Abrechnung

Droht Gewerbesteuer bei freiberuflicher Tätigkeit und dem Einbehalt von Rabatten?

03.09.2010 |Steuern

Droht Gewerbesteuer bei freiberuflicher Tätigkeit und dem Einbehalt von Rabatten?

Das Bundesverfassungsgericht hat am 25. März 2009 entschieden, dass Ärzte und Zahnärzte Preisnachlässe an Patienten weitergeben müssen (Az: 8 C 1/09; Abruf-Nr. 092253). Das Gericht begründete dies damit, dass das Verbot der Annahme wirtschaftlicher Vergünstigungen auf sachgemäßen Erwägungen des Gemeinwohls beruhe. Es solle dadurch gewährleistet sein, dass der Zahnarzt sich nur von medizinischen Erwägungen im Interesse der Patienten leiten lasse.  

 

Doch wie steht es um die Gewerbesteuerpflicht, wenn Implantate dennoch nicht zum rabattierten Preis weiterberechnet werden? Welche Gefahr droht bei Betriebsprüfungen? 

 

Beispiel: Einkauf von Implantaten mit 30 Prozent Rabatt

Ein Zahnarzt kauft Implantate mit einem Rabatt von 30 Prozent und verkauft diese im Rahmen seiner freiberuflichen Zahnarzttätigkeit zum vollen Preis, so dass er den Rabatt als eigenen Gewinn zurückbehält. In diesem Fall sind folgende Fragen zu klären: 

 

1. Fallen diese Rabatte unter die freiberufliche Zahnarzttätigkeit oder stellen sie gewerbliche Einkünfte dar?
2. Sollte der Handel mit Implantaten gewerbliche Einkünfte hervorrufen: Hat dies Auswirkungen auf die Zahnarzttätigkeit?
3. Es ist zu prüfen, ob die unter 1. und 2. genannten Auswirkungen bei den Praxisformen unterschiedlich zu behandeln sind.

 

Zu 1.: Die Einkünfte aus der Tätigkeit als Zahnarzt sind als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit zu qualifizieren. Die Abgrenzung zu gewerblichen Einkünften ist vor allem deshalb von besonderer Bedeutung, weil die freiberuflichen Einkünfte im Gegensatz zu gewerblichen Einkünften nicht der Gewerbesteuer unterliegen. 

 

Zu 2.: Als Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten anzusehen. Dabei schließt eine zahnärztliche Heilbehandlung als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit die Herstellung zahnprothetischer Produkte ein. Liefert ein Zahnarzt zahnprothetische Produkte im Rahmen seiner Tätigkeit als Zahnarzt, so führt dies nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit. Anders ist dies zu beurteilen, wenn der Zahnarzt mit zahnprothetischen Produkten auch handelt und diese nicht im Rahmen seiner Zahnarzttätigkeit „verarbeitet“, sondern an Dritte veräußert. Dieser Handel führt zu gewerblichen Einkünften.  

 

Zu 3.: In Bezug auf die Gewerbesteuerpflicht ist bei der Tätigkeit als Zahnarzt zwischen den folgenden Praxisformen zu unterscheiden: 

 

  • Einzelpraxis: Soweit gewerbliche Einkünfte vorliegen und diese im Rahmen einer freiberuflichen zahnärztlichen Tätigkeit von dieser eindeutig getrennt werden können, ist die Trennung vorzunehmen.

 

  • Als Berufsausübungsgemeinschaft gelten die Gemeinschaftspraxis, die Partnerschaftsgesellschaft und die Zahnärztegesellschaft. Werden neben zahnärztlichen (freiberuflichen) Leistungen auch originär gewerbliche Leistungen erbracht, wie zum Beispiel der Verkauf von Mundpflegeartikeln, so kommt es zu einer gewerblichen Infektion der zahnärztlichen Leistungen mit der Folge, dass die beteiligten Zahnärzte mit ihrer Praxis insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, auf die Gewerbesteuer entfällt.

Keine Infizierung bei geringfügigen gewerblichen Einkünften

Bei einem äußerst geringfügigen Anteil gewerblicher Einkünfte an den Gesamtumsätzen einer freiberuflichen GbR greift allerdings nicht diese Abfärbetheorie. Dies geht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. August 1999 (Az: XI R 12/98; Abruf-Nr. 101603 unter www.iww.de) hervor.  

 

Im Urteilsfall hatte eine Gemeinschaftspraxis für Krankengymnastik beim Gesamtumsatz von 510.000 DM Einnahmen aus dem Verkauf von Nackenkissen und Cremes in Höhe von 6.500 DM erzielt. Das Finanzamt qualifizierte alle Einkünfte als gewerblich. Der BFH lehnte die Auffassung des Finanzamts jedoch ab und begründete dies mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach müssten Mittel und Zweck im angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Im Streitfall beliefen sich die Anteile der Warenverkäufe auf 1,25 Prozent der gesamten Umsätze. 

 

Fazit: Bestehen gewerbliche Einkünfte oberhalb von 1,25 Prozent des Gesamtumsatzes, so existiert die Gefahr der Infizierung der freiberuflichen Einnahmen mit der Gewerbesteuerpflicht! 

Vermeidung durch Ausgliederung gewerblicher Tätigkeit?

Bei höherem Umsatzanteil könnte die gewerbliche Infizierung mit der Abfärbung auf die sonst freiberuflichen Einkünfte vermieden werden, indem der Handel mit Implantaten auf eine andere Gesellschaft ausgegliedert wird, die zwar selbst gewerbliche Einkünfte erzielt, aber dann die freiberuflichen Einkünfte der Gesellschafter – außerhalb der Gesellschaft – nicht infiziert. 

Rabatte unbedingt weitergeben!

Dentale Implantate unterliegen als Medizinprodukte dem Heilmittelwerberecht. Somit kann nur empfohlen werden, Herstellerrabatte auf berechenbare Materialien an den Patienten weiterzugeben. Dies gilt sowohl im vertrags- als auch privatzahnärztlichen Bereich.