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01.06.2012·Widersprüchliche Studiendaten Das Platform-Switching – gegen Periimplantitis und für enger stehende Implantate?

·Widersprüchliche Studiendaten

Das Platform-Switching – gegen Periimplantitis und für enger stehende Implantate?

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter „Zahnmedizin Report“, Berlin

| Der crestale Knochenumbau nach einer Implantatinsertion wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Beim Platform-Switching werden Aufbauteile mit einem geringeren Durchmesser als der Implantatkörper verwendet. Nachfolgend setzen wir uns mit den Vor- und Nachteilen dieser Technik auseinander. |

Mögliche Vorteile des Platform-Switching

Zahlreiche Studien weisen auf mögliche Vorteile des Platform-Switching hin: So steht ein größerer Bereich für die Weichgewebeanlagerung zur Verfügung, die Distanz für das innere Saumepithel bis zum ersten Knochenkontakt wird verlängert und möglicherweise wird auch die biomechanische Knochenreaktion verbessert. Klinisch interessant erscheinen auch Indikationen, bei denen die Implantate enger nebeneinander stehen und so der Abstand zwischen den Aufbauteilen erhöht werden kann.

 

Ein stabiles crestales Knochenniveau im Bereich der Implantatschulter stellt die Grundlage zur Erzielung eines ästhetisch einwandfreien Behandlungsergebnisses dar, da hierdurch maßgeblich die Stabilität der periimplantären Weichgewebestruktur beeinflusst wird. Bei den überwiegend verwendeten zweiteiligen Implantatsystemen ist der Mikrospalt zwischen Implantat und Abutment konstruktionsbedingt für Flüssigkeiten und Mikroorganismen durchlässig, woraufhin sich Flüssigkeitsbewegungen vom Innenraum in die Implantatumgebung und umgekehrt ergeben. Mikrobewegungen zwischen Implantat und Abutment führen zu einem Knochenabbau, der so lange voranschreitet, bis sich – analog zur natürlichen Bezahnung – die biologische Breite ausgebildet und stabilisiert hat.

Zufällige Feststellungen statt wissenschaftliche Evidenz

Die Annahme, dass die nach innen gerichtete Verschiebung der Implantat-Abutment-Verbindung – das Platform-Switching – krestalen Knochen erhalten kann, basierte primär auf zufälligen Feststellungen statt auf wissenschaftlicher Evidenz. Aufgrund von erfolgversprechenden klinischen Fallberichten und präklinischen Studien ist das Platform-Switching in den letzten Jahren auch in der Praxis aufmerksam beobachtet worden, weil zahlreiche Implantatsysteme heute diese Option eröffnen.

 

Präklinische Studien konnten zeigen, dass bei Implantaten mit einem Platform-Switching das innere Saumepithel kürzer als bei den Kontrollen war (Stufe 0,3 mm); die Unterschiede im Bereich der krestalen Umbauvorgänge zeigten jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen Platform-Switching und Kontrolle.

Das Ergebnis von zehn Studien mit 1.239 Implantaten

In einem systematischen Review von Atieh et al., bei dem zehn Studien mit 1.239 Implantaten eingeschlossen wurden, kamen die Autoren zum Ergebnis, dass der marginale Knochenverlust bei Implantaten mit einem Platform-Switching signifikant geringer war als bei Implantaten ohne diese Technik. In diesen Studien fanden sich jedoch keine Unterschiede hinsichtlich der Rate an Implantatverlusten. Der marginale Knochenverlust im Bereich um Platform-Switch-Implantate war aber signifikant geringer. Die Übersichtsarbeit wies darauf hin, dass ein Platform-Switching das Knochenniveau zwischen Implantaten besser erhalten kann und dass der Knochenverlust um so geringer war, je größer die Stufe war.

 

Die Autoren wiesen jedoch auch darauf hin, dass Langzeituntersuchungen fehlen und vor allem ein großer Bedarf an klinisch kontrollierten Studien besteht. Und diese zeigen durchaus gemischte Ergebnisse.

Aktuelle Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen

Eine aktuelle niederländische Studie untersuchte die Wirkung von Platform-Switching auf den periimplantären Knochenumbau um kurze Implantate (8,5 mm). Ein Jahr nach der Implantation war der Knochenumbau um die Test-Implantate (0,53 ± 0,54 mm) signifikant geringer als um die Kontroll-Implantate (0,85 ± 0,65 mm). Im Hinblick auf Implantat-Überlebensrate und klinischen Parametern wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Versuchs-und Kontrollgruppe beobachtet.

 

Auch eine randomisierte klinische Studie an der Universität Bern konnte nicht bestätigen, dass mit dieser Technik der periimplantäre Knochenverlust um das Implantat verringert wird. Bei 25 Probanden wurden zwei Implantate mit einem Durchmesser von 4 mm in eine Seite des hinteren Unterkiefers eingesetzt. Nach drei Monaten gedeckter Einheilung wurden pro Patient je ein Test-Abutment mit 3,3 mm Durchmesser angebracht, was zu einer horizontalen Stufe von 0,35 mm (Platform-Switching) führte. Auf das Kontroll-Implantat wurde ein 4-mm-Abutment befestigt.

 

Alle Patienten wurden in kurzen Intervallen überwacht. Nach einem Jahr betrug der mittlere radiologische vertikale Knochenverlust an den Test-Implantaten 0,53 ± 0,35 mm und an den Kontroll-Implantaten 0,58 ± 0,55 mm. Die Implantat-Innenräume wurden durch Bakterien kontaminiert, wobei keine signifikanten Unterschiede in der Gesamtaktivität zwischen dem Test und der Kontrolle zu verzeichnen waren.

 

Auch eine randomisierte prospektive Studie italienischer Wissenschaftler konnte keinen statistisch signifikanten Unterschied des Knochenabbaus zwischen Implantaten mit oder ohne reduziertem Aufbaudurchmesser finden. Die Autoren folgern aus ihren Beobachtungen, dass die Knochenresorption wohl eher auf biologische Faktoren (Wiederherstellung der biologischen Breite) beruht als auf biomechanischen Faktoren (Durchmesser der Implantatplattform).

 

Aufgrund der periimplantären Knochenresorption an Implantaten ohne Platform-Switching, die den Einflüssen der Mundhöhle ausgesetzt sind, wurde empfohlen, mindestens 1,5 mm Abstand zwischen Zahn und Implantat zu belassen, um den Knochen an den angrenzenden Zähnen zu erhalten.

 

Die Ergebnisse einer retrospektiven radiologischen Analyse spanischer Zahnmedziner bestätigen nun, dass Plattform-Switching die Knochenresorption um zweiteilige Implantate nach Freilegung reduziert. Außerdem zeigen sie, dass es möglich ist, solche Implantate in nur einem Millimeter Abstand von natürlichen Zähnen zu setzen und dabei den Knochen zwischen Implantat und Zahn zu erhalten.

 

FAZIT | Nach heutigem Kenntnisstand weist das Platform-Switching im Vergleich zu formkongruenten Aufbauteilen keine Nachteile auf. Die bisher zur Verfügung stehenden präklinischen und klinischen Daten deuten nur auf mögliche Vorteile bei den krestalen Knochenumbauvorgängen hin. Mehrere Studien haben gezeigt, dass an Implantaten mit Platform-Switching weniger periimplantärer Knochenabbau zu beobachten ist als bei Implantaten ohne Platform-Switching.