Werben, bis der Arzt kommt
Messaging, Unterhaltung, Social Media oder Shopping – besonders bei jungen Zielgruppen im Alter zwischen 14 und 40 Jahren spielt sich ein immer größer werdender Teil des Lebens in der digitalen Welt ab. Wer dennoch meint, dass Krankenhäuser oder Fachärzte nichts in den sozialen Medien zu suchen haben oder Sorge hat, gegen Werbeverbote zu verstoßen, der irrt.
von Cia Kleffmann, c/o SIXROOMS, München
https://sixrooms.de/
Warum die Gesundheitsbranche von starker Kundenbindung und optimiertem Onlinemarketing profitiert
Noch gar nicht so lange ist es her, dass Arzte und Kliniken als Götter in Weiß über jeden Zweifel erhaben waren. Doch in Zeiten von Jameda & Co. wird jede Gesundheitsleistung gläsern und Menschen bewerten ohne Hindernisse die Praxisorganisation, Freundlichkeit des Personals und Behandlungserfolg. Je digitaler die Welt, desto größer der Nachholbedarf in der Gesundheitsbranche bei der Einbindung von Internetanwendungen in den Arbeitsalltag. Ausgerechnet bei Kundenbindung und Onlinemarketing kommen Mediziner nicht so recht in die Gänge. Patienten gibt es viele, doch wie setzen Ärzte ihre Dienstleistungen attraktiv in Szene und heben sich von der Konkurrenz ab?
Kundenbindung 2.0
Während bis vor 20 Jahren noch die Mund-zu-Mund-Propaganda das gebräuchlichste und effektivste Werbemittel war, tauschen sich heute immer weniger Betroffene direkt miteinander aus. Wusste früher der Nachbar von einem guten Chirurgen oder die Arbeitskollegin von einem zuverlässigen Zahnarzt, reichte eine Nachfrage aus, um die Telefonnummer zu erfahren. Inzwischen hat das Internet nicht nur in städtischen Gebieten die Funktion des Dorffunks übernommen. Hier reichen ein paar Klicks, um medizinische Angebote wie Ärzte, Physiotherapeuten oder Reha-Kliniken in der näheren Umgebung zu finden – Bewertungen früherer Patienten gibt es bei den großen Suchmaschinen gratis dazu.
Berücksichtigt man bei diesen Überlegungen noch Angebote wie beispielsweise jameda.de, bei denen Menschen ganz konkret nach Medizinern suchen und im Anschluss über Entfernungen und positive Bewertungen Erfahrungen anderer direkt miteinander vergleichen können, sollte jedem klar sein, wohin die aktuelle Situation führt: Es kommt heutzutage nicht mehr ausschließlich darauf an, Patienten einmal von seinen Leistungen zu überzeugen.
Verbraucher – und als solche sehen sich Ratsuchende immer häufiger – möchten immer wieder gewonnen werden. Im Falle von enttäuschenden Leistungen, langen Wartezeiten oder wortkargen Angestellten suchen sie sich schnell einen anderen Arzt – und hinterlassen in öffentlich einsehbaren Portalen direkt eine negative Bewertung. Wer im Internet also nicht stattfindet – beispielsweise mangels Homepage –, der operiert an der Zielgruppe vorbei.
Denn nicht nur die Kunden unter 40 Jahren orientieren sich an den Kommentaren anderer User, sondern auch Menschen bis 49 Jahre nutzen diese Möglichkeit der Informationsbeschaffung häufig. Ältere erhalten gerade in Gesundheitsfragen oft Unterstützung von jüngeren Angehörigen, auch hier haben Gesundheitsunternehmen es mit den sogenannten Digital Natives zu tun. Wer sich also zumindest mit Kontaktdaten und Leistungskatalog auf einer eigenen Homepage präsentiert und damit auch von Suchmaschinen zu finden ist, hat schon einen großen Schritt in Richtung Moderne getan.
Alles digital?
Wer eine frische und moderne Homepage hat und auf Empfehlungsportalen regelmäßig auf Bewertungen antwortet sowie die Daten aktualisiert, sollte im nächsten Schritt die Sozialen Medien ins Visier nehmen. Diese besitzen heutzutage nicht nur einen wichtigen Status für die Kundenbindung und die Informationsbeschaffung, sondern ermöglichen auch auf die denkbare einfachste Weise das Erstellen von Werbung – auch für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte.
Social-Media- oder Content-Marketing eröffnen viele Möglichkeiten, um auf die eigene Praxis, eine neue Behandlungsmethode oder Standortmodernisierung aufmerksam zu machen. Dies umso mehr, seitdem 2012 das Heilmittelwerbegesetz reformiert wurde. Wichtig: Authentizität ist das Stichwort. Beispielsweise erlaubt der Gesetzgeber inzwischen sogenannte Patienten- und Anwendungsgeschichten, die in objektiver Erzählweise den Leidensweg von Betroffenen darstellen sowie die schließlich erfolgte Diagnostik und Behandlung.
Das sogenannte „Weißkittelgesetz“ ist ebenfalls Geschichte, also können Ärzte auf dem eigenen Facebook- oder Instagram-Kanal einen direkten Einblick in den Praxisalltag geben, Mitarbeiter vorstellen, Geburtstage feiern und zu fachlichen Artikeln oder Veröffentlichungen in Publikumsmedien verlinken. Dabei sollte natürlich das Recht der einzelnen Mitarbeiter respektiert werden, an solchen Projekten nicht teilnehmen zu wollen. Freizeit und Urlaubsthemen (bis auf Praxisurlaub) sollten tabu bleiben, aber ansonsten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Eventuell ist eine*r der Angestellten bereits auf den Sozialen Medien tätig und mag in Abstimmung mit Chef oder Chefin die Rolle des Social-Media-Beauftragten übernehmen.
Neue Mitarbeiter online begeistern
Onlinemarketing und Social Media – ein Terrain, das nicht nur viele Möglichkeiten für Kundenbindung und allgemeine Werbung bietet, sondern auch für die Suche nach neuen Mitarbeitern. Medizinische Berufe stehen bei Schulabgängern nicht mehr so hoch im Kurs wie noch vor 20 oder 30 Jahren, also müssen freie Stellen und Ausbildungsplätze dort angeboten werden, wo die Zielgruppe ihre Freizeit verbringt. Facebook nutzen inzwischen wenig Jugendliche, dafür ist das Portal bei Personen ab Ende 20 beliebt. Bei Instagram tummeln sich dagegen zukünftige Auszubildende, die auf ihrem Kanal der Wahl beispielsweise mit Informationen zum Unternehmen, den angebotenen Lehrberufen und möglichen Weiterbildungen versorgt werden können.
Wer eine gut gepflegte und sympathisch wirkende Homepage hat, der kann hier ohne Weiteres Stellenannoncen einbinden und zu den Sozialen Medien nur einen Link setzen: Schon klicken sich potenzielle Bewerber durch die eigene Webseite und machen sich mit der Praxis oder dem Krankhaus vertraut. Auf denkbar einfache Weise lassen sich so neue Azubis, Laborangestellte und MTAs finden. Schnell ist ein entsprechender Beitrag bei Facebook & co. erstellt, der für wenig Geld als Anzeige auf den Sozialen Medien ausgespielt werden kann.
Mit circa 200 Euro und einer passenden Verschlagwortung erreichen Arbeitgeber im regionalen Umfeld schnell eine große Zahl an möglichen Bewerbern. Auch bei wenig Followern erreichen Unternehmen auf diese Weise maximale Aufmerksamkeit.