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07.07.2017·Umsatzgarant Prophylaxe Wie kann man den Prophylaxe-Bereich gewinnbringend organisieren?

·Umsatzgarant Prophylaxe

Wie kann man den Prophylaxe-Bereich gewinnbringend organisieren?

von Jessica Greiff, Betriebswirtin im Gesundheitswesen und Inhaberin von Seminare am Johannisbollwerk, Hamburg

| Die Prophylaxe ist heute ein zentrales Element in jeder Zahnarztpraxis. Angetrieben durch ein gestiegenes Gesundheits- und Ästhetikbewusstsein wird sie bei den Patienten zusehends beliebter. Daher lohnt es sich, die eigene Praxisphilosophie und Praxisführung zu überprüfen. Wenn Prophylaxe kaum oder nur „so nebenher“ angeboten wird, werden ökonomische Entwicklungspotenziale liegen gelassen. Doch wie kommt man als Praxisinhaber zu einem gewinnbringenden Prophylaxe-Konzept? Wir zeigen es an einem Beispiel auf. |

Der Fall des Dr. Yes

Eine alteingesessene, von den Behandlungszeiten und dem Leistungsangebot allerdings sehr reduzierte Praxis wird inklusive eines fünfköpfigen Mitarbeiterstamms von einem jungen Zahnarzt übernommen. Wir nennen ihn Dr. Yes. Er hat die Schwerpunkte Implantologie und Kieferorthopädie. Sehr schnell stellt er fest, dass es zwar eine Prophylaxe gibt, die aber unstrukturiert läuft und keinen Gewinn abwirft. Dr. Yes beschäftigt sich näher mit den Zahlen und der Organisation der PZR und stößt auf folgendes Ursache-Wirkung-Gemenge:

 

  • Rückläufige Umsatzzahlen in der Prophylaxe
  • Ungenügendes Recall der Patienten, dadurch ungenügende Auslastung
  • Unzufriedenheit der Patienten in Bezug auf die Terminvergabe
  • Unsicherheit der Mitarbeiter bezüglich der Umsetzung
  • Unzureichende Dokumentation
  • Kaum Kommunikation zwischen dem Behandler und der ZMP
  • Fortbildungsdefizite

Das Kick-off-Gespräch

Dr. Yes schaltet einen Berater ein. Die Beratung beginnt mit einem Kick-off-Gespräch mit dem Behandler und den Mitarbeitern. Anschließend wird der Ist-Zustand präzise analysiert sowie speziell die Prophylaxe als betriebswirtschaftliche Komponente geprüft und durchkalkuliert. Aus einer Risikoanalyse ergeben sich besondere Arbeitsschwerpunkte. Im Fall der Praxis Dr. Yes sind es die Felder Kommunikation, Organisation, Stellenprofil und Marketing.

 

Ein professionell angeleitetes Kick-off-Gespräch des gesamten Teams einschließlich des Behandlers ist Grundlage jeglicher nachfolgender Arbeit. Es wird sichergestellt, dass alle Akteure der Praxis die Veränderung wollen, sich mit den Zielvorgaben identifizieren können und die Inhalte mittragen. Eine bloße Akzeptanz reicht aber nicht aus. Der Antrieb aus eigenem Willen wird deutlich eher erreicht, wenn die Mitarbeiter konstruktiv in den Planungs- und Umsetzungsprozess mit einbezogen werden. Wenn die Praxisführung wichtige Entscheidungen gemeinsam mit dem Team erörtert und festlegt, werden das Wir-Gefühl und der subjektive Identifikationsgrad gefördert. Regelmäßige Einzel- und Teamgespräche zur Umsetzung sind deshalb unerlässlich.

 

Generell werden folgende Zielperspektiven im Vordergrund stehen, wie sie Dr. Yes und sein Team am Ende des Kick-offs für die Prophylaxe formulierten: Umsatzsteigerungen, weniger durch Masse als durch Qualität (im Kontext der allgemeinen Praxisphilosophie); Individualisierung in Beratung und Behandlung; Einhaltung und Ausweitung der Fachkompetenz (u. a. durch interne und externe Fortbildungen), Rechtssicherheit und Transparenz in der Dokumentation; Optimierung der Schnittstellenarbeit durch definierte und einsehbare Kontrollboards (Arbeitsinhalte, Checklisten, Behandlungsmatrix usw.)

Die Ist-Analyse

Die Ist-Analyse ist unabdingbarer Startbaustein eines Prophylaxe-Konzepts. Ohne zu wissen, wie sich die Rahmenbedingungen der Praxis im Einzelnen darstellen, wo die Konfliktpunkte sind, lassen sich klare und umsetzbare Ziele kaum formulieren. Mit Blick auf die Prophylaxe sind zum Beispiel die folgenden Fragen im Rahmen der Ist-Analyse wichtig:

 

  • Wie ist hoch die Auslastung der Prophylaxe-Abteilung?
  • Wie oft und aus welchen Gründen sagen Patienten ab oder erscheinen nicht?
  • Wie gestaltet sich der Ablauf der PZR-Sitzung?
  • Welche Kommunikation findet zwischen Patient und ZMP statt?
  • Wie intensiv ist die Kommunikation zwischen ZMP und Behandler?
  • Wird die Praxissoftware adäquat genutzt? Werden die Behandlungsschritte, die Kommunikation und die Therapieplanung ausreichend dokumentiert?

Betriebswirtschaftliche Kalkulation

Die betriebswirtschaftliche Kalkulation sieht wie folgt aus:

 

  • Musterbeispiel einer Grobplanung

Gehalt inklusive Abgaben

35.000 Euro

Materialien Prophylaxe

14.000 Euro

Raumkosten (20 qm)

3.600 Euro

Abschreibungen

5.000 Euro

Zinsen für Kapitalaufnahme

1.750 Euro

Folgekosten (Wartung, Reparaturen etc.)

1.000 Euro

Anteilige Kosten (Stb., FoBi, Ausfall, Vers. etc.)

6.000 Euro

Investition

66.350 Euro

 

Das sind insgesamt jährliche Kosten von 66.350 Euro. Bei 1.000 Prophylaxe-Stunden sind das pro Stunde 66,35 Euro – damit sind die Kosten gedeckt. Durch die Grobplanung der laufenden Kosten wird transparent, was die Einführung der Prophylaxe an Kosten verursacht bzw. an Erlösen erwirtschaftet werden muss, um gewinnbringend zu arbeiten.

Die Break-Even-Kalkulation

Mit der Break-Even-Kalkulation wird festgestellt, nach wie vielen Prophylaxe-Stunden sich die Investition amortisiert hat. In unserem Beispiel der Praxis von Dr. Yes rentiert sich die Einführung bereits nach 71 Behandlungsstunden.

 

Monatliche Fixkosten

5.529 Euro

davon Gehalt

2.916 Euro

davon anteilige Miete

300 Euro

Rohertrag pro Sitzung

(90 Euro Erlös ./. 12 Euro Materialkosten)

78 Euro

Break-Even

(5.529 Euro : 78 Euro = 70,88, gerundet 71 Stunden)

71 Stunden

 

Der im Beispiel von Dr. Yes erzielbare Erlös von 90 Euro wurde nach der Auswertung der Praxisdaten durch den Steuerberater vorgegeben. Auch zur Feinplanung wird der Steuerberater hinzugezogen.

Organisation und Kommunikation

Im Fall der Praxis Dr. Yes haben die Analysen gezeigt, dass bestimmte Kommunikations- und Organisationsstrukturen Mängel aufzeigen, die letztendlich Geld kosten. Hier sind dringend Verbesserungen notwendig. Die zentralen Elemente des Behandlungsablaufs – Terminvereinbarung, Behandlung und Verabschiedung des Patienten – als Ganzes zu verstehen und die administrativen Schnittpunkte als wichtige Schlüsselstellen zu erkennen, war für das Praxisteam wichtig. Besonders der Übergang von „normaler“ Behandlung zur Prophylaxe-Sitzung sollte verbessert werden.

Wie soll das neue Konzept bekannt gemacht werden?

Hier entschied man sich für eine Doppelstrategie: Während alle Stammpatienten spätestens im Rahmen der Kontrolluntersuchung über die Vorzüge der Prophylaxe aufgeklärt werden, sollen Neupatienten in einem Willkommensschreiben und im persönlichen Erstgespräch mit dem Behandler über das Konzept und die Notwendigkeit der PZR informiert werden. Gleichzeitig wird die EDV an die konzeptionellen Veränderungen angeglichen, der Neupatient also unter „neuen“ Bedingungen verwaltet. Die Behandlungseinheiten und Prophylaxe-Sitzungen werden damit eindeutig und nachvollziehbar dokumentiert (Kürzel, Therapieplan, Ordnernotizen, ORG-Modul in der Software), notwendige Recalls angezeigt und in der EDV protokolliert.

 

Zusätzlich entscheidet sich die Praxis für zeitliche Behandlungsvariationen in der Prophylaxe (30-, 45- oder 60-Minuten-Einheiten), die eine exaktere Abrechnung ermöglichen und den Patienten in seiner häuslichen Mitarbeit motivieren sollen, seine finanziellen Eigenleistungen reduzieren zu können.

 

Wichtig | Die Prophylaxeeinnahmen und -ausgaben sollten in der FIBU der Praxissoftware eigens gekennzeichnet und differenziert verbucht werden. Das erleichtert allen Beteiligten – auch dem Steuerberater – die Arbeit.

Die Behandlungsmatrix

Dr. Yes und seine ZMP haben sich entschlossen, eine „Behandlungs-Matrix“ zu erarbeiten. Sie stellt den Ablauf und die Maßnahmen dar. In einer Besprechung wird es dem Team erklärt, anschließend liegt diese Matrix in jedem Behandlungszimmer aus und ist für jede Mitarbeiterin schnell zugänglich.

 

  • Beispiel: Ausschnitt einer Behandlungsmatrix
Diagnose
Termin 1
Termin 2
Termine 3, 4, 5 etc.

Paro-gesund,Beläge

PZR 30/45/60, Muhy, Indices, Zungenreinigung, Recallintervall festlegen

Bei sehr viel Aufwand, NR-PZR 30 oder 45, Indices, Muhy-Ktr, ZR, Recall festlegen

Desens-DHS

PZR 45/60, Muhy, Indices, Ernährungsberatung, ZR, Desensibilisierung

NR-PZR 30 nach ca. 6 Wochen, PZR, Ktr, Indices, ZR, Desensibilisierung/Recall festlegen

 

(Quelle: Seminare am Johannisbollwerk)

 

Im kommunikativen Bereich sind regelmäßige Kurz-Meetings eine gute Möglichkeit, sich zu informieren, auszutauschen und abzustimmen. Dr. Yes und sein Team entscheiden sich für folgende allgemeine und spezielle Info-Tools:

 

  • Die Einführung eines maximal fünf- bis zehnminütigen Briefings am Morgen und am Abend. So ist der Informationsfluss garantiert und die Aufgaben der Abteilungen werden tagesaktuell synchronisiert.
  • Behandler und ZMP verbessern ihre Koordination durch eigene spezifische Besprechungseinheiten, die regelmäßig stattfinden sollen.
  • Die für alle verpflichtende Nutzung des ORG-Moduls als Kommunikationsplattform ergänzt die Maßnahmen.

 

Die kurze Besprechung ist eine Herausforderung. Damit sie tatsächlich kurz verläuft, müssen alle Akteure konzentriert und diszipliniert sein.

Das Stellenprofil

Für ein effektvolles Prophylaxe-Konzept ist es ratsam, ein exaktes Stellenprofil zu entwickeln. Arbeitet eine Praxis bereits im QM-Modus, existieren dazu auch schon Rohschnitte in Form von Stellen- bzw. Funktionsbeschreibungen. Ein Stellenprofil – in unserem Fall das der ZMP – definiert detailliert alle relevanten Arbeitsinhalte. Im Optimalfall sind auch die partiellen Arbeitsinhalte der beteiligten Akteure (Rezeption/Recall, Behandler, ZMP) beschrieben. Jeder weiß nun, was seine Aufgaben sind und wo die der anderen beginnen. Die korrekte und zeitnahe Leistungseingabe der Prophylaxe-Behandlung ist Aufgabe der jeweiligen ZMP bzw. ZMF. Das setzt gute Abrechnungskenntnisse voraus.

Das Marketing

Ein schlüssiges, für die Patienten nachvollziehbar hilfreiches Konzept der Prävention und Pflege muss unbedingt beworben werden. Selbstverständlich sind externe Marketingmaßnahmen ein guter Weg. Traditionell sind es lokale Printanzeigen, die Aufmerksamkeit erzeugen. Die Patientengewinnung im Bereich der medizinischen Dienstleistungen folgt allerdings häufig einem simplen Gesetz, nämlich dem der Empfehlung durch Mundpropaganda. Das gilt in besonderem Maße für die Zahnmedizin.

 

Selbstverständlich erreicht heute eine Zahnarztpraxis durch die Prophylaxe kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Entscheidend ist, welche Qualität das Konzept besitzt und ob es im Praxisalltag von allen Praxismitarbeitern konsequent „gelebt“ wird. Verbindet der Patient seinen Praxisaufenthalt – vor allem die PZR – mit positiven Erfahrungen und wird er für seine Zahnpflege von ZMP und Behandler gelobt, ist dies unbezahlbar positives Marketing.

 

Unsere Praxis entscheidet sich darüber hinaus bewusst, die Prophylaxe in den Mittelpunkt ihres inhaltlichen Online-Auftritts (Praxis-Homepage) zu stellen, um auch dort für mehr Eigenverantwortung in der Zahnpflege zu sensibilisieren. Ferner initiiert sie Aktionen (z. B. „Weiße Zähne für den Weihnachtsmann“) und Give-aways (z. B. Urkunde, Tattoo, Button) vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendlichen-Prophylaxe.

Kontrolle und Steuerung des Prophylaxe-Konzepts

Das Team von Dr. Yes trifft sich regelmäßig mit seinem Coach, um die Abläufe zu kontrollieren. Gibt es Probleme an den Behandlungsschnittstellen, werden Lösungsmöglichkeiten beschlossen und am Folgetag umgesetzt. Außerdem werden die Soll- und Ist-Werte des Prophylaxe-Bereichs gecheckt und ggf. wird nachgesteuert. Die Maßnahmen laufen in der folgenden Reihenfolge ab:

 

 

FAZIT | Eine Zahnarztpraxis, die keine Prophylaxe anbietet, verzichtet auf ein schlüssiges Therapiekonzept und auf eine gute Einnahmequelle. Wenn sich ein Behandler für Prophylaxe entscheidet, sollte eine langfristige und professionelle Lösung angestrebt werden. Übrigens: Dr. Yes ist zufrieden. Sein neues Konzept läuft gut an. Ihm ist die langfristige Patientenbindung wichtig, aber nicht um jeden Preis. Sein Prophylaxe-Konzept fügt sich in der Ausrichtung in die Gesamtphilosophie der Praxis ein, die möglicherweise die teurere, dafür aber qualitativ hochwertige und nachhaltige Arbeit in den Vordergrund stellt.