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26.04.2017·Kostenerstattung Sachkostenliste: Der Patient wünscht, dass der Rechnungsbetrag reduziert wird – was gilt?

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Sachkostenliste: Der Patient wünscht, dass der Rechnungsbetrag reduziert wird – was gilt?

| Patienten mit einer Zahnzusatzversicherung (ZZV) für Zahnersatz erhalten von ihrer Versicherung oft eine Mitteilung, dass die berechneten zahntechnischen Material- und Laborkosten die üblicherweise abrechenbaren und in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis (Sachkostenliste) zusammengefassten Kosten überschreiten. Wie kann man darauf reagieren? |

Sachkostenlisten sind laut BGH-Urteil rechtens

Die Sachkostenlisten beruhen auf dem zum 01.01.1998 weggefallenen und am 01.01.1999 wieder eingeführten bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis zahntechnischer Leistungen (BEL). Dieses ist nach § 88 SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eingeführt worden. Dementsprechend beruht es auf Gesichtspunkten, die mit den Maßstäben einer Privatversicherung nicht vereinbar sind, zumal in der GKV nur ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen nach § 12 SGB V verankert sind. Die AXA-Colonia führte zum 01.07.1998 als erste PKV eine Sachkostenliste ein. Eine Überprüfung durch den Bundesgerichtshof (BGH) am 18.01.2006 (Az. IV ZR 244/04, Abruf-Nr. 060628) ergab, dass die Sachkostenliste wirksam ist.

Wann gilt die Sachkostenliste?

Die ZZV kann eine Abrechnung auf Grundlage der Sachkostenliste nur dann vornehmen, wenn diese ein Bestandteil des Versicherungsvertrags ist oder im Laufe der Zeit durch Annahme einer Versicherungsänderung akzeptiert wurde. Altverträge, die vor Geltung der Sachkostenliste abgeschlossen wurden, unterliegen keiner Sachkostenliste.

 

In der Regel besteht ein teils erheblich eingeschränkter Versicherungsschutz für die Patienten. Dass der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrags die Tragweite eines solchen tariflichen Preisgeflechts beurteilen kann, ist sehr unwahrscheinlich. Nach § 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist der Berater der Versicherung allerdings verpflichtet, den Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss über die Inhalte des Tarifs zu informieren. Dies gilt insbesondere bei für den Versicherungsnehmer nachteiligen Inhalten. Diese Informationen sind in einem Beratungsprotokoll zu dokumentieren. Bei Unklarheiten ist der Berater oder die ZZV zu kontaktieren. Der Patient sollte immer prüfen, ob eine Sachkostenliste Bestandteil des Vertrags ist. Je nach Höhe der monatlichen Versicherungsprämie gibt es unterschiedliche Sachkostenlisten.

Die Kostenerstattung

Selbst wenn die in den Sachkostenlisten festgeschriebenen Sätze 20 Prozent über denen des BEL liegen sollten, sind Kürzungen der Aufwendungen für zahntechnische Leistungen vorprogrammiert. Da sich derartige Verzeichnisse oft nach dem BEL ausrichten, ist z. B. implantat-getragener Zahnersatz überwiegend nicht enthalten.

Selbstbehalt bei zahntechnischen und -ärztlichen Leistungen

Die ZZV deckt in der Regel nicht die Kosten für den gesamten Zahnersatz ab, sondern nur einen prozentualen Anteil vom zahnärztlichen Honorar. Der Basisbetrag, auf den sich dieser Prozentsatz bezieht, kann sehr unterschiedlich sein.

 

Um die zahntechnischen Kosten kalkulierbar zu machen, werden von der ZZV – je nach Höhe des monatlichen Beitrags – unterschiedliche Laborpreislisten kalkuliert und dem jeweiligen Tarif zugeordnet. Da die ZZV aufgrund der niedrigen Beiträge keine Vollkaskoversicherung sein kann, muss der Versicherungsnehmer von einer geringen prozentualen Kostenbeteiligung durch die ZZV ausgehen und die Versorgungslücke mit Eigenmitteln schließen. Weder der Zahnarzt noch das Dentallabor sind dafür verantwortlich. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.01.2006 klar unterstrichen, dass für die Prüfung der Erstattungspflicht nicht die Regelungen der GKV – insbesondere nicht das BEL – herangezogen werden dürfen. Die Aufforderung, die Rechnung nachträglich zu kürzen, sollte daher nicht befolgt werden.

Selbstbehalt bei Brillen als Beispiel

Die AXA-Colonia bietet eine Zusatzversicherung für Brillen. Der Tarif Med (EG 080) sieht eine Erstattung von 80 Prozent bei maximal 130 Euro innerhalb von zwei Jahren vor. Je nach Alter wird monatlich ein Beitrag in Höhe von 6,73 bis 11,31 Euro (23- bis 53-Jährige) fällig. Die AXA wirbt mit der Aussage „Mit der ambulanten Zusatzversicherung von AXA erweitern Sie Ihren Anspruch auf Gesundheitsleistungen umfassend.“ Wie allerdings soll bei einer monatlichen Zahlung von rund 8 Euro alle zwei Jahre eine Sehhilfe bis zu 130 Euro erstattet werden? 192 Euro reichen nicht aus, um die Verwaltungskosten und einen Kostenanteil für eine Sehhilfe zu zahlen. Auch hier kommt es zur Frage nach der medizinischen Notwendigkeit, wenn alle zwei Jahre eine neue Brille erworben wird. Zudem heißt es „maximal“ und nicht „auf jeden Fall 130 Euro“.

 

Hier passiert das Gleiche wie bei den zahntechnischen Kosten. Es wird suggeriert, dass man einen Schaden versichern soll und dass eine Kostenübernahme erfolgt. Tritt der Schaden ein, wird nach Tarifbestimmungen die Kostenbeteiligung möglichst klein gehalten und behauptet, der Leistungserbringer habe eine zu hohe Rechnung ausgestellt. Warum sollte – so muss man sich fragen – ein Zahnarzt, das Dentallabor oder ein Optiker seinen Preis senken, wenn der Patient sich derart versichert hat? Dieser kann einen höheren Versicherungsbeitrag zahlen, dann erhält er auch eine höhere Kostenerstattung.

 

Weiterführender Hinweis

  • Die Sachkostenliste – Hintergründe und Musterschreiben zu Problemen bei der Kostenerstattung; PI 01/2013, Seiten 7 ff.