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01.07.2014·Kostenerstattung Praxisfall: Ein Patient schaltet wegen Problemen bei der Erstattung die Beratungsstelle der ZÄK ein

·Kostenerstattung

Praxisfall: Ein Patient schaltet wegen Problemen bei der Erstattung die Beratungsstelle der ZÄK ein

| Was kann ein Patient unternehmen, wenn seine private Krankenversicherung (PKV) einen Teil der Rechnung nicht nach Versicherungstarif erstattet und auf Mängel in der Zahnarztrechnung verweist? Diese Frage stellt sich vielen Privatpatienten. Führt eine Stellungnahme der Zahnarztpraxis zu den monierten Punkten nicht zur Nacherstattung, so bleibt die Möglichkeit, sich an die Patientenberatungsstelle der regionalen Zahnärztekammer zu wenden. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen anhand eines Rechnungsauszuges und dem folgenden Schriftwechsel der PKV, welche Möglichkeiten Patienten haben, sich für eine vollständige Kostenerstattung ihrer PKV einzusetzen. |

Der Behandlungsfall

Diagnose: Schaltlücke regio 34; Freiendsituation 45, Implantate bei 34,46 und 47, nicht erhaltungswürdiges Implantat (12 Jahre alt) regio 22 mit Knochenatrophie. Therapie: Implantatinsertion regio 34,47,46; Entfernung Implantat regio 12; Augmentationen im zweiten und vierten Quadranten; Vestibulumplastiken beidseits im UK. Auf die Darstellung flankierender Leistungen, Begründungen bei Faktorsteigerungen und die Materialkosten wird verzichtet.

 

Datum
Zähne
Anzahl
Geb.-Nr.
Bezeichnung
Faktor
Betrag in Euro

15.1.14

UK

1

9000

Implantatbezogene Analyse

3,5

174,01

34,46,47

3

9010

Implantatinsertion

3,5

912,39

1

0530

Zuschlag bei nicht stationärer Durchführung

1,0

123,73

45-48

1

Ä2675

Partielle Vestibulum-/Mundbodenplastik

3,5

173,39

34

1

3240

Vestibulum- oder Mundbodenplastik kleineren Umfangs

3,5

108,27

12

1

Ä2010

Entfernung eines tiefsitzenden Fremdkörpers

3,5

77,32

12,46,47

2

9100

Aufbau des Alveolarfortsatzes

3,5

530,31

12

2

Ä1485

Operative Eröffnung und Ausräumung der Stirn- oder Kieferhöhle

3,5

377,02

1

Ä530

Kältepackung

1,8

3,67

 

Nach Einreichung der Rechnung bei der PKV und einem Schreiben der MKG-Praxis lehnte die Versicherung weiterhin eine Gesamterstattung ab. Folgende Gründe wurden von der PKV im Schreiben an ihren Versicherten angegeben:

 

„Vielen Dank für die Unterlagen Ihrer MKG-Praxis. Es sind grundsätzlich zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse von Bedeutung, die prinzipiell voneinander unabhängig bestehen. Zum einen existiert eine vertragliche Beziehung zwischen dem Patienten und dem behandelnden Zahnarzt nach dem Dienstvertragsrecht; darauf basiert die Berechnung und Berechnungsfähigkeit der erbrachten Leistungen. Auf der anderen Seite besteht der Versicherungsvertrag zwischen dem Patienten und seiner Krankenversicherung, durch den der Versicherungsvertrag – unter anderem auch die Erstattungsfähigkeit – geregelt werden. Doppelapprobierte Zahnärzte müssen nach § 6 Abs. 1 GOÄ erbrachte zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen nach der derzeit geltenden GOZ abrechnen.

 

 

Daraufhin reicht der Patient erneut das Schreiben bei seiner MKG-Praxis ein und bittet um Unterstützung. Ein weiterer Brief wird erstellt, der hier in gekürzter Version wiedergegeben wird.

 

  • Bescheinigung zur Vorlage bei der Versicherung

… Leider haben unsere gebührenrechtlichen und fachlichen Ausführungen zu keinem Erfolg bezüglich einer Erstattung geführt. Wir erlauben uns, zu den Einschränkungen und dem Auskunftsbegehren Ihrer X-Versicherung noch einmal Hinweise auf die aktuelle Rechtslage zu geben.

 

Niedergelassene Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen sind keine Zahnärzte und unterliegen dementsprechend nicht der Gebührenordnung für Zahnärzte. Die beiden Gebührenordnungen enthalten Leistungen für die spezifischen Berufe, somit wurde eine Doppelausführung vermieden. Ärzte sind demnach angehalten, ihre Leistungen laut § 1 Abs. 1 nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abzurechnen. Lediglich für die Leistungen, die nicht Bestandteil der GOÄ sind, darf auf die Gebührenordnung für Zahnärzte ausgewichen werden (§ 6 Abs. 1 GOÄ).

 

Vestibulumplastik: Das chirurgische Vorgehen bei der partiellen Vestibulum-/Mundbodenplastik entspricht der GOÄ-Nr. 2675 und ist nicht Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 9100. Die ausführliche Erläuterung entnehmen Sie bitte dem Schreiben vom 17. März 2014.

 

Ziffer Ä2010: Die GOÄ-Nr. 2010 (Entfernung eines tiefsitzenden Fremdkörpers) haben wir am 15. Januar 2014 vorgenommen und selbstverständlich auch in Rechnung gestellt. Eigenmächtige Kommentare von Beihilfestellen oder Versicherungen zur Berechnungsfähigkeit sind nicht zulässig.

 

Bei weiteren Schwierigkeiten raten wir Ihnen, zunächst den Ombudsmann einzuschalten, der diese Fragestellung in Ihrem Interesse regeln sollte. Alternativ ist der Gang zu einem Juristen eine weitere Option. …

 

Da auch dieser Briefwechsel zu keiner Nacherstattung führte, wandte sich der Patient mit folgendem Brief an die Beratungsstelle der regionalen Zahnärztekammer:

 

Sehr geehrte Frau … (Mitarbeiterin der Zahnärztekammer), ich bitte um Klärung, ob der Kieferchirurg Dr. Mustermann die von der Versicherung bemängelten Positionen nach GOÄ abrechnen darf (zum Beispiel GOÄ-Nr. 2010) oder nach GOZ abrechnen muss, ob die GOÄ-Nr. 530 abgerechnet werden kann (oder es eine Alternative in der GOZ gibt) und ob die GOÄ-Nr. 2675 neben der GOZ-Nr. 9100 berechnet werden darf. Da noch weitere vergleichbare Behandlungen anstehen, könnten dazu weitere Differenzen vermieden werden.

 

Entbindung von der Schweigepflicht und Schreiben der Kammer

Die Beratungsstelle übermittelte dem MKG-Chirurgen eine Schweigepflichtentbindung für den Patienten und bat um Stellungnahme zu der erfolgten Behandlung für die monierten Leistungen der Versicherung.

 

Sehr geehrter Herr Dr. Mustermann,

 

beigefügt senden wir Ihnen das o.g. Schreiben von Herrn Patient in Kopie sowie eine Originalentbindungserklärung von der zahnärztlichen Schweigepflicht mit der Bitte, uns zu dem vorgetragenen Sachverhalt Ihre detaillierte Stellungnahme abzugeben.

 

Vorsorglich weisen wir auf Folgendes hin: „§ 6 Abs. 1 GOÄ: Erbringen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Hals-Nasen-Ohrenärzte oder Chirurgen Leistungen, die im Gebührenverzeichnis für zahnärztliche Leistungen – … – aufgeführt sind, sind die Vergütungen für diese Leistungen nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte in der jeweils geltenden Fassung zu berechnen.“ Demnach wäre im vorliegenden Behandlungsfall anstatt der GOÄ-Nr. 2010 die GOZ-Nr 3030 in Ansatz zu bringen.

 

Wir erlauben uns bei dieser Gelegenheit die Anmerkung, Sie möchten bitte bei der Abfassung der Stellungnahme berücksichtigen, dass diese dem Patienten zur Kenntnis gegeben wird (§ 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW: „Die Behördehat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist.“).

 

Auch weisen wir darauf hin, dass Sie berechtigt sind, Angaben zur Sache dann zu verweigern, wenn Sie sich hierdurch belasten würden (2 § 26 Abs. 2 Satz 4 VwVfG NRW: „Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen, zu deren Beantwortung er durch Rechtsvorschrift verpflichtet ist, verweigern, wenn deren Beantwortung ihn selbst (…) der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würden.“). In diesem Falle würde der Vorgang hier nach Lage der Akten entschieden werden müssen. Wir bitten Sie daher bei Inanspruchnahme Ihres Aussageverweigerungsrechtes unbedingt um eine entsprechende Benachrichtigung.

 

Wir dürfen Sie höflichst bitten, uns Ihre Stellungnahme bis zum … zukommen zu lassen.

 

Resumee

Moniert die PKV eine oder mehrere Gebührenziffern, gegebenenfalls auch die Materialberechnung, muss sehr genau geprüft werden, welche – rechtlichen – Sachverhalte vorliegen. In der Tat ist ein doppelt approbierter MKG-Chirurg verpflichtet, alle zahnärztlichen Leistungen in erster Linie nach der GOZ zu erbringen. Sind dort zum Beispiel spezielle chirurgische Leistungen nicht enthalten, aber Bestandteil der GOÄ, so kann auf diese in zweiter Linie zurückgegriffen werden. Dieser Sachverhalt wurde bereits von der Zahnärztekammer bestätigt, sodass hier eine ersatzfeststellende Rechnung bezüglich der GOÄ-Nr. 2010 erfolgen muss.

 

Die korrekte Berechnung erfolgt nach GOZ-Nr. 3030. Aufgrund der Doppelapprobation ist jedoch bei Anwendung des Kühlbeutels (coolpak) in der Praxis die Berechnung der GOÄ-Nr. 530 korrekt erfolgt. Nur Zahnärzte haben aufgrund der Bestimmungen in § 6 Abs. 2 GOZ keinen Zugriff auf den Abschnitt der GOÄ, in dem sich die Ä530 befindet. Nach wie vor ist eine Vestibulumplastik nach der GOÄ-Nr. 2675 neben der GOZ-Nr. 9100 berechenbar, was die Bundeszahnärztekammer im Kommentar vom 13. August 2013 bestätigt.

 

Weiterführender Hinweis

  • Die Nrn. 6 und 7/2013 von „Praxis Implantologie“ enthalten ausführliche Hinweise zur Berechenbarkeit von Vestibulumplastiken.