Plaque-Indizes sowie die Schrumpfung der Gingiva werden überprüft. Entzündungsparameter, Taschentiefen und die Wertigkeit der Zähne werden kontrolliert. Nach der Befundung müssen fallbezogen weitere Therapieschritte erfolgen, die mit dem Patienten besprochen werden.
Die Erhaltungsphase
Um die parodontale und periimplantäre Situation nach der aktiven Behandlung langfristig stabil und gesund zu erhalten, wird der Patient in den Recall aufgenommen. Im Standardfall erfolgt eine erneute Reevaluation sechs bis neun Monate nach Abschluss der parodontalen Therapie. Bei erfolgter Regeneration findet die Kontrolluntersuchung bereits nach drei Monaten statt. Eine regelmäßige Reinigung der Zahnoberfläche an Stellen mit Sondierungsbluten und Sondierungstiefen von = 4 mm sowie eine Kontrolle der parodontalen und periimplantären Gewebe stehen mit der Kariesprophylaxe im Fokus. Bei schlechter Mundhygiene (O`Leary-Index über 30 Prozent) muss der Patient intensiv motiviert und reinstruiert werden, um das Behandlungsergebnis nicht zu verschlechtern oder sogar zu gefährden.
Das Fallbeispiel
Beim folgenden Fallbeispiel sind die Röntgenaufnahmen mit dem 1,8-fachen und die GOZ-Leistungen mit dem 2,3-fachen Gebührensatz hinterlegt. Die individuellen Material- und Laborkosten (Abformmaterial, Anästhetikum, Haemostyptikum, einartikulierte Studienmodelle) sind zusätzlich berechenbar. Abhängig von der Bruttoumsatzstunde erfolgt die Bemessung der erforderlichen Steigerungsfaktoren. Aufgrund der unveränderten Punktzahlen vieler Gebührenziffern seit 1988 sollte im Vorfeld der Behandlung eine schriftliche Honorarvereinbarung zu einzelnen Gebührenziffern ausgestellt werden.
Der Befund des gesamten Gebisses (Behandlungsplan) ist wie folgt:
Befund: 27 zerstört; 22, 23 Approximalraumkaries; 16, 25, 26, 36 überstehende Füllungsränder; 15,46 überstehende Kronenränder; Parodontitis.
Ziel: Parodontitistherapie, Extraktion 27, Implantation 34,35 und Einzelkronen.
Zähne |
Geb. Nr. |
Anzahl |
Leistung |
Betrag Euro |
Befundung |
||||
Ä6 |
1 |
Vollständige Untersuchung stomatognathes System |
13,41 |
|
Ä1 |
1 |
Beratung kurz |
10,72 |
|
4005 |
1 |
Erhebung mindestens eines Gingivalindex und/oder eines Parodontalindex (z. B. des Parodontalen Screening-Index PSI) |
10,35 |
|
Hygienephase I |
||||
1000 |
1 |
Mundhygienestatus |
25,87 |
|
4050 |
17 |
Entfernung Zahnstein an einem einwurzeligen Zahn oder Implantat |
21,93 |
|
4055 |
7 |
Entfernung Zahnstein an einem mehrwurzeligen Zahn |
11,76 |
|
Ä5000 |
10 |
Zähne, je Projektion |
52,50 |
|
4000 |
1 |
Erstellen und Dokumentieren Parodontalstatus |
20,70 |
|
0060 |
1 |
Abformung und Bissfixierung beider Kiefer |
33,63 |
|
0030 |
1 |
Schriftlicher Heil- und Kostenplan |
25,87 |
|
Hygienephase II |
||||
1010 |
1 |
Kontrolle Übungserfolg |
12,94 |
|
15, 22, 23 |
0090 |
4 |
Infiltrationsanästhesie |
31,04 |
22 |
2030 |
1 |
Besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen |
8,41 |
22 |
2040 |
1 |
Anlegen von Spanngummi |
8,41 |
22, 23 |
2100 |
2 |
Restauration mit Kompositmaterial in Adhäsivtechnik, dreiflächig |
166,10 |
16, 25, 26, 36 |
2130 |
4 |
Kontrolle, Finieren / Polieren einer Restauration |
53,80 |
46 |
0100 |
1 |
Leitungsanästhesie |
9,05 |
15, 46 |
2320 |
2 |
Wiederherstellung Krone |
90,54 |
15 – 46 |
1040 |
24 |
Professionelle Zahnreinigung |
86,88 |
Nicht-chirurgische-Phase I |
||||
37, 47 |
0080 |
2 |
Oberflächenanästhesie |
7,76 |
37 – 47 |
0100 |
2 |
Leitungsanästhesie |
18,10 |
31, 41 |
0090 |
2 |
Infiltrationsanästhesie |
15,52 |
47, 45 – 33 |
4070 |
9 |
Parodontalchirurgische Therapie einwurzeliger Zahn / Implantat, geschlossenes Vorgehen |
116,46 |
46, 36, 37 |
4075 |
3 |
Parodontalchirurgische Therapie mehrwurzeliger Zahn, geschlossenes Vorgehen |
50,46 |
Nicht-chirurgische-Phase II (7 bis 10 Tage später) |
||||
15, 25 |
0080 |
2 |
Oberflächenanästhesie |
7,76 |
15 – 27 |
0090 |
10 |
Infiltrationsanästhesie |
77,60 |
15 – 26 |
4070 |
8 |
Parodontalchirurgische Therapie einwurzeliger Zahn / Implantat, geschlossenes Vorgehen |
103,52 |
16, 14, 24, 26 |
4075 |
4 |
Parodontalchirurgische Therapie mehrwurzeliger Zahn, geschlossenes Vorgehen |
67,28 |
46 – 37 |
4150 |
12 |
Kontrolle / Nachbehandlung nach PAR-Chirurgie |
10,92 |
27 |
3010 |
1 |
Entfernung mehrwurzeliger Zahn |
14,23 |
Wundkontrolle/-behandlung |
||||
16 – 46 |
4150 |
24 |
Kontrolle / Nachbehandlung nach PAR-Chirurgie |
21,84 |
27 |
3300 |
1 |
Nachbehandlung |
8,41 |
Reevaluation nach sechs bis zwölf Wochen |
||||
Ä5 |
1 |
Symptombezogene Untersuchung |
10,72 |
|
Ä1 |
1 |
Kurze Beratung |
10,72 |
|
4000 |
1 |
Erstellen und Dokumentieren Parodontalstatus |
20,70 |
|
4005 |
1 |
Erhebung mindestens eines Gingivalindex und/oder eines Parodontalindex (zum Beispiel des Parodontalen Screening-Index – PSI) |
10,35 |
|
16 – 46 |
4150 |
24 |
Kontrolle / Nachbehandlung nach PAR-Chirurgie |
21,84 |
1010 |
1 |
Kontrolle des Übungserfolges |
12,94 |
|
ggf. Neueinstufung der Zähne, Therapieergänzung, Änderung der prothetischen Planung |
Die Honorarsituation im Überblick
Für das Fallbeispiel ergibt sich ein zahnärztliches Honorar in Höhe von 1.014,11 Euro. Die an entsprechendes Fachpersonal delegierbaren Leistungen (GOZ-Nrn. 4050, 4055, 1000, Ä5000, 1010, 2040, 2130, 1040) belaufen sich auf 287,03 Euro. Somit ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 1.301,14 Euro. Das Ergebnis der Befundung zeigt, ob ein korrektives (offenes) Vorgehen und augmentative bzw. regenerative Therapieschritte erforderlich sind.