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13.02.2020·Zahnarzthaftung Arztbriefe sind auch nach Behandlungsende bei bedrohlichen Befunden weiterzugeben!

·Zahnarzthaftung

Arztbriefe sind auch nach Behandlungsende bei bedrohlichen Befunden weiterzugeben!

| Jeder Arzt bzw. Zahnarzt sollte unbedingt sicherstellen, dass die Patienten von bedrohlichen Befunden unter allen Umständen erfahren, auch wenn sie länger nicht mehr in der eigenen Praxis zur Behandlung waren. Sonst drohen rechtliche Konsequenzen. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Hausärztin verurteilt, die eine ‒ nach dem Arztwechsel fälschlicherweise ‒ an sie gerichtete Mitteilung über einen bösartigen Tumor nicht an den Patienten weiterleitete (BGH, Urteil vom 26.06.2018, Az. VI ZR 285/17, Abruf-Nr. 203104). Das Urteil ist auch auf Zahnärzte übertragbar. |

 

Der Fall: Hausärztin leitete Arztbrief mit Tumordiagnose nicht weiter

Der Patient verklagte seine Hausärztin und warf ihr einen Behandlungsfehler vor. Er hatte sich ursprünglich in deren Praxis mit Schmerzen im linken Bein und Fuß vorgestellt. Die Hausärztin überwies an eine Fachärztin zur weiteren Behandlung. Für den Patienten folgten ambulante Behandlungen und radiologische Maßnahmen in zwei verschiedenen Kliniken. Die entsprechenden Arztbriefe wurden von den Kliniken jeweils an die weiterbehandelnde Fachärztin übersandt und nicht an die Hausärztin.

 

Einige Wochen nach den klinischen Untersuchungen erhielt die Hausärztin dann den fehlgeleiteten Arztbrief von der Klinik, in dem es hieß, dass beim Patienten entgegen der vermuteten Diagnose kein Neurinom, sondern ein maligner Nervenscheidentumor vorliege. Und wörtlich: „Wir bitten, den Patienten in einem onkologischen Spezialzentrum … vorzustellen.“ Die Hausärztin leitete dieses Schreiben jedoch weder an den Patienten weiter noch informierte sie diesen. Als der Patient sie wegen einer anderen Verletzung zwei Jahre später konsultierte, kam das Gespräch auf die Bösartigkeit der in der Kniekehle entfernten Geschwulst. Der Patient stellte sich daraufhin erneut in der Klinik vor, wo er wegen eines Rezidivs des Nervenscheidentumors erneut operiert werden musste. Der Patient forderte von seiner Hausärztin Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen der unterbliebenen Befundweiterleitung.

 

Die Entscheidung des BGH

Der BGH gab ihm Recht. Die Verantwortung für die (weitere) Behandlung durch die Überweisungen sei zwar grundsätzlich auf den Facharzt und in Folge auf das Krankenhaus übergegangen. Gleichwohl sah das Gericht eine Verpflichtung der Hausärztin, dem Patienten die schwere Diagnose mitzuteilen. Dies sei unbedingt erforderlich, wenn nicht klar sei, dass der Patient oder der diesen weiterbehandelnde Arzt sie ebenfalls erhalten hat und auch dann, wenn der Patient möglicherweise den Arzt gewechselt hat. Den Arzt trifft insoweit eine aus dem Behandlungsvertrag nachwirkende Schutz- und Fürsorgepflicht.

 

FAZIT | Relevant sein kann das Urteil insbesondere für MKG- und Oralchirurgen, denn diese betreuen regelmäßig Überweiserpatienten, bei denen im MKG-Bereich Tumore diagnostiziert werden.