21.03.2019·Praxisfall Kniffeliger Befund mit zwei Freiendsituationen im UK: Welche Festzuschüsse fallen an?
·Praxisfall
Kniffeliger Befund mit zwei Freiendsituationen im UK: Welche Festzuschüsse fallen an?
| Es kommt im Praxisalltag immer wieder vor, dass nach einem komplexen 01-Befund die korrekte Zuordnung der zutreffenden Festzuschüsse nicht auf die Schnelle möglich ist. Ein solcher schwieriger Fall wird nachfolgend vorgestellt: Bei einem Patienten, der im Unterkiefer (UK) zwei unversorgte Freiendsituationen aufweist, soll eine implantatgetragene und eine Hybridbrücke gefertigt werden. PI zeigt auf, was abzurechnen ist und wie Sie die Befunde korrekt zuordnen. |
Der Patientenfall
Bei dem Patienten fehlen im UK die Zähne 45‒48 und 33‒38. Die beiden Freiendsituationen waren bisher unversorgt. Der Zahn 44 muss überkront werden. In regio 34 wurde vor zwölf Jahren ein Implantat inseriert. Die zugehörige Krone ist erneuerungsbedürftig.
Nach Befundung, Fertigung und Auswertung einer Panoramaaufnahme wird der Patient über die möglichen prothetischen Alternativen im UK beraten. Einen herausnehmbaren Zahnersatz lehnt er kategorisch ab. Geplant werden daher eine implantatgetragene Brücke von 34 auf 36 und eine Hybridbrücke von 44 auf 46.
Der Befund und die Therapieplanung sehen wie folgt aus:
Welche Festzuschussbefunde sind ansatzfähig? Das ist bei diesem Befund eine durchaus komplexe Frage. Bevor PI die Lösung vorstellt und erläutert, zunächst einige Anmerkungen zu den Honorarleistungen.
Die Honorarleistungen
Da kein Ausnahmefall nach ZE-Richtlinie Nr. 36 besteht, liegt eine andersartige Versorgung vor. Auf der Anlage zum BEMA-HKP sind beispielsweise folgende Gebührenziffern anzusetzen:
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|||
Regio |
GOZ |
Leistungstext (Kurzform) |
Anzahl |
OK,UK |
0060 |
Abformung und Bissfixierung beider Kiefer |
1 |
OK |
4040 |
Beseitigung grober Vorkontakte der Okklusion und Artikulation durch Einschleifen |
1 |
44, 34 |
2270 |
Provisorium im direkten Verfahren mit Abformung |
2 |
UK |
5170 |
Abformung mit individuellem Löffel, je Kiefer |
1 |
46, 36, 34 |
5000 |
Vollkrone Brücken- oder Prothesenanker (Tangentialpräparation) |
3 |
45, 35 |
5070 |
Verbindung von Kronen oder Einlagefüllungen durch Brückenglieder, Prothesenspannen oder Stege, je zu überbrückende Spanne oder Freiendsattel |
2 |
44 |
5010 |
Vollkrone Brücken- oder Prothesenanker (Hohlkehl-/Stufenpräparation) |
1 |
Wie das Entfernen der alten Implantatkrone abzurechnen ist, wird unterschiedlich gesehen. Überwiegend wird die Meinung vertreten, dass die Nr. 2290 GOZ anzusetzen ist, zumal hier kein Ausnahmefall nach ZE-Richtlinie Nr. 36a besteht. Klären Sie diesen Punkt im Zweifelsfall mit Ihrer KZV. Wenn die alte Implantatkrone verschraubbar gestaltet ist, kann das Provisorium nach Nr. 2270 GOZ entfallen.
Auf einem privaten Therapieplan werden beispielsweise folgende Gebührenziffern erfasst:
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Region |
GOZ |
Leistungsbeschreibung |
Anzahl |
0040 |
Schriftlicher Heil- und Kostenplan KFO oder FAL/FAT |
1 |
|
34 |
2290 |
Entfernen Inlay/Krone, Abtrennen Brückenglied/Steg oder Ähnliches |
1 |
8020 |
Arbiträre Scharnierachsenbestimmung |
1 |
|
8050 |
Registrieren von Unterkieferbewegungen zum Einstellen halbindividueller Artikulatoren |
1 |
|
34 |
0100 |
Intraorale Leitungsanästhesie |
1 |
34 |
3080 |
Exzision einer Schleimhautwucherung größeren Umfangs |
1 |
46, 36 |
9050 |
Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln von Aufbauelementen bei zweiphasigem System während der rekonstruktiven Phase |
6 |
Die Begleitleistungen für die Implantate sind individuell zu adaptieren. Im Rahmen der Abformung werden zwei Abformpfosten und Abformmaterialien sowie Kunststoff für Provisorien benötigt.
Alternativ wird bei einer digitalen Abformung viermal die Nr. 0065 GOZ erforderlich. Hinzu kommt ggf. eine analoge Gebührenziffer für die Auswertung der PC-gestützten Daten am Bildschirm plus zweimal Scanbodys (Scankörper) für die Implantate (anstelle der Abformpfosten) als Materialkosten.
Weiterhin wird eine Alginatabformung im Vorfeld der Präparation für die Fertigung von Provisorien benötigt. Die Gesamtplanung sieht wie folgt aus:
In regio 34 wird in der R-Zeile keine Eintragung vorgenommen, da es für den Befund nach 7.2 noch nie eine Regelversorgung gab (siehe Kapitel 3‒5 in „Schwere Kost für leichteres Arbeiten“, KZBV Stand 01.01.2019).
Die Festzuschussbefunde
Folgende Festzuschussbefunde werden gewährt:
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Region |
Befund |
Anzahl |
UK |
3.1 |
1 |
44 |
3.2 |
1 |
44 |
4.7 |
1 |
34 |
7.2 |
1 |
34 |
1.3 |
1 |
Modellgussteilprothese
Nach einer Änderung der Festzuschuss-Richtlinien vom 08.11.2007 lösen ein fehlender Zahn 7 und Zahn 8 eine Freiendsituation aus. Soweit Zahn 7 und Zahn 8 ein- oder beidseitig fehlen und hierfür keine Versorgungsnotwendigkeit besteht, liegt keine Freiendsituation vor. Daher wird bei diesem Patientenfall der Festzuschuss 3.1 gewährt.
Teleskopkrone
Nach Festzuschussbefund 3.2 können bei mehr als drei Zähnen im Kiefer zwei Teleskopkronen als Regelversorgung gewährt werden. Dafür muss im Befund eines Patienten eine der drei folgenden Situationen vorliegen:
- a) eine beidseitig bis zu den Eckzähnen oder bis zu den ersten Prämolaren verkürzte Zahnreihe,
- b) eine einseitig bis zum Eckzahn oder bis zum ersten Prämolaren verkürzte Zahnreihe und kontralateral im Seitenzahngebiet eine bis zum Eckzahn oder bis zum ersten Prämolaren unterbrochene Zahnreihe mit mindestens zwei nebeneinander fehlenden Zähnen,
- c) eine beidseitig im Seitenzahngebiet bis zum Eckzahn oder bis zum ersten Prämolaren unterbrochene Zahnreihe mit jeweils mindestens zwei nebeneinander fehlenden Zähnen mit der Notwendigkeit einer dentalen Verankerung, wenn die Regelversorgung eine Kombinationsversorgung vorsieht, auch für frontal unterbrochene Zahnreihe, je Eckzahn oder erstem Prämolaren.
Da nur der Zahn 44 eine Krone erhält, kann der Festzuschuss nach 3.2 nur einmal angesetzt werden. Der Zahn 33 ist vorhanden, wird jedoch nicht prothetisch versorgt. Die Grundlage für diesen Sachverhalt findet sich in der Festzuschuss-Richtlinie Nr. A1 Abs. 2:
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„Die Festzuschüsse zu den Befunden werden auf Basis der befundbezogenen, im Einzelfall tatsächlich eingliederungsfähigen Regelversorgungen ermittelt und erst dann gewährt, wenn die auslösenden Befunde mit Zahnersatz, Zahnkronen oder Suprakonstruktionen so versorgt sind, dass keine weitere Versorgungsnotwendigkeit besteht.“ |
Teleskopkrone Verblendung
Festzuschüsse für Verblendungen werden immer dann gewährt, wenn die Regelversorgung diese vorsieht. Daher kann für den Zahn 44 der Befund 4.7 angesetzt werden.
Neue Suprakonstruktion und Verblendung
In regio 34 ist eine alte Suprakonstruktion vorhanden. Sind Erneuerungen von Suprakonstruktionen mit „sw“ gekennzeichnet, ist Befundgruppe 7 anzuwenden.
Die Insertion eines Implantats in regio 36 löst keine Befundänderung aus. Der Zahn fehlte bereits. Dieser Zustand bleibt, auch wenn dort ein Implantat inseriert und prothetisch versorgt wird. Da in regio 34 keine Einzelzahnlücke besteht (34 und 35 fehlen), wird für die neue Implantatkrone der Festzuschuss 7.2 gewährt. Dieser lautet:
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„Erneuerungsbedürftige Suprakonstruktion, die über den Befund nach Nr. 7.1 (Anmerkung der Redaktion: Einzelzahnlücke) hinausgeht, je implantatgetragene Krone, Brückenanker oder Brückenglied, höchstens viermal je Kiefer“ |
Der Festzuschuss für die Implantatkrone regio 36 und den fehlenden Zahn 35 ist bereits in Befund 3.1 enthalten. Die Verblendung wird nach Festzuschuss 1.3 gewährt. Die digitale Planungshilfe zeigt jedoch den Festzuschuss 2.7 an. Da ein befundorientiertes Festzuschusssystem besteht und das Implantat 34 eine Einzelkrone aufwies, ist Befund 1.3 aus dieser Perspektive korrekt.