15.09.2016·Praxisorganisation Fließende Abläufe in der Chirurgie: Alles ist eine Frage der optimalen Vorbereitung!
·Praxisorganisation
Fließende Abläufe in der Chirurgie: Alles ist eine Frage der optimalen Vorbereitung!
von Marina Nörr-Müller, QMA (TÜV), Beratung und Training medizinischer Behandlungsteams, München
| Die OP-Dauer ist von verschiedenen Faktoren abhängig und somit mehr oder weniger beeinflussbar. Art und Komplexität des Eingriffs, die in der Regel die OP-Zeit bestimmen, ergeben sich aus der Indikation sowie Diagnose und bieten daher wenig Lenkungsspielraum. Selbstredend spielen Erfahrung und Kompetenz des OP-Teams auch eine entscheidende Rolle. Einen wesentlichen negativen Einfluss auf den zeitlichen Umfang haben Verzögerungen, die durch mangelhafte OP-Vorbereitung entstehen. Die Gründe sind vielseitig, lassen sich aber bei Beachtung einiger wichtiger Kriterien in den Griff bekommen. |
Zeitmanagement, Information und Kommunikation
OP-Vorbereitungen laufen nicht selten unter großem Zeitdruck ab. Hauptgrund dafür ist, dass Vorbereitungszeiten in zu kurzem Umfang oder gar nicht bei der Planung berücksichtigt werden. Das kann mitunter an einer zu optimistisch eingeschätzten OP-Dauer des Operateurs liegen. Verständlicherweise geht der Operateur von einem optimalen Ablauf aus und legt somit einen knappen Zeitrahmen fest. Andererseits kann die Ursache auch die Rezeptionskraft sein, die die Terminierung steuert: Sie kann womöglich den zeitlichen Rahmen der Vorbereitungsphase nicht genau einschätzen.
Um den Eingriff gut vorbereiten zu können, müssen detaillierte Informationen vorliegen. Deshalb ist ein Blick in die Patientenunterlagen unerlässlich. Hilfreich ist ein auch OP-Plan, der Informationen zu den Eingriffen eines Tages oder einer Woche enthält. Er könnte z. B. wie folgt aufgebaut sein:
Der gezielte Austausch von Informationen unter den Tätigkeitsbereichen der Zahnarztpraxis ist unerlässlich und lässt sich mit klaren Informationsstrukturen – wie Teambesprechungen oder das Intranet – regeln.
Klare Standards
Klar strukturierte und gelenkte Abläufe sollten in der Chirurgie eine Selbstverständlichkeit sein. Anhand von Checklisten werden alle Vorbereitungsschritte festgelegt und kontrolliert. Damit kann Fehlern und Irrtümern vorgebeugt bzw. ggf. noch rechtzeitig eingeschritten werden. Fotos vollständig vorbereiteter Instrumententische helfen auch weniger erfahrenen Mitarbeiterinnen, die Vorbereitung selbstständig und fehlerfrei zu erledigen. Entscheidend ist jedoch, dass Checklisten oder bildgebende Vorlagen auf dem aktuellen Stand bzw. vollständig sind.
Mitarbeiterschulung
Spezifische Tätigkeiten der OP-Vorbereitung – wie steriles Einkleiden, Vorbereiten eines sterilen Arbeitsfelds oder steriles Abdecken des Patienten – sind Vorgänge, die nicht im Rahmenlehrplan der Ausbildung zur ZFA verankert sind. Sie müssen daher sowohl theoretisch als auch praktisch in der implantologisch orientierten Zahnarztpraxis den Mitarbeiterinnen vermittelt werden. Erfahrene Kräfte sollten sich um den chirurgischen Nachwuchs kümmern.
Bei der Einarbeitung reicht die theoretische Erläuterung nicht immer aus. Trockenübungen für das Anlegen der sterilen OP-Handschuhe, des sterilen OP-Kittels oder der Umgang mit der sterilen Patientenabdeckung bringen Sicherheit für die Realsituation, die sich dann zeitsparender und flüssiger gestalten lässt. Idealerweise sind in einer chirurgischen Zahnarztpraxis mehrere Mitarbeiterinnen mit der OP-Vorbereitung vertraut, damit es im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht zu Engpässen bei Operationen kommt.
Klare Aufgabenverteilung
Für reibungslose Abläufe sorgt auch eine klare Aufgabenverteilung. Es versteht sich von selbst, dass die sterile Assistenz die aseptischen Vorbereitungsmaßnahmen und das Assistieren übernimmt, die unsterile Assistenz hingegen für das Zureichen der Sterilgüter zuständig ist. Weitere Tätigkeiten wie z. B. die Patientenbetreuung, die Reinigung und Desinfektion des Behandlungszimmers, die Entsorgung der verwendeten Instrumente und Materialien sowie postoperative Röntgenaufnahmen können sowohl von der sterilen als auch von der unsterilen Assistenz übernommen werden. Hier ist konkret festzulegen, wer wofür zuständig ist. Damit lassen sich zusätzliche Absprachen vor oder nach dem Eingriff vermeiden oder gar verhindern, dass Arbeiten unerledigt bleiben oder doppelt verrichtet werden.
Geräte und Instrumente
Es ist besonders ärgerlich, wenn ein Eingriff damit beginnt, dass der Operateur ein Gerät bedienen will und dieses keine Reaktion zeigt. Welche Assistenz hat es noch nicht erlebt, dass der Operateur den Anlasser des Chirurgiemotors bedient und dieser sich nicht bewegt. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, sämtliche zum Einsatz kommenden Geräte vor OP-Beginn zu prüfen. Schadhafte Instrumente – wie z. B. stumpfe Scheren oder Fräsen – können den OP-Verlauf erheblich beeinträchtigen und zu Verzug führen, da diese dann intraoperativ ausgewechselt werden müssen. Besonders verhängnisvoll ist es, wenn das Ersatzinstrument nicht sofort oder gar nicht verfügbar ist. Daher muss bereits beim Aufbereiten der Medizinprodukte darauf geachtet werden, dass nur makelloses Instrumentarium zur Sterilisation kommt.
Die Materialien
Das Materialmanagement in der chirurgischen bzw. implantologischen Zahnarztpraxis stellt besonders hohe Anforderungen an die verantwortliche Mitarbeiterin. Das liegt einerseits daran, dass die chirurgischen Materialien meist sehr teuer sind, andererseits aber auch einer Ablauffrist der Sterilität unterliegen.
Um zu vermeiden, dass sich unnötig viele sterile Medizinprodukte im Warenlager häufen, die dann womöglich nicht rechtzeitig aufgebraucht werden, oder bei Eingriffen wichtige Materialien nicht in ausreichender Menge verfügbar sind, ist ein gut austariertes Materialwirtschaftssystem zu etablieren. Das verlangt Routine sowie ein strukturiertes Vorgehen. Bestellungen sollten so rechtzeitig erfolgen, damit im Falle einer Fehllieferung ein Umtausch möglich ist. Vor jedem Eingriff ist darüber hinaus separat zu prüfen, ob alle notwendigen Materialien bzw. Implantate in ausreichender Menge und in gewünschter Form in der Praxis vorrätig sind.
Neben einem funktionierenden Bestellwesen ist der sachgerechte Umgang mit den Medizinprodukten entscheidend und damit auch ein wichtiger Bestandteil des Materialmanagements. Herstellerangaben zur Lagerung, der sachgerechten Anwendung sowie dem aseptischen Umgang sind daher unbedingt zu beachten. Unachtsamkeit beim Öffnen der Sterilverpackung kann die Asepsis gefährden bzw. dazu führen, dass der Inhalt unsteril wird. Das könnte zur Konsequenz haben, dass der geplante Materialbestand für das vorgesehene OP-Programm nicht ausreicht.
Genauso sollten Sterilgüter nicht ohne konkrete Vorgabe geöffnet werden, da es sich in der Regel um Einwegprodukte handelt, die in der Praxis nicht aufbereitet werden können und damit verworfen werden müssen. Für den Eingriff ist entscheidend, dass die richtigen Materialien steril und unversehrt vorhanden sind und entsprechend der Herstellerangaben angewandt werden können.
Der Patient
Einen Teil der OP-Vorbereitung macht die Vorbereitung des Patienten aus. Dazu gehören medizinische bzw. hygienische Maßnahmen am Patienten selbst – wie die Anästhesie oder die orale Antiseptik, extraorale Hautdesinfektion sowie die sterile Abdeckung. Alle diese Maßnahmen nehmen Zeit in Anspruch, die bei der Terminierung zu berücksichtigen ist. Rechtzeitig vor dem Beginn der OP – im Idealfall am Tag vorher – sollten die Patientenunterlagen wie die Anamnese, Untersuchungsergebnisse, das schriftliche Einverständnis und Honorarvereinbarungen geprüft werden. Kommt es hier zu Versäumnissen, kann das die Verschiebung oder gar den Ausfall des Eingriffs bedeuten.
Weiterführender Hinweis
- Die folgende Checkliste „Standard-OP-Vorbereitung Implantation“ können Sie auf der PI-Website (pi.iww.de) im Download-Bereich unter der Rubrik „Arbeitshilfen“aufrufen und in Ihrer Praxis verwenden.a
Checkliste / Standard-OP-Vorbereitung Implantation |
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Arbeitsschritte |
Anmerkungen |
Verantwortung |
Vorbereitung Personal |
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Mundschutz muss eng anliegen OP-Haube muss alle Kopfhaare bedecken |
Sterile und unsterile Assistenz |
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Einwirkzeit beachten! |
Sterile und unsterile Assistenz |
Vorbereitung Behandlungsraum |
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Schutzhandschuhe anlegen Oberflächen müssen gut mit Desinfektionsmittel benetzt sein |
Sterile und unsterile Assistenz |
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Sterile und unsterile Assistenz |
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Hygienische Vorbereitung Personal |
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Einwirkzeit beachten! |
Unsterile Assistenz |
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Einwirkzeit beachten! |
Sterile Assistenz |
Vorbereiten des sterilen Arbeitsfeldes |
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Verpackung auf Unversehrtheit und Sterilität überprüfen |
Unsterile Assistenz |
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Unsterile Assistenz hilft beim Verschließen |
Sterile und unsterile Assistenz |
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Auf steriles Vorgehen achten |
Sterile Assistenz |
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Beim Verwenden der Halterung des Absaugschlauches muss diese mit einer sterilen Folie abgeklebt werden. |
Sterile und unsterile Assistenz |
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Sterile Assistenz |
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Kanüle unter Berücksichtigung der Sterilität in die NaCl-Flasche einstechen; Schlauchvorrichtung in die Pumpe einlegen; anschließend: Funktionsprüfung! |
Unsterile Assistenz |
Vorbereitung Patient |
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Das Einspritzen der Lokalanästhesie erfolgt wenn möglich in einem zweiten Behandlungszimmer – der Patient sollte bereits eine OP-Haube tragen! |
Unsterile Assistenz |
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Mund-Nase-Kinn mit einem in geeignetem Hautdesinfektionsmittel getränktem Tupfer desinfizieren, 3 x wiederholen |
Sterile Assistenz |
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Herstellerangaben beachten |
Sterile Assistenz |
Vorbereitung Operateur |
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Mundschutz muss fest anliegen, OP-Haube muss alle Kopfhaare bedecken |
Operateur |
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Einwirkzeit beachten! |
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Ggf. hilft sterile Assistenz beim Anlegen des OP-Mantels Unsterile Assistenz hilft beim Verschließen |
Operateur, sterile und unsterile Assistenz |
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Ggf. hilft sterile Assistenz beim Anlegen der OP-Handschuhe |
Operateur und sterile Assistenz |