30.05.2017·Praxisorganisation Das chirurgische Instrumentarium unter dem Aspekt des Werterhalts aufbereiten ‒ so geht‘s!
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Das chirurgische Instrumentarium unter dem Aspekt des Werterhalts aufbereiten ‒ so geht‘s!
von Marina Nörr-Müller, QMA (TÜV), Beratung und Training medizinischer Behandlungsteams, München
| Das Aufbereiten von Medizinprodukten bzw. chirurgischen Instrumenten steht vordergründig unter dem Aspekt der Hygiene. Dabei sollte jedoch nicht übersehen werden, dass eine fehlerhafte Aufbereitung auch Schaden am Material und damit dem Werterhalt nach sich zieht. Die Lebensdauer eines teuren Instruments kann dadurch erheblich verkürzt werden. Außerdem besteht das Risiko, dass sich die OP-Zeit eines Eingriffs durch den Einsatz funktionseingeschränkter Instrumente verlängert. |
Werkstoffe der Instrumente
Im zahnärztlichen Bereich werden aufgrund der verschiedenen Anwendungen und Belastungen Instrumente aus sehr unterschiedlichen Werkstoffen hergestellt. Aus rostfreien und gehärteten Chromstählen werden Instrumente, Bohrer, Fräsen und Getriebeteile gefertigt. Kunststoffe werden für die Produktion von Griffen und Schläuchen eingesetzt, während unlegierte, manchmal lackierte Stahlbleche für Container und Farbcodierungen geeignet sind. Eloxiertes Aluminium steht wiederum für die Herstellung von Containern oder Gehäusen für Hand- und Winkelstücke an erster Stelle.
Stahl
Chirurgische Instrumente müssen sich durch Zähigkeit, Elastizität, Federhärte, hohe Verschleißbeständigkeit, Korrosionsbeständigkeit und gute Schnitthaltigkeit auszeichnen. Da vornehmlich metallische Werkstoffe diese Zwecke erfüllen, kommen in erster Linie rostbeständige und härtbare Chromstähle zum Einsatz. Um aus Stahl gefertigte Instrumente besser vor Korrosion zu schützen, unterzieht man sie einer speziellen Behandlung (Passivierung). Diese so entstandene „Passivschicht“ darf bei der Aufbereitung nicht beschädigt werden, weil ihre Schutzfunktion sonst eingeschränkt oder aufgehoben ist.
Aluminium
Kassetten oder Container, die als Sammelbehälter bzw. als Sterilgutverpackung dienen, werden meist aus Aluminium hergestellt. Geringes Gewicht bei gleichzeitig besseren Werten im Bezug auf Wärmespeicherfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit geben diesem Material gegenüber verchromtem Stahl den Vorzug. Aluminium jedoch verträgt keinen Umgang mit alkalischen Reinigern, wie sie z. B. im Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG) verwendet werden, und sind daher mit nicht alkalischen Reinigungsmitteln zu behandeln.
Kunststoffe
Hochleistungskunststoffe dienen bei chirurgischen Instrumenten vorwiegend als Werkstoff für Instrumentengriffe. Diese Kunststoffe sind leichtgewichtig und beständig gegenüber Desinfektions- und Sterilisationsvorgängen.
Wichtige Faktoren für eine materialfreundliche Aufbereitung
Für die Aufbereitung unterscheidet man folgende Wasserqualitäten: Rohwasser, enthärtetes Wasser und vollentsalztes Wasser (VE-Wasser).
Rohwasser
Die Qualität von Leitungswasser (Rohwasser) kann hinsichtlich der darin enthaltenen Feststoffe (Mineralien, Metalle, Salze) unterschiedlich sein. Wasser ist für die Aufbereitung um so geeigneter, je niedriger der μS-Wert ist. Es ist weicher, weil weniger Kalk und Salze darin gelöst sind. Die im Wasser enthaltenen Salze sind der Auslöser für Kalkablagerungen und Korrosion. Für die Aufbereitung eignet sich deshalb besonders Wasser mit geringem Feststoffgehalt (= weiches Wasser).
Enthärtetes Wasser
Das Ionenaustauschverfahren ist ein Verfahren der Wasserenthärtung. Hierbei werden dem Wasser Kalzium und Magnesiumionen entzogen und durch Natriumionen ersetzt. Das Ergebnis ist Wasser mit niedriger Härte.
Vollentsalztes Wasser
Vollentsalztes Wasser gilt als Wasser, dem alle gelösten Inhaltsstoffe entzogen wurden. Für die Schlussspülung wird es empfohlen, weil damit Kalkrückstände auf dem Instrumentarium vermieden werden. Relevant ist hier auch die hygienische Komponente, da Kalkablagerungen ein Nährboden für Bakterien sein können.
Chemikalien
Instrumentenreiniger und Desinfektionsmittel enthalten meist aggressive Stoffe, deshalb ist ein gezielter Umgang damit wichtig. Überlange Lagezeiten in Reinigungs- bzw. Desinfektionslösungen können die Werkstoffe angreifen und zudem Korrosion verursachen.
Reinigungsutensilien
Reinigungsutensilien dürfen nicht scheuernd oder kratzend wirken, damit die Oberfläche bzw. die Passivschicht beim mechanischen Reinigen nicht beschädigt wird. Anstelle des früher eingesetzten Metallbürstchens bewähren sich weiche Bürsten.
Pflegemittel
Übertragungsinstrumente müssen, da sie u. a. aus beweglichen Teilen bestehen, nach Herstellerangabe mit geeigneten Ölen behandelt werden. Ebenso brauchen Instrumentengelenke eine entsprechende Pflege. Hierfür eignen sich Öle, die speziell für die Pflege von Instrumenten ausgewiesen sind. Die Pflegemittel dürfen den Erfolg der Sterilisation nicht beeinträchtigen. Die Hinweise zur Anwendung, Häufigkeit und Materialverträglichkeit sind den Herstellerangaben zu entnehmen.
Aufbereitungsschritte
Es folgen Informationen und Praxishinweise zu den Aufbereitungsschritten.
Sammeln bzw. Ablegen der Instrumente
Instrumente sind möglichst zeitnah aufzubereiten. Dafür können chirurgische Instrumente oder Implantatzubehör direkt nach der Behandlung in ein entsprechendes Waschtray einsortiert und anschließend im RDG aufbereitet. Waschtrays haben den Vorteil, dass Beschädigungen aufgrund des hohen Wasserdrucks ‒ z. B. durch Aneinanderreiben ‒ nicht entstehen können. Ist kein Waschtray vorhanden, können die Instrumente bis zum Einsortieren in das RDG in einer Instrumentenwanne trocken liegen.
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Vorreinigen
Das Vorreinigen ist der Arbeitsschritt in der Aufbereitung, bei dem grobe Verunreinigungen wie Zement oder verkrustetes Blut entfernt werden sollen.
PRAXISHINWEIS | Kratzende oder scheuernde Reinigungsmittel oder Reinigungsutensilien können die Oberfläche bzw. die Passivschicht sowie veredelte Instrumententeile beschädigen und sind daher zu vermeiden. Beschädigungen begünstigen die Korrosion und vermindern damit den Werterhalt des Instruments. |
Reinigungs- bzw. Desinfektionsbäder
Medizinprodukte der Risikoklasse kritisch A sind vorzugsweise maschinell aufzubereiten. Medizinprodukte der Risikoklasse B müssen maschinell aufbereitet werden. Dennoch kommen vereinzelt manuelle Verfahren auch bei der Aufbereitung chirurgischer (kritischer) Instrumente zum Einsatz. Trotz einer guten Materialverträglichkeit der Reinigungs- bzw. Desinfektionsmittel können chemische Prozesse bei einem Überschreiten der Einwirkzeiten oder bei überhöhter Dosierung schädlich auf die verschiedenen Werkstoffe einwirken und eine weitere Ursache von Korrosion darstellen.
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Ultraschall
Die Instrumentenreinigung im Ultraschall wird als unterstützende Reinigungsmaßnahme angesehen. Durch die auf die Oberflächen treffenden Schallwellen wird der Schmutz vom Instrument „abgesprengt“. Ob sich ein Instrument für den Einsatz im Ultraschall eignet, lässt sich den Herstellerangaben entnehmen. In der zahnärztlichen Chirurgie sowie der Implantologie wird Ultraschall zur Reinigung von rotierenden und oszillierenden Instrumenten sowie für Implantatzubehör eingesetzt.
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Maschinelle Aufbereitung im RDG
Das RDG wird mit alkalischen Reinigungsmitteln gereinigt. Der hohe Wasserdruck in den Geräten sorgt für eine mechanische Unterstützung des Reinigungsprozesses. Hierbei können jedoch Kleinteile oder zierliche Instrumente ‒ wie z. B. mikrochirurgisches Instrumentarium ‒ bei Fehlpositionierung im RDG beschädigt werden.
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Prüfung und Pflege der Medizinprodukte
Im Anschluss an die Reinigung und Desinfektion wird auf Sauberkeit und Funktionalität geprüft. Das bedeutet auch eine Kontrolle der Funktionalität. In der Funktion eingeschränkte Instrumente können einen Eingriff erheblich beeinträchtigen.
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