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06.06.2011 |Kostenerstattung PKV lehnt Kostenübernahme chirurgischer Leistungen ab: Wie können wir reagieren?

06.06.2011 |Kostenerstattung

PKV lehnt Kostenübernahme chirurgischer Leistungen ab: Wie können wir reagieren?

Frage: „Regio 24 und 26 wurden bei einem Patienten zwei Implantate inseriert. Neben den GOZ-Nrn. 901 bis 903 wurde eine umfangreiche Lagerbildung nach GOÄ-Nr. 2732 bei Vorliegen eines stark atrophierten Kiefers vorgenommen. Der OP-Zuschlag Ä445 und eine schwierige Hautlappenplastik nach GOÄ-Nr. 2382 wurden erbracht und berechnet.  

 

Die Privatversicherung unseres Patienten hat die GOÄ-Nrn. 2732 und 445 mit dem Hinweis abgelehnt, dass diese Maßnahmen bereits in der GOZ-Nr. 903 enthalten wären und die GOÄ-Nr. 2382 im oralen Bereich nicht ansetzbar sei. Ist diese Aussage richtig? Wie können wir dagegen argumentieren?“ 

 

Antwort: Die Legende der GOÄ-Nr. 2732 (Operation zur Lagerbildung für Knochen oder Knorpel bei ausgedehnten Kieferdefekten) setzt einen umfangreichen Kieferdefekt voraus. Dabei wird der Begriff „umfangreich“ nicht näher erläutert. Ausgedehnte Kieferdefekte können die Folgen eines Traumas, einer Osteomyelitis, einer Fehlbildung des Kiefers, umfangreicher Atrophie nach langjährigem Tragen einer Totalprothese, eine Folge nach Entfernung großer Zysten und nach chronischen Entzündungen sein. 

 

Erschwernisse bei der Lagerbildung können daher nur vom Behandler festgestellt und intraoperativ therapiert werden. Einer Ablehnung medizinisch notwendiger und erbrachter Leistungen vom Schreibtisch eines Sachbearbeiters aus ist in jedem Fall zu begegnen. Die umfangreiche Atrophie ist anhand von Befundunterlagen (Modelle, Röntgenaufnahmen, DVT, intraorale Aufnahmen etc.) darstellbar.  

 

Das Amtsgericht Düsseldorf entschied in einem Urteil vom 18. August 2005 (Az: 51 C 12641/02; Abruf-Nr. 111859) über einen Behandlungsfall mit Atrophie im OK und Lagerbildung bei einem ausgedehnten Kieferdefekt. Im Verfahren äußerte der Sachverständige, warum im vorliegenden Fall die GOÄ-Nr. 2732 zur Anwendung gelangte und nicht die GOÄ-Nr. 2730:  

 

Die dem Sachverständigen vorgelegten Röntgenaufnahmen ließen darauf schließen, dass sich im vorliegenden Fall nach Verlust der endständigen Zähne 26, 27 und 28 die Kieferhöhle nach unten ausgedehnt hat und somit nur eine Restkieferkammhöhe von etwa vier Millimeter gegeben war. Somit bestand ein ausgedehnter tiefer Defekt, der die Anwendung der GOÄ-Nr. 2732 zuzüglich des OP-Zuschlages nach GOÄ-Nr. 445 rechtfertigte. 

 

Nach Auffassung des Bundesverbandes der implantologisch tätigen Zahnärzte (BDIZ EDI) „ist der Begriff ‚Ausgedehnter Kieferdefekt‘ in der Medizin mit einer Region von mehr als zwei Zentimetern beschrieben. Werden also Regionen, die über diesen Bereich hinausgehen, mit Knochenmaterialien aufgefüllt, augmentiert oder aufgebaut, so kommt diese Position zur Abrechnung.“ 

 

Eine derartige Lagerbildung bei vorliegendem umfangreichen Kieferdefekt ist keinesfalls in der GOZ-Nr. 903 (Einbringen eines enossalen Implantats) enthalten, da diese keine knochenchirurgischen Maßnahmen umfasst, sondern die Insertion eines Implantats – manuell oder maschinell – beinhaltet. 

 

Die Aussage, dass eine Hautlappenplastik nach der GOÄ-Nr. 2382 im oralen Bereich nicht ansetzbar ist, ist bekannt. Schleimhaut (Mukosa) dient als Auskleidung von Körperhöhlen und besteht aus einem mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel. An Stellen mit besonders starker mechanischer Beanspruchung – vor allem im Bereich der Gingiva – ist die Schleimhaut verhornt.  

 

Die GOÄ-Nr. 2382 stellt nicht nur eine ärztliche Leistung für den Bereich der Außenhaut dar. In der einschlägigen Fachliteratur – die vor Gericht zur Rechtsprechung angewandt wird – findet sich kein derartiger Hinweis.  

 

Die operativen Maßnahmen aus dem Bereich der Chirurgie der Körperoberfläche (GOÄ Teil I. VII) beschreiben die Bildung von einfachen oder schwierigen Hautlappenplastiken. Unter einer schwierigen Lappenplastik wird eine Maßnahme verstanden, bei der Schleimhautteile aufwendig in ihrer Lage zueinander bewegt – zum Beispiel geschwenkt, gedreht, gedehnt oder verschoben – werden müssen. 

 

In den Fällen, in denen zum Beispiel die operative Technik (spezielle komplizierte Schnittführungen), die Lappengröße und die Lappenform eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Besonderheit darstellen, wird die GOÄ-Nr. 2382 dem tatsächlich gegebenen hohen operativen Aufwand bei der parodontal plastischen Rekonstruktion gerecht. Eine Berechnung der GOÄ-Nr. 2382 im Bereich der Mundhöhle wird daher mit dem Zusatz „entsprechend § 6 (2) GOÄ“ empfohlen.  

 

Beispiel

Ä2382 Schwierige Hautlappenplastik entsprechend § 6 (2) GOÄ: Rolllappenplastik 

Die jeweilige Plastik sollte beschrieben und der Privatpatient im Vorfeld der OP über die Notwendigkeit, das Procedere, das Zeitvolumen und die Erstattungsproblematik aufgeklärt werden.