Recht

Gericht: Ärzte-Siegel im „Focus“ sind irreführend

Die Ärztesiegel „TOP Mediziner“ und „Empfohlener Arzt in der Region“ des Nachrichtenmagazins Focus sind irreführend – und darum zu unterlassen. Zu diesem Urteil kam das Landgericht München I.

Die 4. Kammer für Handelssachen hat der Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale hinsichtlich der Verleihung und Publizierung sog. „Ärzte-Siegel“ gegen den Burda-Verlag stattgegeben. Die Wettbewerbszentrale beanstandete, dass der Verlag Siegel gegen Entgelt an Ärztinnen und Ärzte verleiht, die diese als sogenannte „Top Mediziner“ bzw. „Focus Empfehlung“ auszeichnen.

Prüfsiegel ohne neutrale Prüfung?

Einmal im Jahr erscheint bei der Beklagten das Magazin „FOCUS Gesundheit“ unter dem Titel „Ärzteliste“. Gegen eine Lizenz in Höhe von rund 2.000 netto erhalten Ärzte ein Siegel unter der Rubrik „FOCUS EMPFEHLUNG“, das sie sodann werbend benutzen können und dies auch (unter Angabe der Fachrichtung bzw. des Landkreises) tun. Die gegen Bezahlung der nicht unerheblichen sog. „Lizenzgebühr“ vergebenen Siegel haben die Aufmachung eines Prüfzeichens.

Der Verlag verstößt durch die Vergabe der Siegel, die nach Angaben des Verlags von den Ärzten werblich genutzt werden können und sollen, gegen das Verbot der Irreführung: Mit den Siegeln wird der Eindruck erweckt, dass die Ärzte, die als „TOP-Mediziner“ bezeichnet bzw. als „FOCUS-Empfehlung“ angepriesen werden, aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet wurden und dadurch eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplin einnehmen.

Gericht: Mögliche Patienten erwarten neutrale und sachgerechte Prüfung

Hierzu führt das Münchner Landgericht aus: Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Siegel, die von der Beklagten lizenziert werden, ähnlich wie Prüfsiegel der Stiftung Warentest auffassen und davon ausgehen, die betreffenden Ärzte seien aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden. Nach der Lebenserfahrung habe der Hinweis auf ein Prüfzeichen für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers eine erhebliche Bedeutung. Der Verbraucher erwarte, dass ein mit einem Prüfzeichen versehenes Produkt oder eine Dienstleistung von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft wurde und bestimmte, von ihm für die Güte und Brauchbarkeit der Ware als wesentlich angesehener Eigenschaften aufweisen.

Tatsächlich sei es aber so, dass sich die Qualität ärztlicher Dienstleistungen nicht mit Messgeräten im Testlabor ermitteln und vergleichen lasse. Vielmehr seien Kriterien dabei, die auf ausschließlich subjektiven Elementen beruhten, wie z.B. die Kollegenempfehlung oder die Patientenzufriedenheit.

[!] Die Wettbewerbswidrigkeit der Prüfsiegel ergibt daraus, dass in irreführender Weise der Bereich des redaktionellen, wertenden Beitrags verlassen und der Eindruck erweckt wird, es finde eine Bewertung nach objektiven Kriterien statt.

Landgericht München I, 13.02.2023 – 4 HKO 14545/21
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.