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29.01.2014·Reaktion auf Umsatzschwächen Straumann senkt die Preise – der Implantatmarkt bewegt sich!

·Reaktion auf Umsatzschwächen

Straumann senkt die Preise – der Implantatmarkt bewegt sich!

| Die Zeiten des Wachstums im Hochpreis-Sektor sind vorbei. Der Premiumhersteller Straumann reagierte zum Jahreswechsel mit versteckten und offenen Preissenkungen auf sinkende Umsätze und Margen – und auf die Konkurrenz durch Billigsysteme und Nachahmerprodukte. |

180-Grad-Wende: „Der Preis spielt eine immer größere Rolle“

Implantologen erhalten mit Roxolid das Straumann-Implantatmaterial in Kombination mit der SLActive- oder SLA-Oberfläche zum gleichen oder niedrigeren Preis wie bislang das entsprechende Titan-Implantat. „Wir müssen eine 180-Grad-Wende vollziehen“, wird Straumann-CEO Marco Gadola zitiert. Der Preis spiele beim Zahnersatz eine immer größere Rolle, weshalb dieser gegenüber der Konkurrenz sinken müsse. Ein Aufpreis lasse sich künftig nur noch über technische Neuerungen rechtfertigen.

 

Die Vorgänger von Gadola – er ist seit März 2013 im Amt – hatten trotz des Aufkommens von Billigmarken davon Abstand genommen, eine Linie mit günstigeren Produkten aufzubauen. Ein Versäumnis, das die Firma teuer zu stehen kam: Umsatz und Gewinn gingen deutlich zurück. Fehlinvestitionen in das Fräs- und Scannerzentrum Etkon verstärkten den Druck zusätzlich.

 

Im Implantatmarkt findet eine Verschiebung statt. Noch gehört jedes zweite weltweit eingesetzte Implantat zur obersten Preisklasse. In einigen Jahren werde das nur noch bei jedem dritten der Fall sein, sagte Straumann-Chef Gadola. „Wenn wir unsere Preise nicht den Marktgegebenheiten anpassen, werden wir in preissensitiven Märkten wie Deutschland in einigen Jahren ein Drittel weniger Implantate verkaufen als heute.“ Im Deutschland tobt – so Gadola – ein erbarmungsloser Verdrängungswettbewerb, bei dem Straumann Marktanteile verliert. In diesem Jahr werde man preislich noch immer um 20 Euro über dem Hauptkonkurrenten Camlog liegen, „aber wenigstens nicht mehr um 40 Euro“.

Camlog: Günstige Systeme für den „alltäglichen“ Fall

Wie man als Premiumanbieter den Markt mit einem vereinfachten zweiten Produkt aufrollt, zeigt Camlog mit seinem System iSy: Mit 129 Euro ist das iSy-Implantat-Set deutlich günstiger als ein herkömmliches Implantat von Camlog zu haben. Durch ein Doppel- oder gar 4er-Set sinkt der Preis spürbar in den zweistelligen Bereich. Interessant ist, dass iSy jedes Implantat mit Einmalbohrer und bereits montiertem Einbringpfosten ausliefert, der als provisorisches Abutment fungiert. Ergänzt wird jedes Set durch einen Gingivaformer und zwei Multifunktionskappen aus Kunststoff. Und das für einen Preis, der für das untere Preissegment eine deutliche Kampfansage bedeutet.

 

Der Nachteil: Es sind nur wenige Größen und Durchmesser verfügbar, das Bohrerprotokoll ist stark reduziert und das iSy-Implantat heilt ausschließlich transgingival ein, was die Indikation auf „alltägliche“ Fälle reduziert. Dennoch kann man mit iSy bei strenger Indikation einfache, standardisierte Fälle qualitativ hochwertig versorgen – und das bei sehr attraktivem Preis, urteilt der Leipziger Implantologe Dr. Stefan Ulrici: Derzeit favorisierte Fälle sind UK-Seitenzahnversorgungen, OK-Prämolaren und Versorgungen vom zahnlosen Unterkiefer mit Locatoren, wobei der fehlende UK-6er bei jungen Patienten sicher ein „richtiger Klassiker“ werden könne.

 

Doch die Kombination von einfachem Protokoll und neuen Zielgruppen kann für die Premiummarke gefährlich werden. Das zeigt das Beispiel des einteiligen Implantats Nobel Direkt: Das Direktimplantat wurde von Nobel Biocare im Jahr 2004 auf den Markt gebracht und als Sofortimplantat für den unerfahrenen Zahnarzt beworben. Bereits Ende 2006 wurde aufgezeigt, dass Verluste vor allem auftraten, wenn nach Herstellerangaben sofort belastet wurde: Bei Implantation nach konservativer Methode mit Lappenbildung und Belastung nach sechs Wochen war nach einem Jahr nur ein einziges Implantat verloren gegangen. Beim Vorgehen nach der von Nobel Biocare empfohlenen Methode seien hingegen in 492 Fällen 58 Implantate – entsprechend 11,8 Prozent – verloren gegangen. Das gefährdete die Existenz der Produkte Nobel Direct und Nobel Perfect auf dem Markt.

Nachahmerprodukte als Preisdrücker und Ärgernis

Preisgünstige Implantate, ein preisgünstiges Instrumentarium und das einfache Protokoll könnten viele Zahnärzte bewegen, sich ein zweites System anzuschaffen. Denn es gibt nur wenige Zahnärzte, die mehrere Premiummarken parallel verwenden. „Das ist vergleichbar mit Apple und Microsoft“, sagt ein Branchenkenner. Der eine schwört auf Nobel Biocare, der andere auf Straumann. Das Problem ist, dass meistens diejenigen Kunden, die keine Ausbildungskurse beim Unternehmen gemacht haben, auch nicht mit den Produkten beliefert werden. Die Vertrautheit des Zahnarztes mit seinen Produkten sei entscheidend, wird argumentiert. Bei diesem Vorgehen steht aber nicht nur das Renomee der Firma und ihrer Produkte im Vordergrund – der Fortbildungsmarkt hat sich längst zu einer festen und einträglichen Graöße im Implantatmarkt etabliert, an dem auch die Firmen partizipieren.

 

Nachahmerprodukte – originalgetreue Kopien der Premiumprodukte – sind ggf. eine günstige Alternative für den Implantologen. Die gibt es mittlerweile zuhauf. Und die Nachahmerprodukte günstigerer Anbieter sind auch nicht immer schlechter als das Original. Zudem können die Kopien mit den Originalwerkzeugen der Premiumhersteller bei der Operation verwendet werden. So kann der Implantologe nicht nur bei den Implantaten, sondern auch beim Instrumentarium sparen. Kein Wunder, dass die etablierten Premiumhersteller gegen allzu vollmundige Versprechen der Hersteller von Nachahmerprodukten gerichtlich vorgehen. Und die aus der Pharmazie entlehnte Bezeichnung „Generika“ für Nachahmerprodukte solle nicht verwendet werden dürfen: Dentalimplantate können keine „Generika“ und nicht „bioäquivalent“ sein, schreibt Straumann. Es sei rechtswidrig, Nachahmungen so zu bezeichnen.

 

Quellen

  • [1] Neue Produkt- und Preisstrategie bei Straumann, Pressemitteilung vom 2. Januar 2014
  • [2] Pfister F. Straumann passt die Preise an. NZZ am Sonntag (NZZaS); Ausgabe 29. Dezember 2012
  • [4] Fischer B. Straumann: Zahn um Zahn. Handelszeitung vom 31. August 2012
  • [6] Ulrici S. iSy by Camlog – erste Eindrücke und chirurgische Erfahrungen. iloveimplants.de. 18. März 2013
  • [7] Nach drei Jahren: Schlechte Prognosen für Nobel Direct®-Implantate. Zahnmedizin Report 2008 (2):14
  • [8] NobelDirect® bleibt am Markt. Zahnmedizin Report 2007 (1):11
  • [9] Hersteller von Dentalimplantaten darf Nachahmungen nicht als „kompatibel“ oder „Generika“ bewerben. Pressemitteilung der Straumann Holding AG vom 20. Dezember 2012