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04.07.2012·Prophylaxe Wirksame Individualprophylaxe verlängert die Lebensdauer zahnärztlicher Implantate

·Prophylaxe

Wirksame Individualprophylaxe verlängert die Lebensdauer zahnärztlicher Implantate

von Nicole Graw, Grünert-Seminare, Hamburg

| Implantate in der Zahnarztpraxis haben die Behandlungsmöglichkeiten bei zahnlosen oder teilbezahnten Patienten sowie bei komplexen Rehabilitationen erweitert. Zahnimplantate stellen ebenso wie Zähne aufgrund ihrer anatomischen Position eine Schwachstelle für das Eindringen von Mikroorganismen in den menschlichen Körper dar. In diesem Beitrag wird erläutert, wie durch eine wirksame Individualprophylaxe die Lebensdauer von Implantaten verlängert werden kann. |

Periimplantäre Mukositis und Periimplantitis

Die Entzündung des periimplantären Weichgewebes durch das Eindringen von Mikroorganismen wird als periimplantäre Mukositis bezeichnet und als Periimplantitis klassifiziert, sobald auch das Hartgewebe betroffen ist. Die Hart- und Weichgewebe, die das dentale Implantat umgeben, weisen Ähnlichkeiten und grundlegende Unterschiede analog des Parodontiums auf. Entzündliche Prozesse, die sich auf das Weichgewebe beschränken, werden analog zur Ginigivitis als periimplantäre Mukositis beschrieben. Sobald der Knochen beteiligt ist, spricht man von einer Periimplantitis.

Periimplantäre Entzündungen zeigen ohne Behandlung eine deutliche Progredienz

Bereits die periimplantäre Mukositis bedarf einer Therapie, wobei der Fokus auf der Beseitigung des Biofilms liegt. Der Implantat-Patient wird bereits nach erfolgreicher Implementierung der Suprakonstruktion in ein strenges Prophylaxekonstrukt eingebunden. Die Inzidenz einer periimplantären Mukositis bei Patienten, die nicht in das Recall eingebunden sind, liegt bei etwa 50 Prozent. Wird diese Erstmanifestation nicht therapiert und behoben, geht sie in eine manifeste Periimplantitis über und kann letztendlich zum Verlust des Implantats führen.

 

In den Praxisalltag muss ein für alle Teammitglieder transparentes und verständliches Prophylaxekonzept für Implantat-Patienten implementiert werden. Ein wichtiger und entscheidender Punkt auf der Agenda der Implantatberatung – siehe dazu den „Aufklärungsbogen Implantologie/Augmentation“ im Online-Service (pi.iww.de) unter „Downloads“- ist die notwendige regelmäßige Prophylaxe.

Individuelle Therapien gewinnen insbesondere in der Prophylaxe bei Parodontitis-Patienten an Priorität!

Wenn Patienten eine Implantation anstreben, dann muss mindestens eine PZR inklusive ausgewählter Wirkstoffe vorweg durchgeführt werden. Die Evaluation in Bezug auf die Anzahl der Sitzungen resultiert aus der Compliance, Höhe der Blutungsindices und Sondierungstiefen. Bei Parodontitis-Patienten wird präoperativ nach subgingivaler Dekontamination mittels Ultraschall, Glycin-Pulver (zum Beispiel Perio Pulver) und/oder eines Kalzium-Natrium-Phosphosilikats (zum Beispiel Sylc) zur Eliminierung der parodontopathogenen Bakterien im parodontalen Gewebe ein Chlorhexidin-Diglocunat (0,12 Prozent) oder Sauerstoffpräparat (zum Beispiel Proxigingivine) appliziert.

 

Eine in der Vergangenheit aufgetretene behandelte oder auch unbehandelte Parodontitis erhöht die Wahrscheinlichkeit, an einer Periimplantitis zu erkranken. Die parodontale Erkrankung muss stabilisiert und die Alarmbefundung beseitigt sein, erst dann wird der Termin zur Implantation freigegeben.

 

Eine vermehrte Plaqueakkumulation ist selten allein verantwortlich für ein hohes Ausmaß einer parodontalen Erkrankung. Bei zusätzlich durch systemische Erkrankungen kompromittierten Parodontitis-Patienten sind häufiger rezidivierende periimplantäre Infektionen und sogar schwer therapierbare Komplikationen anzutreffen. Dennoch konnte gezeigt werden, dass bei einem dreimonatlichen Recall mit therapierter chronischer und aggressiver Parodontitis auch eine orale Rehabilitation mit Implantaten erfolgreich durchgeführt werden kann.

 

Internistische Aspekte wie Diabetes mellitus, rheumatische Erkrankungen (auch Fibromyalgie wird diskutiert), Bluterkrankungen, Menopause, Osteoporose etc. müssen berücksichtigt werden. Im Weiteren ist die Medikation abzuklären. Vielleicht müssen Bisphosphonate abgesetzt werden, um Kiefernekrosen zu vermeiden. Bei den Medikamenten Zometa und Aredia wurden zum Beispiel häufig Kiefernekrosen beobachtet. Eine mögliche genetische Prädisposition für IL-1 darf nicht ignoriert werden und ist ein weiterer Parameter in der Ursachenforschung.

 

Getreu dem Motto „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“ werden – auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten – Prophylaxemaßnahmen ausgewählt.

Prophylaxe nach Implementierung der Suprakonstruktion

Ist das Implantat gesetzt, erfolgt die nächste PZR im Anschluss der Eingliederung entsprechender Suprakonstruktion. In dieser Sitzung werden häusliche Pflegeutensilien – wie zum Beispiel die Anwendung von Thorntons Floss, die Reinigung mit einer Schallzahnbürste oder Singlebürste – besprochen und gemeinsam in der Umsetzung geübt.

 

Folgende basisdiagnostische Maßnahmen werden erhoben und dokumentiert:

 

  • 1. Sondierungstiefe: An gesunden wie an erkrankten Implantaten fehlen allgemeine Angaben: bei gesunden gelten als Richtwert 3-4 mm.
  • 2. Blutung auf Sondierung: Wenn bei einem Druck von nicht mehr als 0,2 bis 0,25 N keine Blutung auf Sondierung eintritt, ist das ein Indiz für stabile und gesunde periimplantäre Strukturen.
  • 3. Pusaustritt
  • 4. Klinischer Test auf Implantatmobilität
  • 5. Röntgenbilder: Es können Orthopantogramme, besser jedoch Einzelaufnahmen angefertigt werden. Weitere Röntgenbilder werden nach ein, drei und fünf Jahren der Belastung gefertigt.
  • 6. Eventuell eine mikrobiologische Analyse oder ein Genpolymorphismen-Test
  • 7. Parodontaler Zustand der restlichen Zähne

 

Nach den von Smith und Zarb festgelegten Erfolgskriterien dentaler Implantate darf der Knochenabbau im ersten Jahr der Belastung maximal 1,5 bis 2 mm und danach maximal 0,2 mm pro Jahr betragen.

 

Wenn alle Parameter zur Verlaufskontrolle und Früherkennung erhoben wurden, werden harte und weiche Beläge entfernt. Bei der Beseitigung von harten Belägen kommen Carbon- bzw. Kunststoffküretten zum Einsatz, um einer Beschädigung der Oberfläche vorzubeugen. Da diese Küretten die Implantatoberfläche nicht ausreichend reinigen können, stehen mechanische oder chemische Dekontaminationsmethoden zur Verfügung.

 

Zur mechanischen Reinigung werden spezielle Ultraschallansätze oder minimalinvasive Airflowpulver angeboten. Die chemische Komponente wird zum Beispiel durch ein CHX-Präparat (0,12 Prozent) erfüllt. Eine Politur ist nicht zu empfehlen. Weisen die benachbarten Zähne eine erhöhte Kariesanfälligkeit auf, so ist ein anorganisches Fluorid zu wählen. Organische Fluoride sind hydrophil und konnten nachhaltig für eine vermehrte Plaqueakkumulation an den Implantaten verantwortlich gemacht werden. Ziel des Therapiekonzepts ist es, frühzeitig pathologische Prozesse zu erkennen, entzündlicher Progression vorzubeugen und einen Verlust zu verhindern.

Erfolge durch Recallintervalle und motivierte Patienten

Bereits die beginnende, aber auch die etablierte periimplantäre Mukositis wird oft unterschätzt und entwickelt sich dann zu einer irreversiblen Periimplantitis. Selbstverständlich wird die erfolgreiche Regeneration der periimplantären Mukositis kontrolliert, um von weiteren Verlustfaktoren absehen zu können. Dies geschieht 14 Tage nach durchgeführter PZR. Kann keine Eindämmung der Alarmbefunde sichergestellt werden, muss nach weiteren Ursachen geforscht werden. Folgende Risikofaktoren begünstigen die Entstehung: Plaque, mangelnde Mundhygiene, hormonelle Veränderungen, Besiedelung der restlichen Zähne, schlecht fixierte Mukosa, Diabetes, Rheumaerkrankungen, parodonthopathogene Keime, Medikamente und Xerostomie.

 

Bleiben Risikofaktoren unerkannt, ist es nicht möglich, eine bedarfsorientierte Therapie einzuleiten und einen entzündungsfreien Zustand zu realisieren. Im Kampf gegen die Plaque und den Biofilm werden Implantatpatienten spätestens nach zwölf Wochen in der zahnärztlichen Prophylaxe vorstellig. Es erfolgt eine subgingivale Dekontamination, die Applikation der chemischen Wirkstoffkomponente sowie eine (Re-)Motivation. Die basisdiagnostischen Parameter werden stets zur Verlaufskontrolle dokumentiert und an Hand dessen wird reevaluiert. Durch regelmäßige Implantatprophylaxe und individuelle Therapien wird der Erfolg in der Implantologie langfristig gesichert.