Praxisführung

Bereitschaftsdienst: Vom Dienst befreit, aber nicht von den Kosten

Privatärzte, die aus Altersgründen von der Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit sind, müssen sich dennoch an dessen Kosten beteiligen. Das kann auch über eine Pauschale erfolgen.

von Daniela Groove,
Rechtsanwältin bei Ecovis in München

Müssen sich Privatärzte am Bereitschaftsdienst der Kassenärzte beteiligen?

Ein 72-jähriger Arzt mit einer rein privatärztlichen Praxis war auf Antrag von der Teilnahmepflicht am Ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit. Er musste sich jedoch weiterhin an den Kosten des Bereitschaftsdiensts beteiligen und jedes Quartal eine Pauschale von 750 Euro bezahlen.

Gegen die Zahlung legte der Arzt Widerspruch ein und begründete diesen so: Die Finanzierung des Bereitschaftsdienstes erfolge grundsätzlich über einen Abzug von den im Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachten und abgerechneten Leistungen. Erst wenn diese Finanzierung nicht ausreiche, werde zusätzlich ein pauschaler Betrag erhoben. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) könne sich nicht darauf berufen, dass das Defizit nach den bisherigen Erfahrungen der Regelfall sei. Über die Festlegung einer Pauschale sei ihm zudem jegliche Überprüfungsmöglichkeit entzogen.

Die KV wies den Widerspruch zurück. Sie war der Meinung, dass Privatärzte laut hessischem Heilberufsgesetz und der Bereitschaftsdienstordnung verpflichtend seien, sich an den Kosten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu beteiligen. Eine Möglichkeit der Befreiung von der Kostenbeteiligung bestehe nach diesen Vorschriften nicht.

Der Arzt klagte gegen den Widerspruchsbescheid. Die Bereitschaftsdienstordnung sehe eine Kostenbeteiligung der Privatärzte nur für diejenigen vor, die am Bereitschaftsdienst teilnähmen und nicht für diejenigen, die hiervon befreit seien wie er (§ 8 Abs. 3). Außerdem sei auch die Erhebung einer Pauschale von 750 Euro nicht rechtens.

Beitragspflicht ja, aber in welcher Höhe?

Der Fall landete beim Sozialgericht Marburg. Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab und bestätigte, dass sich der Arzt grundsätzlich und auch in Form einer Pauschale am Ärztlichen Bereitschaftsdienst beteiligen muss (Urteil vom 08.06.2020, S 12 KA 304/19). Dass sich auch Privatärzte zum Bereitschaftsdienst der KV heranziehen lassen, hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits 2013 bestätigt (Az. 3 B 35.13). Nach denselben Grundsätzen muss die KV, so das Sozialgericht, auch Beiträge für den Bereitschaftsdienst von Privatärzten verlangen können.

Das sollten Ärzte wissen

Das Gericht betrachtete es allerdings in der Urteilsbegründung als fragwürdig, ob die Höhe des Beitrags mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist. Denn bei dessen Bemessung sind die Umsätze der Vertragsärzte aus der privatärztlichen Tätigkeit nicht heranzuziehen, während hingegen Privatärzte die Beiträge komplett aus eben diesen Umsätzen finanzieren müssen. Diese Frage blieb aber offen, da der Kläger sie nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hatte – mit einer zweiten Runde vor Gericht ist also zu rechnen.