Uncategorized

01.07.2016·Rechtsprechung Verblendungsmangel: Aktuelle Rechtsprechung zur Gewährleistung und Verjährung

·Rechtsprechung

Verblendungsmangel: Aktuelle Rechtsprechung zur Gewährleistung und Verjährung

| Bei verblendeten Kronen und Brücken können Reparaturen erforderlich werden. Im Rahmen der zweijährigen Gewährleistung muss der Zahnarzt kostenfrei Nachbesserungen vornehmen. In einem Gerichtsverfahren vor dem Land- und später Oberlandesgericht Frankfurt musste jetzt entschieden werden, wann der Anspruch auf Gewährleistung verjährt. |

Nachbesserung an den Verblendungen einer Brücke

Bei einer Patientin wurde im Jahr 2005 eine Frontzahnbrücke im Oberkiefer eingesetzt. Anfang 2007 zeigten sich auf den Keramikverblendungen kaum bemerkbare Verfärbungen in Form von schwarzen Punkten. Obwohl die Brücke im März 2007 mit einem Pulverstrahlgerät gereinigt wurde, konnten die Verfärbungen nicht beseitigt werden. Bis November 2007 fanden verschiedene weitere Behandlungstermine statt, bei denen u. a. erfolglos eine Ausbesserung der Verblendung erfolgte. Es wurde festgestellt, dass die schwarzen Punkte durch kleine Lufteinschlüsse (Lunker) im zahntechnischen Fertigungsprozess entstanden waren. Diese hatten sich geöffnet, sodass sich in den Hohlräumen Ablagerungen gebildet hatten, die sich später verfärbten. Der Zahnarzt informierte seine Haftpflichtversicherung über den Fall. Diese lehnte jedoch eine Regulierung mit der Begründung ab, dass es sich um einen Nacherfüllungsanspruch handele, der nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei.

Verblendungsmangel aufgrund werkvertraglicher Fehler

Lässt sich die Reklamation auf einen Materialfehler oder auf einen Fehler im Fertigungsprozess zurückführen, so gilt die verschuldensunabhängige Gewährleistung des Werkvertragsrechts. Diese beginnt mit der endgültigen Eingliederung der Arbeit und gibt dem Patienten für zwei Jahre das Recht, ein Nachbessern etwaiger Mängel zu verlangen. Die Gewährleistung beginnt dabei nicht, wenn das zahntechnische Werkstück im Labor fertiggestellt und/oder in die Praxis geliefert wird, sondern erst mit dem definitiven Eingliedern der Arbeit am Patienten.

Die Klage vor dem Landgericht

Die Patientin reichte in 2009 Klage beim Landgericht (LG) Frankfurt ein. Sie verlangte eine Vorschusszahlung für die Material- und Laborkosten einer neuen Brücke, das Feststellen der Ersatzpflicht des Zahnarztes für das im Zusammenhang mit der Eingliederung der neuen Brücke entstehende zukünftige zahnärztliche Honorar und Schmerzensgeld. Mit Urteil vom 13. April 2010 (Az. 2-18 O 201/09) gab das LG Frankfurt der Klage teilweise statt und verurteilte den Zahnarzt, 3.250 Euro als Vorschuss für die Erneuerung der Brücke zu zahlen. Weiterhin wurde u. a. eine Ersatzpflicht des Zahnarztes hinsichtlich zukünftig noch entstehender Kosten im Zusammenhang mit dem Austausch der Brücke festgehalten. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Ansprüche der Patientin in Bezug auf die fehlerhafte Prothetik nicht verjährt seien. Da die Patientin erst zu Beginn des Jahres 2007 von den Mängeln der Keramikverblendungen erfahren habe, sei die Verjährungsfrist erst mit dem Ende des Jahres 2007 eingetreten und durch das rechtzeitige Einreichen der Klage innerhalb von drei Jahren gehemmt.

 

In zweiter Instanz lehnte das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt jedoch am 23. November 2010 (Az. 8 U 111/10, Abruf-Nr. 110081 unter pi.iww.de) jegliche Mängelansprüche der Patientin aufgrund Verjährung gegen den Zahnarzt ab. Anders als das LG kam das OLG zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall nicht die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, sondern die Verjährungsregelung des § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB einschlägig ist. Danach tritt eine Verjährung zwei Jahre nach Abnahme des Werks ein. Die Abnahme erfolgte mit der Eingliederung des Zahnersatzes durch den Zahnarzt.

Gewährleistung beim Zahnersatz: Was gilt?

Unabhängig davon, ob ein Patient private oder vertragszahnärztliche Leistungen in Anspruch nimmt, werden im Verhältnis von Zahnarzt und Patient die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) angewandt, die zum Februar 2013 durch das Patientenrechtegesetz neu gefasst wurden. Danach wird der Behandlungsvertrag als Dienstvertrag definiert, bei dem der Zahnarzt keinen unbedingten Erfolg, sondern eine Lege-artis-Behandlung schuldet. Bereits seit Beginn der 1980er-Jahre ging die Rechtsprechung für rein zahntechnische Leistungen aber von der Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts aus. Der Zahntechniker hat eine zweijährige Gewährleistung dafür zu übernehmen, dass die zahntechnische Arbeit bei der Übergabe an den Zahnarzt ordnungsgemäß hergestellt war. Die folgende Grafik zeigt die Zusammenhänge auf:

 

.