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31.08.2017·Zahnmedizin Der Sinuslift ‒ wann sollte das laterale, wann das transcrestale Verfahren angewandt werden?

·Zahnmedizin

Der Sinuslift ‒ wann sollte das laterale, wann das transcrestale Verfahren angewandt werden?

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZR Zahnmedizin Report, Berlin

| Die Sinusbodenaugmentation oder der Sinuslift ist die häufigste und stabilste Methode zur Herstellung einer für die Implantation akzeptablen Knochenhöhe in der posterioren Maxilla. Das Ziel ist die Erweiterung des Knochenvolumens durch Abheben der Schneider’schen Membran vom Alveolarknochen und durch Applikation von Knochenersatzmaterial in den so entstandenen Hohlraum. |

Lateraler und transcrestaler Sinuslift ‒ die Unterschiede

Die beiden Verfahren unterscheiden sich wie folgt:

 

  • Beim lateralen Sinuslift wird der operative Zugang durch laterale Präparation eines Knochenfensters in der bukkalen Sinuswand geschaffen.

 

  • Beim transcrestalen Sinuslift wird der Alveolarknochen durch crestale Vorbohrung und Verwendung von Osteotomen vorsichtig frakturiert und die Schneider’sche Membran ohne direkte Sicht angehoben ‒ z. T. auch hydraulisch oder mit einem kleinen Silikonballon.

Der besondere Patientenfall

In seiner Dissertation an der Universität Wien beschreibt Mattäus Breu die Anwendung beider Techniken. Sein Patientenfall ist interessant, weil beide Methoden zeitgleich an derselben Patientin angewandt wurden: auf der einen Seite der invasivere, laterale Zugang und auf der anderen Seite der minimalinvasive, transcrestale Zugang.

 

Die in diesem Fall beschriebene 45-jährige Patientin hatte zwei Lücken im Oberkiefer regio 16 und 26. In beiden Regionen war nicht genügend Knochen zur sofortigen Implantation vorhanden. Daher wurden in regio 16 ein lateraler Sinuslift mit Implantation nach fünf Monaten und in regio 26 ein transcrestaler Sinuslift ‒ genügend Restknochen von 6 mm war vorhanden ‒ mit Sofortimplantation geplant und durchgeführt.

Lateraler Sinuslift

Nach Eröffnung eines lateralen Knochenfensters wurde unter direkter Sicht die Schneider’sche Membran vom Inneren des Sinus gelöst ‒ und gleichzeitig ein vorhandenes Underwood’sches Septum vom Sinusboden abpräpariert. Das frei präparierte Knochenfragment wurde mithilfe von Sinusboden-Elevatoren mit dem freien Septum nach innen und cranial in eine horizontale Position luxiert. Der Raum, der durch das Luxieren des Knochenfragments zwischen Membran und Sinusboden frei wurde, konnte mit Knochenersatzmaterial (BioOss®/Geistlich) aufgefüllt werden. Anschließend wurde das buccale Knochenfenster mit einer BioGide®-Membran (Fa. Geistlich) abgedeckt und spannungsfrei vernäht.

Transcrestaler Sinuslift

Nach dem Zahnfleischschnitt wurde mit einem Trepanbohrer ‒ mit einem geringeren äußeren Durchmesser als das geplante Implantat ‒ langsam bis zu 1 mm unterhalb des Kieferhöhlenbodens aufbereitet. Mit einem kleinen Hammer wurde ein Osteotom gegen den entstandenen Knochenzylinder vorsichtig nach kranial geklopft. Dadurch wird die Schneider‘sche Membran angehoben. Dann erfolgte eine Vorbohrung mit dem Implantatbohrer, um das Implantatbett vorzubereiten. Es wurde ein 10 x 5 mm NobelReplace Tapered®-Implantat (Nobel Biocare) gesetzt und vollständig im Knochen versenkt, mit einer Deckschraube verschlossen und vernäht.

 

FAZIT | Der transcrestale Sinuslift sollte bei einer vertikalen Restknochenhöhe des Alveolarkamms von mindestens 5 mm und geplanter Versorgung einer Einzelzahnlücke durchgeführt werden. Auch die lokalen anatomischen Verhältnisse und die Erfahrung des Behandlers spielen als Entscheidungskriterium eine wichtige Rolle. Der transcrestale Sinuslift ist mit geringerem Aufwand und weniger Komplikationen verbunden. Die Inzidenz einer Perforation ‒ der häufigsten Komplikation beim Sinuslift ‒ ist in der Literatur mit bis zu 25 Prozent im Vergleich zu 44 Prozent beim lateralen Zugang beschrieben. Durch die fehlende direkte Sicht bleibt jedoch ein Restrisiko für einen Augmentatverlust oder eine unbemerkte Perforation bestehen.

 

Die Indikation für den lateralen Sinuslift besteht bei einer komplexeren Anatomie oder Pathologien der Kieferhöhle, weniger als 5 mm Restknochenhöhe, einer Augmentation für mehrere Implantate oder einer ungünstigen Wurzelposition der Nachbarzähne (Yamamichi, Itose et al. 2010). Der große Vorteil dieser Methode ist die direkte Sicht in die Kieferhöhle. Dadurch ist die gleichmäßige Verteilung des Knochenersatzmaterials bis zur medialen Sinuswand gewährleistet. Außerdem ist der Umgang mit Komplikationen ‒ wie einer weiten Perforation der Schleimhaut ‒ vereinfacht. Dennoch handelt es sich um ein deutlich invasiveres Verfahren mit entsprechend längeren Eingriffs- und Heilungszeiten als der transcrestale Sinuslift. Deshalb sollten die genannten Indikationen streng eingehalten werden (Lundgren, Cricchio et al. 2017) (Jang, Kim et al. 2010).

 

Quellen

  • Yamamichi N et al. Sinusbodenaugmentation: Schwierigkeitsgrade, chirurgisches Vorgehen, Komplikationsmanagement. Berlin, 2010 (Quintessenz Verlag)