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31.05.2013·Kostenerstattung Ärger vorprogrammiert: Das Einsichtsrecht in Stellungnahmen der privaten Krankenversicherung

·Kostenerstattung

Ärger vorprogrammiert: Das Einsichtsrecht in Stellungnahmen der privaten Krankenversicherung

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, RBS RoeverBroennerSusat, Berlin, www.rbs-partner.de 

| Meinungsverschiedenheiten zwischen Patienten und privaten Krankenversicherungen (PKVen) über die medizinische Notwendigkeit geplanter zahnprothetischer Behandlungen und über den Umfang der Kostenerstattung sind keine Seltenheit. Für den Patienten bzw. seinen behandelnden Zahnarzt ist es im Konfliktfall für den Behandlungsverlauf wichtig, Einzelheiten über die von der Versicherung angestellten Überlegungen zu erfahren. |

Die PKVen haben ein Prüfungsrecht

PKVen sind zur Übernahme von Behandlungskosten nur für medizinisch notwendige Behandlungen verpflichtet. Sie dürfen prüfen, ob und inwieweit die Voraussetzungen ihrer Kostenübernahmeverpflichtung bestehen. Nach § 14 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sind Leistungen des Versicherers erst „mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen“ fällig. Gemäß § 6 Abs. 1 der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) in der Fassung des Jahres 2009 ist der Versicherer zur Leistung ferner nur verpflichtet, „wenn die von ihm geforderten Nachweise erbracht sind“.

 

Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer die medizinische Notwendigkeit der geplanten Behandlungsmaßnahme darzulegen. Unter bestimmten Umständen kann er jedoch Anspruch auf Erteilung einer vorherigen Deckungszusage erheben. Dieser Fall kann eintreten, wenn ein Zahnarzt wegen der hohen Kosten den Behandlungsbeginn von einer entsprechenden Zusage der PKV abhängig macht; siehe OLG Oldenburg, 26. Mai 2009, Az. 5 U 23/09).

Auskunftspflicht der Versicherung und Umfang des Einsichtsrechts

Während der Versicherte im Rahmen des Prüfungsrechts der Versicherung mitzuwirken hat, wenn er seinen Erstattungsanspruch nicht verlieren möchte, ist der Versicherer andererseits nach § 202 VVG grundsätzlich „verpflichtet, auf Verlangen des Patienten Auskunft über und Einsicht in Gutachten oder Stellungnahmen zu geben, die er bei der Prüfung seiner Leistungspflicht über die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung eingeholt hat“.

 

Über den Umfang dieses Einsichtsrechts wird immer wieder gestritten. Ein Ansatzpunkt kann bereits die Frage sein, ob es sich überhaupt um ein „Gutachten“ bzw. eine „Stellungnahme“ handelt. Eine körperliche Untersuchung des Versicherten erfolgt selten. Äußert sich ein von der Krankenversicherung hinzugezogener Sachverständiger auf eine an ihn herangetragene Anfrage – gegebenenfalls auch unter Beifügung von Behandlungsunterlagen etc. – nicht in schriftlicher Form, sondern erfolgt zum Beispiel lediglich ein Auswertungsgespräch, so existiert kein Gutachten, in das Einsicht genommen werden könnte; der Versicherte ist in diesen Fällen strukturell benachteiligt.

Versicherungen verweigern oft das Einsichtsrecht unter Hinweis auf interne Gutachten

Die Versicherung ist außerdem frei in ihrer Entscheidung, mit wem sie bei der Prüfung ihrer Leistungspflicht zusammenarbeitet. Denkbar ist daher sowohl die Tätigkeit von eigens bei der Versicherung angestellten Ärzten als auch mit auf Honorarbasis tätigen (externen) Ärzten. Von Versicherungen werden Einsichtnahmebegehren oftmals mit dem Argument abgelehnt, es handele sich um ein Gutachten eines internen Sachverständigen, dem Einsichtsrecht nach § 202 VVG unterfielen jedoch nur – ergänze: von außen t- „eingeholte“ Gutachten.

 

Diese Auffassung ist angreifbar, in der Fachliteratur umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11. Juni 2003 (Az. IV ZR 418/02; Abruf-Nr. 030948 unter pi.iww.de) lediglich entschieden, dass extern eingeholte Gutachten zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen sind.

 

Hieraus kann jedoch nicht zwingend gefolgert werden, dass intern in Auftrag gegebene Begutachtungen vom Einsichtsrecht nicht umfasst sind. Die vom Bundesgerichtshof angestellten tragenden Überlegungen gelten an sich für intern wie extern beschaffte Gutachten gleichermaßen. Danach dient – so der Bundesgerichtshof – die Einholung eines Gutachtens der Versicherung dazu, um sich in einer Zweifelsfrage Gewissheit zu verschaffen. Dazu bedürfe es eines unbefangenen und fachlich geeigneten Sachverständigen. Fehle es hieran, könne das Gutachten seinen Zweck nicht erfüllen.

Der Versicherte muss auch die Kompetenz des Gutachters beurteilen können

Unter diesem Gesichtspunkt macht es nach Auffassung der BGH-Richter auch keinen Sinn, wenn der Versicherer die Identität des Sachverständigen geheim halten möchte. Eine solche Einschränkung würde das Recht des Versicherten auf Einsicht entwerten, weil ihm die Prüfung der Kompetenz und Unbefangenheit des Gutachters verschlossen bliebe. Erst die umfassende Kenntnis des Gutachtens einschließlich seines Urhebers erlaube dem Versicherten eine sachgerechte Beurteilung der Frage, ob der Anspruch auf Kostenerstattung Aussicht auf Erfolg hat.

 

Ziel der Regelung in § 202 VVG ist es zudem, strukturelle Ungleichgewichte im Verhältnis der Parteien des Vertragsverhältnisses zu Lasten des Versicherten auszugleichen. Gerade deshalb scheint sich ein Einsichtsrecht auch im Falle interner Gutachteneinholung sogar eher aufzudrängen.