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08.09.2014·Interimsversorgung Die Abrechnung von Interimsprothesen aus thermoplastischem Nylon: Aktueller Stand

·Interimsversorgung

Die Abrechnung von Interimsprothesen aus thermoplastischem Nylon: Aktueller Stand

| Interimsprothesen können im Bereich der Implantologie Anwendung finden, wenn nach einer Extraktion die Knochenheilung abgewartet werden muss, um dann über mögliche prothetische Versorgungen zu entscheiden. Aufgrund gewisser Erkrankungen oder aber bei ästhetischen Übergangslösungen kommen bereits seit Jahren thermoplastische Nylonmaterialien als Mittel der Wahl infrage. In diesem Beitrag berichtet PI über die Abrechnung. |

Materialien und Anwendung

Valplast® und Sunflex® bestehen zum Beispiel aus biokompatiblem thermoplastischem Nylon, der keine monomer- und benzoylperoxidhaltige Bestandteile wie Formaldehyd oder Cadmium enthält und daher für Menschen mit Allergien und anderen Indikationen geeignet ist. Sie sind unzerbrechlich, da sie nur aus Nylon bestehen und dadurch extrem biegsam sind. Durch das geringe Eigengewicht und die dünne Gestaltungsmöglichkeit lassen sich filigrane Prothesen herstellen, die vom Patienten als angenehm empfunden werden. Durch die hohe Transparenz des Kunststoffs wird die natürliche Farbe des Zahnfleischs übernommen, zudem weisen diese Prothesen keine Klammern auf, weil die Elemente auch aus Nylon bestehen. Bei Teilprothesen, Provisorien, Aufbissschienen und Interimsprothesen finden diese Materialien i. d. R. Verwendung.

 

  • Wissenschaftliche Mitteilung der DGZPW zu Nylonprothesen (zm Nr. 19/2009, S. 2578 ff.) – Auszug

„Die modernen Nylonmaterialien mit ihren Eigenschaften bieten ein eigenes Indikationsfeld, welches mit anderen Materialien nur schwer abzudecken ist. 1.) Nylonprothesen stellen eine Materialalternative bei nachgewiesener Methylmethacrylat (MMA)-Allergie dar. Chemisch gibt es keine Verwandtschaft mit Polymethylmethacrylat (PMMA), einen synthetischen, transparenten, thermoplastischen Kunststoff. Zudem enthalten sie deutlich weniger eluierbare (Anmerkung: ausspülbare) Substanzen. Da die in einem Stück aus Nylon mitgepressten Halteelemente ausreichend elastisch sind, können Teilprothesen ohne Metallklammern angefertigt werden. 2.) Sie sind wegen der hohen Bruchfestigkeit bei großer Elastizität (kleines E-Modul) mechanisch wesentlich widerstandsfähiger als alle derzeit benutzten Prothesenbasismaterialien.“

 

Zu dem Bereich der Kontraindikationen und Einschränkungen und im Fazit der DGZPW heißt es: „Abgesehen von allergischen Reaktionen waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der DGZPW-Stellungnahme absolute Kontraindikationen der Polyamid-Verwendung nicht erkennbar. Eine sicher nachgewiesene intraorale Manifestation einer Typ-IV-Allergie auf das Material wurde bis dato nicht publiziert. Relative Einschränkungen ergeben sich analog zu den anerkannten Konstruktionsregeln der Teilprothetik: Werden Teilprothesen aus Polyamid im suffizienten Restgebiss nicht abgestützt, sollten sie wegen der Gefahr der Kieferkammatrophie nur als Interimsersatz dienen. Halteelemente aus Polyamid sind stets voluminöser als Metallklammern, was die parodontalhygienische Gestaltung und das Freihalten des Pfeilerumfeldes erschwert. Auch dies schränkt die Zeitdauer ihrer Anwendung ein“, so die DGZPW.

 

Nylon-12 ist außerhalb Deutschlands auch durch seine Eigenschaft als chemische Alternative zum klassischen PMMA ein seit Jahrzehnten verbreitetes Material für herausnehmbaren Zahnersatz. Insofern ist es ähnlich zu betrachten wie Materialien auf der Basis von Vinylchlorid (Luxene®) Polyoxymethylen (Acetal Dental®, Dental D®) oder Polyurethan (Eclipse®). Es hat mit ihnen gemeinsam, etwas aufwendiger als PMMA verarbeitet werden zu müssen. Herausragender Unterschied ist der geringe Widerstand gegen elastische Verformung, dessen vermeintlich Knochen abbauende Wirkung infrage steht, der das Material aber für spezielle Indikationen geeignet macht.“

 

Vergleich zwischen Teilprothesen aus Acrylat und Polyamid

Ein Vergleich zwischen Teilprothesen aus Acrylat (PMMA) und Polyamid (Valplast®) der Universitäten Köln, Erlangen und Marburg ist Teil eines gemeinsamen wissenschaftlichen Forschungsprojekts der Zahnkliniken der Universitäten Köln und Marburg (ColMar, gegründet 2010). Die Lebensqualität konnte durch Tragen von Valplast®-Interimsprothesen in allen Probandengruppen optimiert werden. Basierend auf den Studienergebnissen sehen die Autoren für Valplast® die primäre Indikation in einer temporären Versorgung ästhetisch anspruchsvoller singulärer, anteriorer oder posteriorer Schaltlücken, vorzugsweise zum Ersatz weniger Zähne, deren weitere Therapie einer Implantat- oder Brückenversorgung vorbehalten ist. Die Studie erschien 2012.

Honorierung von Nylonprothesen

Die Abrechnung von Nylonteilprothesen ist in der GKV immer noch nicht geregelt. Bei einer nachgewiesenen Allergie kann die Berechnung daher in der Regel nach BEMA als gleichartige Versorgung (auf Teil 2 des BEMA-HKP) erfolgen, wobei ein Hinweis auf die Allergie im Bemerkungsfeld vorzunehmen ist. Ob eine Krankenkasse einen Festzuschuss gewährt und eine Regel- oder gleichartige Versorgung vorliegt, sollte unbedingt im Vorfeld der Therapieplan-Erstellung mit Krankenkasse und KZV geklärt werden. Dabei muss unterschieden werden, ob eine Allergie besteht oder ob eine reguläre Versorgung erfolgen soll. Der Allergienachweis muss in der Praxis entweder in Kopie oder als Scan archiviert werden.

 

Protokoll der Arbeitsgruppe „Fragen zum FZ-System“ vom 8. Juli 2009

Der Beschluss der Clearingstelle, wonach Kunststoffprothesen nach der Befundgruppe 5 zu bezuschussen sind, gilt unverändert fort.

 

Protokoll der Arbeitsgruppe „Fragen zum FZ-System“ vom 8. September 2010

Die Behandlung von Menschen mit Allergien gegen ZE-Materialien wurde in der Sitzung des G-BA „Zahnärztliche Behandlung“ am 9. Juli 2010 diskutiert. Diese Art der Versorgung wird in solchen Fällen als gleichartig eingestuft.

 

Protokoll der Arbeitsgruppe „Fragen zum FZ-System“ vom 19. April 2013

Hinweis der KZBV: Das Gerichtsverfahren ist noch anhängig; ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

 

Stellungnahme der KZV Hamburg zu Kunststoffprothesen

Die KZV Hamburg hat eine Stellungnahme zur Berechenbarkeit von Nylonprothesen ausgesprochen: „In den letzten Jahren drängen einige Hersteller mit Kunststoffprothesen auf den Markt. Namentlich sind das zum Beispiel die sogenannte Sunflex-Prothese oder auch die Valplast-Prothese. Dazu ist festzuhalten, dass beide genannten Prothesen derzeit noch nicht als anerkannte Behandlungsmethoden akzeptiert sind. Sollten Sie für Ihren Patienten eine derartige Prothese planen, müssen Sie im Feld „Bemerkungen“ des Heil- und Kostenplanes den Namen der Prothese (also zum Beispiel „Sunflex-Prothese“ oder „Valplast-Prothese“) eintragen. Zur Beantragung des Festzuschusses sollten Sie eine Befundnummer aus der Befundgruppe 5.1 bis 5.4 wählen. Lehnt der Kostenträger die Bezuschussung ab, handelt er im Sinne der derzeit geltenden Richtlinien. Bewilligt der Kostenträger den HKP im Wissen, dass es sich um eine Valplast- oder Sunflex-Prothese handelt, wird der entsprechend genehmigte HKP auch über die KZV Hamburg abgerechnet.“

 

Interimsversorgung in der GKV

Ein Festzuschuss nach Befundklasse 5 kann gewährt werden, wenn zum Beispiel die Zähne 11 und 21 extrahiert werden müssen und zur Knochenabheilung eine Interimsprothese erforderlich ist, bevor über die prothetische Endversorgung entschieden werden kann. Im Rahmen einer Interimsversorgung ist dabei die ZE-Richtlinie Nr. 13 zu beachten: „13. In Fällen, in denen eine endgültige Versorgung nicht sofort möglich ist, kann ein Interimsersatz angezeigt sein. Dies gilt insbesondere bei fehlenden Frontzähnen und zur Sicherung der Bisslage.“ Ob dabei ein Nylonmaterial verwendet werden darf, ist abzuklären.

Beispiel: Extraktion der Zähne 11 und 21

Interimsprothese 11, 21 mit Halteelementen aus flexiblen Nylonmaterial regio 12 und 22. Das „F“ wird hier für die Kennzeichnung der flexiblen Halteelemente beispielhaft verwendet, ist jedoch auf dem BEMA-HKP nicht anwendbar.

 

TP

F

E

E

F

TP

R

H

E

E

H

R

B

f

k

x

x

k

f

B

18

17

16

15

14

13

12

11

21

22

23

24

25

26

27

28

48

47

46

45

44

43

42

41

31

32

33

34

35

36

37

38

B

f

k

b

k

f

B

R

R

TP

TP

 

 

Variante A: Festzuschuss 1 x 5.1, gleichartige Versorgung bei nachgewiesener Erkrankung (Allergie, starker Mundöffnungseinschränkung, Epilepsie u. a.). GOZ-Nrn: 1x 5200, 1 x 5070.

 

Variante B: Kein Festzuschuss. Die Krankenkasse und/oder die KZV akzeptiert Nylon-Prothese nicht im Rahmen der GKV, da es sich um ein derzeit nicht anerkanntes Verfahren handelt. Daher Vereinbarung nach § 4 Abs. 5d BMV-Z & § 7 Abs. 7 EKVZ und Erstellung eines privaten Therapieplans. GOZ-Nrn: 1 x 0030, 1 x 5200, 1 x 5070 oder entsprechend § 6 Abs. 1 GOZ (wenn die Nylonprothese als neue Behandlungsmethode eingestuft wird).

 

Variante C: Wenn die Interimsprothese erst nach der Implantation bei einem Kassenpatienten gefertigt wird, handelt es sich um eine außervertragliche Leistung, die im Zusammenhang mit einer Implantation steht. In diesem Fall gilt der unter Variante B abgebildete Sachverhalt. Dabei ist es unerheblich, ob die Interimsprothese aus regulärem Kunststoff oder aus einem Nylon-Material gefertigt wird. Ein Festzuschuss wird nicht gewährt.

 

Zahntechnik

Im Folgenden werden beispielhaft BEL II – 2014 und Nicht-BEL-Leistungen (NBL) zu den vorgenannten zahnärztlichen Varianten abgebildet.

 

Variante A
Varianten B und C

2 x 001 0 Modell

1 x 0002 Modell aus Superhartgips

1 x 002 1 Dublieren

1 x 0241 Dublieren eines Modells

1 x 012 0 Mittelwertartikulator

1 x 0010 Spezialmodell

2 x 933 0 Versandkosten

1 x 0402 Modellmontage im Mittelwertartikulator

1 x 6001 Aufstellen Grundeinheit

1 x 6001 Aufstellen Grundeinheit

2 x 6002 Aufstellen, je Zahn

2 x 6002 Aufstellen, je Zahn

2 x 4110 Zweiarmige Klammer aus Sonderkunststoff

2 x 4110 Zweiarmige Klammer aus Sonderkunststoff

1 x 6301 Grundeinheit Fertigstellung

1 x 6301 Grundeinheit Fertigstellung

2 x 6302 Fertigstellen mit Kunststoffbasis je Zahn

2 x 6302 Fertigstellen mit Kunststoffbasis je Zahn

1 x 6412 Sonderkunststoff verarbeiten

1 x 6412 Sonderkunststoff verarbeiten

2 x 9421 Bioplus Frontzahn

2 x 0701 Versand, je Versandgang

1 x 6488 Sonderkunststoff V-Flex

2 x 9421 Bioplus Frontzahn

1 x 6488 Sonderkunststoff V-Flex

 

Neues Material oder neue Behandlungsmethode?

Es ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob die Berechnung von Nylon-Prothesen entsprechend § 6 Abs. 1 GOZ erfolgen muss, wenn nicht die Verwendung eines neuen Materials, sondern eine neue Behandlungsmethode im Vordergrund steht. Im Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur GOZ-Nr. 5200 (Stand 25. April 2014) heißt es dazu: „Einfache Teilprothesen ohne Halteelemente oder mit metallfreien Halteelementen stellen keinen Zahnersatz im Sinne dieser Gebührennummer dar, sondern sind nach § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen. …Metallfreie flexible Teilprothesen ohne gebogene Klammern werden analog nach § 6 Abs. 1 GOZ berechnet.“ In § 135 SGB V ist definiert:

 

  • Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
  • 1. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss … Empfehlungen abgegeben hat über
  • 2. die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit …

 

Fazit | Auch im Vorfeld einer Implantation ist bei vorgesehener Interimsversorgung mittels einer Nylon-Prothese mit der Krankenkassen und/oder der KZV abzuklären, ob ein Festzuschuss gewährt wird. Weiterhin sollte erörtert werden, um welche Form der Versorgung es sich handelt, um auch dem Labor die korrekten Daten für einen Kostenvoranschlag bzw. die spätere Rechnung zu übermitteln (gleichartige oder außervertragliche Versorgung). Erst nach Kostenklarheit kann der Patient über die Höhe des Eigenanteils aufgeklärt und die entsprechenden Behandlungsunterlagen erstellt werden.