30.06.2017·Implantatprothetik Verblendete Zirkoniumdioxid-Gerüste – ein besonders techniksensitives Versorgungskonzept
·Implantatprothetik
Verblendete Zirkoniumdioxid-Gerüste – ein besonders techniksensitives Versorgungskonzept
von Wolfgang Schmid, Berlin
| Verblendete Zirkoniumdioxid-Gerüste stellen ein besonders techniksensitives Versorgungskonzept dar. Eine aktuelle Untersuchung am Universitätsklinikum Freiburg stellte bei den Restaurationen hohe Komplikationsraten fest. Zwei Vorträge auf dem Jahreskongress der Deutsche Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien e.V. (DGPro) in Gießen zeigten aber auch: Trotz der hohen Komplikationsrate waren die Patienten mit dem Versorgungskonzept nachhaltig zufrieden. |
Erfolgsrate nach fünf Jahren: gerade mal 38,5 Prozent
Am Universitätsklinikum Freiburg untersuchte Benedikt Christopher Spies die Erfolgs- und Überlebensrate vollkeramischer dreigliedriger Brücken zur Versorgung einteiliger keramischer Implantate fünf Jahre nach Implantatinsertion. Die Patienten wurden in der Molaren- oder Prämolarenregion mit je zwei keramischen Implantaten versorgt.
Die Brücken-Gerüste wurden im CAD/CAM-Verfahren nach einem optischen Modellscan hergestellt. Nach subtraktiver Verarbeitung aus vorgesinterten Y-TZP-Blöcken und dem anschließenden Sintervorgang wurden die Gerüste im Pressverfahren mit einer fluorapatitverstärkten Keramik verblendet. Alle Restaurationen wurden adhäsiv zementiert.
Brücken mit kleinflächigen Verblendungsfrakturen oder Rauigkeiten (durch Politur zu korrigieren), taktil sondierbaren Restaurationsrändern, geringfügiger Über-/Unterkonturierung und minimalen Farbabweichungen wurden als erfolgreich bewertet. Im Fall ausgeprägter Mängel, die jedoch in situ und ohne die Notwendigkeit einer Neuanfertigung korrigiert werden konnten, wurde eine Brücke als überlebend gewertet.
Alle 13 Patienten wurden über 61,8 ± 1,1 Monate nach der Implantatinsertion nachuntersucht (53,6 ± 3,1 Monate nach Eingliederung der Brücken). Die Überlebensrate der Brücken betrug 100 Prozent. Bei 7 von 13 Brücken wurde eine Verblendungsfraktur festgestellt, während alle Versorgungen Rauigkeiten und 12 von 13 Brücken geringfügige Über-/Unterkonturierungen aufwiesen. Aufgrund der beobachteten technischen Komplikationen lag die Fünf-Jahres-Erfolgsrate bei 38,5 Prozent. Die Zufriedenheit der Patienten war aber dennoch hoch.
Chipping – generelles Problem, besonders bei ZrO2-Gerüsten
Über ähnlich schlechte Prognosen für verblendete implantat- und zahn/implantatgestützte Brücken aus verschiedenen Gerüstwerkstoffen berichtete André Meyer vom Universitätsklinikum Heidelberg. Er untersuchte die Daten von 334 Patienten (42,8 Prozent Männer, Durchschnittsalter 61,7 Jahre), die mit 436 Brücken versorgt waren und mindestens eine Kontrolluntersuchung aufwiesen. Davon waren 214 Brücken rein implantatgestützte Endpfeilerbrücken, 66 implantatgestützte Freiendbrücken sowie 156 Brücken kombiniert zahn/implantatgestützt. Bei 226 Brücken handelte es sich um vollverblendete EM-Brücken, 36 Brücken hatten CoCr-Gerüste, wovon nur zwei Brücken nicht verblendet waren. Dem standen 174 Zirkonoxidkeramikbrücken gegenüber, von denen 42 Brücken vollverblendet, 63 nur vestibulär verblendet und weitere 69 monolithisch hergestellt waren.
Während des Beobachtungszeitraums von bis zu 12,6 Jahren (Mittelwert: 3,9 Jahre) gingen 17 Brücken verloren. Ursächlich waren Implantatverluste (n = 6), Verlust eines Pfeilerzahns (n = 5), ausgedehntes Chipping (n = 5) sowie eine Abutmentlockerung (n = 1). Damit betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren 95 Prozent und nach zehn Jahren 90 Prozent, ohne dass signifikante Risikofaktoren zu isolieren waren.
Risikoanalyse: Es liegt ganz klar am Material!
Als schwerwiegendste Komplikation wurde bei insgesamt 61 Brücken ein Chipping festgestellt, was die Erfolgswahrscheinlichkeit – definiert als Überleben ohne Komplikation – der Brücken gegenüber der Überlebensrate deutlich absinken ließ. Vollverblendete Zirkondioxidbrücken wiesen das höchste Chippingrisiko auf (40 Prozent nach fünf Jahren), gefolgt von verblendeten Edelmetallbrücken (18 Prozent nach fünf Jahren). Dagegen lag die Häufigkeit von Keramikabplatzungen bei allen anderen Materialien (NEM, Zirkondioxid monolithisch und teilverblendet) unter 10 Prozent.
In der Regressionsanalyse der Risikofaktoren zeigte sich die Materialauswahl als größter Risikofaktor (Odds Ratio >7), während andere Faktoren – wie das Geschlecht, die Lokalisation, Implantat versus zahn-/implantatgestützt und die Anzahl der Brückenglieder – nicht signifikant unterschiedlich ausfielen.
PRAXISHINWEIS | Vollkeramische und metallbasierte Implantatbrücken haben hohe Überlebensraten. Zur Komplikationsprophylaxe sollte auf die okklusale Verblendung verzichtet werden. Dabei erfüllen monolithische und ausschließlich vestibulär verblendete Zirkonoxidbrücken die Kriterien biomechanische Belastbarkeit und ästhetische Ansprüche am besten. |
Quellen
- Spies B C. Erfolgs- und Überlebensrate verblendeter vollkeramischer Brücken zur Versorgung keramischer Implantate: Fünf-Jahres-Resultate einer prospektiven klinischen Untersuchung
- Meyer A. Prognose Implantat gestützter Brücken unter besonderer Berücksichtigung des Chippingrisikos
- beide: 66. Jahrestagung der DGPro / 9. Jahrestagung des Landesverbandes Hessen der DGI, Gießen, 19.-20.05.2017