02.08.2017·Implantologie Implantat-Planung und Prozedere im digitalen Workflow, Teil 1: Berechnungsmöglichkeiten
·Implantologie
Implantat-Planung und Prozedere im digitalen Workflow, Teil 1: Berechnungsmöglichkeiten
| Mit Unterstützung von 3-D-Planungsprogrammen kann die Insertion von Dental-Implantaten einfach und präzise erfolgen. In der jungen Vergangenheit hat der hohe Einstiegspreis den Einsatz in kleinen Praxen und Laboren verhindert. Der technische und zeitliche Aufwand und die Gesamtkosten waren noch vor wenigen Jahren enorm hoch. Wie weit ist der digitale Workflow jetzt und was kann als Kernleistung berechnet werden? |
3-D-Planungssoftware
Auf dem Dentalmarkt gibt es viele 3-D-Planungsprogramme wie z. B. NobelGuide/NobelClinician (Nobel Biocare), SIMPLANT (Dentsply Sirona), SICAT Implant/Gallileos Implant (SICAT GmbH & Co.KG) und coDiagnostiX (Dental Wings). In diesem Beitrag werden die Prozessschritte der Planungssoftware von Dental Wings betrachtet. Dieses offene System verfügt über eine Datenbank von rund 60 Herstellern mit mehr als 3.000 Implantaten, Abutments sowie Hülsensystemen. Der Workflow ist effizient und bietet den offenen STL-Standard, um Planungsdaten einfach zu importieren bzw. zu exportieren.
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Ein spezieller Modus bietet für einfache Fälle und weniger erfahrene Implantologen eine vereinfachte Implantatplanung mit einer intuitiven schrittweisen Benutzerführung. Der STANDARD-Modus hält detaillierte Funktionen mit Optionen für fortgeschrittene Implantologen bereit und lässt sich individuell anpassen. |
Die virtuelle Planung
Die präzise dreidimensionale Beurteilung der anatomischen Gegebenheiten, die vorliegende klinische Situation und die geplante prothetische Versorgung (Backward Planning) sind Grundvoraussetzungen für die Auswahl eines Implantattyps und die Festlegung der Implantatpositionen. Durch die Möglichkeit der Kombination von Modellscans (nach dem Abformen der Kiefer sowie dem Herstellen der Gipsmodelle und Scans), Abform- oder Intraoralscans bzw. einem analogen Workflow mit Referenzpins kann der Zahnersatz digital geplant und anschließend mit den DICOM-Datensätzen von DVT/CT in coDiagnostiX gematched (überlagert) werden.
Die Software unterstützt den DICOM-Standard und ist somit kompatibel zu vielen DVT-/CT-Geräten. Daten können von einer Festplatte, tragbaren Speichermedien oder Netzlaufwerken importiert werden. Der Radiologe bzw. der Implantologe hat die Möglichkeit, die Daten direkt über das Internet zu versenden, wenn eine Producer-Software-Lizenz besteht. Auf Basis der integrierten Datensätze wird anschließend eine dreidimensionale Bohrschablone designt. Die Bohrschablone kann dabei zahn-, knochen- oder schleimhautgetragen bzw. in Kombination dieser Auflagemöglichkeiten gestaltet werden. Die Software bietet einen Workflow, der dank des digitalen Fortschritts keine Scanschablone mehr benötigt.
Integration der Prothetik
Der direkte Import prothetischer Konstruktionen aus coDiagnostiX ermöglicht die Integration präoperativer und prothetischer Situationen. Für die Konstruktion und Fertigung von z. B. Gingivaformern, provisorischen Versorgungen und individuellen Abutments lassen sich präoperative Planungsdaten aus coDiagnostiX an offene CAD/CAM-Lösungen exportieren.
Kommunikation untereinander
Eine Kommunikation kann über einen USB-Stick, eine CD/DVD und das lokale Netzwerk erfolgen. Effizienter und effektiver ist eine Plattform (caseXchange) zwischen coDiagnostiX-Nutzern und Fachärzten, überweisenden Zahnärzten, Laboren, Dienstleistern und Patienten. Die Plattform erlaubt es, Patientenfälle online anderen coDiagnostiX-Nutzern zu übersenden, wobei auch das Einholen einer Zweitmeinung von einem Kollegen möglich ist.
Kommunikation mit Patienten
Mit der coDiagnostiX™ iPad®-App können Planungsdaten auf dem Apple iPad® präsentiert und eine Kommunikation mit Patienten, überweisenden Zahnärzten und Fachkollegen erfolgen. Die komplette implantologische Planung kann auf CD/DVT gebrannt und ausgehändigt werden.
Die 3-D-Software vereinfacht die Dokumentation des Planungsprozesses, indem Bilder – wie Fotos oder 2-D-Röntgenbilder – und Textinformationen hinzugefügt werden können, um bestimmte Aspekte der Planung zu unterlegen. Zur Unterstützung eines reibungslosen Behandlungsablaufs stehen Druckprotokolle zur Verfügung.
Virtueller Planungsexport
Die 3-D-Planung kann exportiert werden, um diese in verschiedenen Workflows weiterzuverarbeiten: Segmentierung, um ein 3-D-Druck Ansichtsmodell anzufertigen; virtuelles Gipsmodell basierend auf Modell-Scan; virtuelles Gipsmodell mit Implantat-Analogen; virtuelles Gipsmodell mit Hülsen-Pfosten definiert durch geplante Implantatposition ohne/mit Scankörper verschiedener Hersteller; komplette Planung für Weiterverarbeitung in anderer 3-D/CAD-Software.
Einsatzmöglichkeiten der Software
Der Erstvorschlag kann vom Dentallabor erstellt und an den Implantologen übermittelt werden. Dieser prüft und verändert ggf. den Implantattyp und die Implantatposition nach den anatomischen Möglichkeiten. Für die Freigabe ist der Implantologe zuständig. Außerdem haftet er, wenn Probleme auftreten.
Digitaler Workflow und Honorar
In diesem Beitrag werden nur die Kernleistungen ohne berechenbare Materialien vorgestellt. Dies interessiert insbesondere die chirurgischen Praxen und Kliniken, die bereits im digitalen Workflow arbeiten.
Zähne |
Geb.-Nr. |
Anzahl |
Faktor |
Bezeichnung |
Honorar (Euro) |
Ä6 |
1 |
2,3 |
Untersuchung des stomatognathen Systems |
13,41 |
|
Ä1 |
1 |
3,5 |
Beratung |
16,31 |
|
Ä5370 |
1 |
1,8 |
DVT |
209,83 |
|
Ä5377 |
1 |
1,0 |
Zuschlag für computergesteuerte Analyse |
46,63 |
|
0060 |
1 |
2,3 |
Situationsmodelle zur Planung |
33,63 |
Neben der klinischen Diagnostik ist bei dem aufgezeigten Verfahren eine DVT-/CT-Aufnahme zwingend erforderlich. Die gewonnenen DICOM-Daten werden in coDiagnostiX eingespielt. Riskante Bereiche sind erkennbar und sowohl chirurgisch, prothetisch als auch zahntechnisch in das Gesamtkonzept einzubeziehen. Erst durch ein DVT/CT ist in vielen Patientenfällen eine Implantation weitestgehend ohne Risiken realisierbar. Aufwendige Augmentationen und/oder Sinusbodenelevationen können durch moderne Konzepte reduziert werden und in einzelnen Fällen gänzlich entfallen.
Alternativ zur Fertigung von Planungsmodellen und Modellscan kann im perfektionierten digitalen Workflow ein Intraoralscan nach GOZ-Nr. 0065 erfolgen. Der Leistungsinhalt umfasst keine Auswertung der digitalen Daten am Monitor in Echtzeit, sodass die BZÄK empfiehlt, diesen selbstständigen Arbeitsschritt nach § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen.
Zähne |
Geb.-Nr. |
Anzahl |
Faktor |
Bezeichnung |
Honorar (Euro) |
9110a |
1 |
1,9 |
3-D-Visualisierung Knochen, Oberflächendaten, überlagern von DICOM und STL-Daten, 3-D-Planung Implantat nach Backward Planning entsprechend interner Sinuslift |
160,29 |
|
9000 |
1 |
3,5 |
Implantatbezogene Analyse |
174,01 |
|
0030 |
1 |
4,5 |
Heil- und Kostenplan |
50,62 |
Das Dentallabor erstellt mit den digitalen Daten einen prothetischen Vorschlag und übermittelt ihn an den Implantologen. Komfortabel ist dabei eine gesicherte Übermittlung über das Internet, wenn beide Parteien die technischen Voraussetzungen aufweisen. Der Implantologe spielt den STL-Datensatz in coDiagnostiX ein und ermittelt die ideale Implantatposition nebst Implantattyp.
Die Implantatplanung kann direkt an das Praxis- oder Dentallabor übertragen werden. Im Labor können nach diesem Export der Datensätze bereits im Vorfeld der OP ein individueller Gingivaformer, provisorische Kronen oder individuelle Abutments konstruiert und gefertigt werden. Diese können direkt nach der Implantation oder im Rahmen der Freilegung inseriert werden.
Zeitaufwand bei Planung
Sicherheitsfunktionen – wie z. B. eine Nervkanalerkennung und Abstandsüberwachungen – erfordern neben der Implantat- und Bohrschablonenplanung einen nicht unerheblichen Zeitaufwand, sodass die Auswahl der finanziell geeigneten Analogziffer gut kalkuliert werden muss. Die im Beispiel genannte GOZ-Nr. 9110a ist sicherlich nicht für jeden Patientenfall geeignet.
|
|||||
Zähne |
Geb.-Nr. |
Anzahl |
Faktor |
Bezeichnung |
Honorar (Euro) |
OK |
7010a |
1 |
2,3 |
Zahnärztlicher Aufwand bei Herstellung einer 3-D-Bohrschablone entsprechend Eingliederung, adjustierter Aufbissbehelf |
103,49 |
Ä5 |
1 |
2,3 |
Symptombezogene Untersuchung |
10,72 |
|
Ä1 |
1 |
2,3 |
Beratung |
10,72 |
|
11 |
0080 |
1 |
2,3 |
Oberflächenanästhesie |
3,88 |
11 |
0090 |
2 |
2,3 |
Infiltrationsanästhesie |
15,52 |
OK |
9005 |
1 |
4,8 |
Verwenden 3-D-Bohrschablone |
80,99 |
11 |
9010 |
1 |
5,6 |
Implantatinsertion, je Implantat |
486,61 |
0530 |
1 |
1,0 |
OP-Zuschlag |
123,73 |
|
11 |
9100 |
1 |
2,0 |
Aufbau des Alveolarfortsatzes |
303,03 |
Fertigung der 3-D-Bohrschablone
Für die Fertigung der 3-D-Bohrschablone aus sterilisierbarem Kunststoff können Datensätze in das Praxis- oder Referenzlabor exportiert werden. Dafür fallen pro Datensatz einmalig „GuideFee“-Kosten an.
Ob für den Planungsaufwand der 3-D-Bohrschablone die GOZ-Nr. 7010a oder eine andere Analogziffer gewählt wird, entscheidet der Implantologe. Die BZÄK empfiehlt eine Berechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ, da die GOZ-Nr. 9005 lediglich das „Verwenden“ der Bohrschablone am Tag der OP beinhaltet. Um den Workflow zu perfektionieren, kann das Guided-Surgery-Verfahren (geführte Chirurgie) mit genormtem Bohrlöffel angewandt werden.
Der erhöhte Aufwand bei einigen Therapieschritten (GOZ-Nrn. 0030, 9005 und 9010) kann mit einer Vereinbarung der Vergütungshöhe mit dem Patienten im Vorfeld der Therapie berücksichtigt werden. Auch hier ist die betriebswirtschaftliche Kalkulation zu beachten.
FAZIT | Der digitale Workflow stellt einen deutlichen 3-D-Fortschritt zu früheren Verfahren dar. Für die digitale Planung und Fertigung der Bohrschablone entfallen die Kosten für eine Scanschablone, was einen enormen zeitlichen und finanziellen Vorteil zur Folge hat. |
Weiterführender Hinweis
- In Teil 2 in der September-Ausgabe wird ein Abrechnungsleitfaden zum digitalen Workflow vorgestellt, um den gesamten Behandlungsverlauf einschließlich der Implantatinsertion für das Praxisteam zu verdeutlichen und in angemessenes Honorar umzusetzen.