Recht

Equal Pay ist keine Sache der Verhandlung – Bundesarbeitsgericht fällt Meilenstein-Entscheidung

Der hat eben besser verhandelt“ – so können Arbeitgeber nicht mehr argumentieren. Eine Frau hat nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts auch dann einen Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit, wenn der männliche Kollege sein Gehalt besser verhandelt hat.

von Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht VDAA*), Köln

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass ein Abweichen vom Grundsatz der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit nur aufgrund besseren Verhandlungsgeschicks nicht rechtswirskam ist. Der Klägerin wurde neben einer Gehaltsnachzahlung in Höhe von 14.500 Euro ebenso eine Entschädigungssumme über 2.000 Euro zugesprochen.

Die Frau war seit 2017 im Unternehmen beschäftigt und erhielt als Grundgehalt 3.500 Euro brutto. Neben ihr waren zwei männliche Kollegen beschäftigt, einer davon ebenfalls seit dem Jahre 2017. Der männliche Kollege hatte hingegen – anders als die Klägerin – ein Grundgehalt von 3.500 Euro brutto abgelehnt, weshalb sich im Arbeitsvertrag auf 4.500 Euro brutto geeinigt wurde. Die Mitarbeiterin begehrte daraufhin die Zahlung des Differenzbetrages – zunächst erfolglos vor dem LAG Sachsen, welches die ungleiche Bezahlung aus Gründen der Mitarbeitergewinnung als objektives Kriterium für das Unternehmen für gerechtfertigt hielt.

BAG erkennt Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts

Nach eingelegter Revision hatte das Bundesarbeitsgericht sich nun mit dem Fall zu beschäftigen – und gab der Klägerin Recht. Sie sei aufgrund ihres Status als Frau benachteiligt worden, weil ihr trotz gleicher Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt gezahlt worden sei. Sie habe deshalb einen Anspruch auf das gleiche Grundgehalt wie ihr männlicher Kollege, mit dem sie sich vergleichen könne.

Das niedrigere Gehalt für gleiche Arbeit begründe die Vermutung nach § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Die Argumentation seitens des beklagten Unternehmens, der männliche Kollege hätte schlicht besser verhandelt, konnte die Vermutung für die Richter am BAG nicht widerlegen. Einer gleichermaßen qualifizierten und erfahrenen Mitarbeiterin muss das gleiche Gehalt zugestanden werden.

[!] Gut zu wissen: Ein Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts und damit Equal Pay sind im AGG, im Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt. Nur objektive, geschlechtsneutrale Gründe wie Qualifikation oder Berufserfahrung können bei gleicher Tätigkeit eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen.

Laut Statistischem Bundesamt erhielten Frauen 2022 durchschnittlich einen Bruttostundenverdienst von 20,05 Euro, Männer von 24,36 Euro. Nur einen Teil der Lohnlücke erklärte das Statistikamt mit höheren Teilzeitquoten und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen.

Bundesarbeitsgericht, 16.01.2023 – 8 AZR 450/21

* Der Autor ist Mitglied des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e.V.