06.12.2010 |Kostenerstattung Ist die Erstattung von Laborkosten mit einem fixen Stundensatz zulässig?
06.12.2010 |Kostenerstattung
Ist die Erstattung von Laborkosten mit einem fixen Stundensatz zulässig?
von RA, FA Medizinrecht Norman Langhoff, RöverBrönner, Berlin
„Darf eine private Krankenversicherung einen Laborstundensatz in bestimmter Höhe vorschreiben?“ Solche Fragen mögen einen Zahnarzt umtreiben, wenn ein Patient ihm mitteilt, dass seine private Krankenversicherung die vom Zahnarzt weiterberechneten Laborkosten mit der Begründung nur teilweise übernehme, dass bei der Berechnung des durchschnittlichen Laborarbeitsaufwandes ein fixer Stundensatz zugrunde gelegt wird – und der Patient deshalb möglicherweise auch die Bezahlung der Differenz ablehnt.
Völlig separate rechtliche Beziehungen beachten
Bei der Behandlung von Privatpatienten bestehen zwei unabhängige Rechtsbeziehungen: Aus dem Behandlungsvertrag zwischen Zahnarzt und Patient ergibt sich der Anspruch auf eine bzw. die Verpflichtung zu einer dem zahnmedizinischen Standard entsprechenden Behandlung und die im Gegenzug bestehende Verpflichtung zur Zahlung des Honorars. Der Honoraranspruch des Zahnarztes richtet sich gegen den Privatpatienten, nicht gegen dessen Versicherung. Aus dem zwischen dem Patienten und seiner privaten Krankenversicherung (PKV) bestehenden Vertrag ergibt sich der Anspruch des Versicherungsnehmers auf bzw. die Verpflichtung des Versicherers zur Erstattung von Behandlungskosten. Grundlage der Kostenerstattung sind die dem Versicherungsvertrag und -tarif zugrunde liegenden Bedingungen.
Grundlage für den Anspruch auf Laborkostenerstattung
Grundlage für den Anspruch des Zahnarztes auf Erstattung der Laborkosten ist § 9 GOZ. Danach können „neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden, soweit diese Kosten nicht nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses mit den Gebühren abgegolten sind“. Die Auslagenerstattungspflicht ist Folge des Umstandes, dass der Patient keine direkten vertraglichen Beziehungen zu dem vom Zahnarzt beauftragten Dentallabor unterhält. Die Auswahl des Dentallabors gebührt im Rahmen des von ihm vorgesehenen Therapieplans dem Zahnarzt.
Der Umfang des Erstattungsanspruchs für Laborkosten
Eine Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit von Laborkosten ist nach § 9 GOZ, dass sie tatsächlich angefallen und dass sie „angemessen“ sind. Die Frage der Angemessenheit ist vor allem im Zusammenhang mit der Kontroverse um die Zulässigkeit der Zugrundelegung des Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnisses (BEL II) bekannt. Danach kürzen PKVen Laborrechnungen oft mit dem Argument, die BEL-Sätze seien alleiniger Maßstab für die Angemessenheit der Rechnungshöhe. Ob diese Argumentation zutreffend ist, wird in der Rechtsprechung nach wie vor uneinheitlich beurteilt (gegen die Maßgeblichkeit des BEL zum Beispiel in jüngerer Vergangenheit das Oberlandesgericht Hamm vom 6. Februar 2006, Az: 3 U 26/00; dafür das Landgericht Heidelberg vom 25. Januar 2008, Az: 7 O 303/05).
Maßgeblich ist der individuelle Fall
Wird nun seitens der PKV darauf verwiesen, nur ein „angemessener“ Stundensatz werde erstattet, so lassen sich auch hiergegen einige der gegen die alleinige Maßgeblichkeit des BEL II vorgebrachten Argumente einwenden. So wird zum Beispiel darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung der von Privatpatienten zu zahlenden angemessenen Vergütung allein auf die in Auftrag gegebenen Arbeiten und die hierfür angemessene Vergütung ankomme (siehe oben genanntes Urteil des OLG Hamm vom 6. Februar 2006).
Dass Kostenerstatter keinen einheitlichen fixen Stundensatz für Laborleistungen zugrunde legen dürfen, ergibt sich aus einem Urteil des LG Mannheim: Danach können bei der Ermittlung der Kosten grundsätzlich die konkrete Qualität der Arbeit und ein besonderer Aufwand berücksichtigt werden, was gegen die Zulässigkeit eines Einheitsstundensatzes spricht. Darüber hinaus kann auch der durchschnittliche Stundenverrechnungssatz selbstständiger Zahntechniker am Ort oder in der Region des Zahnarztes zugrunde gelegt werden (Landgericht Mannheim vom 7. Dezember 2007, Az: 1 S 178/06).
Wie kann der betroffene Zahnarzt reagieren?
Wie man als Zahnarzt agiert, dürfte rein praktisch (auch) davon abhängen, ob man seinen Patienten in einem von diesem geführten Klageverfahren gegen seine PKV unterstützt oder ob man vor der Entscheidung steht, seinen Patienten selbst auf dem Rechtsweg in Anspruch zu nehmen. Im letzteren Fall mag die Einigungsbereitschaft – bei weiterbestehendem Behandlungsverhältnis – größer sein.
Inhaltlich ist zu argumentieren – und zu dokumentieren:
- § 9 GOZ setzt für die Erstattungsfähigkeit von Laborkosten deren Angemessenheit voraus; dies kann weder bundesweit noch pauschal ermittelt werden.
- Die konkreten Umstände der einzelnen Behandlung müssen berücksichtigt werden – welcher Umstand erfordert zum Beispiel einen bestimmten Mehraufwand?
- Welcher Umstand stellt eine besonders aufwendige Ausführung dar und worin liegt diese begründet?