Intraorale Scanner – sind sie genau genug?
| Die intraorale Scanner-Technologie ist ein wichtiger Baustein in der digitalen Zahnmedizin. Doch sind die verfügbaren Systeme auch genau genug für die klinische Anwendung? Studien verglichen handelsübliche Scansysteme. Für die Datenerfassung werden aus dem Labor bekannte Technologien – das heißt Streifenlicht (CEREC BlueCam®, Sirona) oder konfokale Laser (CADENT iTero®, Align Technology) – für Einzelaufnahmen eingesetzt, im anderen Fall eine Videotechnik (Lava C.O.S®, 3M Espe). Bei allen Verfahren werden die Bilder nachfolgend zu einem Datensatz zusammengefügt, um größere Abschnitte oder den gesamten Zahnbogen zu erfassen. [1] |
von Wolfgang Schmid, Schriftleiter „ZahnmedzinReport“, Berlin
Probleme beim Scannen
Problematisch bleibt aber bei allen Systemen noch die Darstellung subgingivaler Bereiche – insbesondere dann, wenn Blut, Speichelreste oder Gewebe die Zahnoberfläche bedecken. Zudem erfordern einige intraorale Scanner vor der Aufnahme noch das Aufbringen einer optischen Beschichtung. Dies setzt eine absolute Trockenlegung voraus, die umso schwieriger einzuhalten ist, je größer der Scanbereich bzw. die Anzahl der zu scannenden Zähne ist. Der Intraoralscanner wird bestimmte analoge Unzulänglichkeiten obsolet machen (Verziehen des Abdrucks). Die „Abformung“ erfolgt jedoch auch hier bei geöffnetem Mund. Zwar erfolgt die Zuordnung von OK zu UK bei geschlossenem Mund und ohne den Patienten irritierende Checkbiss-Materialien. Dennoch gibt es Fehlermöglichkeiten (Lateral- bzw. Sagittalverschiebungen des Unterkiefers, Inklinationen der Zähne durch zu starken Kaudruck etc.).
PRAXISHINWEIS | Vorteile ergeben sich durch die sofortige Korrekturmöglichkeit am Bildschirm sowie durch den Wegfall von Arbeitsschritten, besonders in der Praxis: Auswahl des Abformlöffels, Anmischen der Abformmasse, Abwarten von Abbinde- und Desinfektionszeiten sowie Modellherstellung. Nachteilig wirken sich vor allem die hohen Investitionskosten in die Systeme aus. |
Wie genau sind die Scanner?
Informationen zur Genauigkeit der Intraoralscanner existieren kaum. Doch eine Studie der Universität Jena zeigt: Es gibt deutliche Unterschiede zwischen Geräten zur digitalen Abformung im Hinblick auf die dreidimensionale Einpassung von auf dieser Grundlage gefertigten vollkeramischen Teilkronen. Nach der Präparation eines ersten unteren Molaren aus Kunststoff erfolgte die digitale Abformung mithilfe der Geräte iTero® (Align Technology), cara TRIOS® (Heraeus Kulzer), CEREC® AC mit Bluecam (Sirona) und Lava® C.O.S. (3M ESPE), bevor der Lithiumdisilikat-Rohling bearbeitet wurde. Es ergaben sich die folgenden mittleren marginalen und inneren Abweichungen für die gefertigten Teilkronen: iTero® 90/92 µm, cara TRIOS® 128/106 µm, CEREC® 146/84 µm und Lava C.O.S.® 109/ 93 µm. Schwachpunkte wurden im Bereich der Höckerspitzen oder der okklusal-approximalen Engstelle (Isthmus) dokumentiert, wo die Restauration meist zu klein ausfiel. Im Gegenzug konnten zu hohe Punkte zum Beispiel entlang der Präparationslinie beobachtet werden. [2]
Auch an der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde die Genauigkeit intraoraler Scansysteme überprüft. Für die Studien wurden jeweils Studienmodelle hergestellt. Diese basierten zum einem auf dem Modell einer stahlgesinterten Maxilla mit präparierten Zähnen an 17, 11 und 25 sowie einem Implantat-Urmodell mit jeweils zwei Implantatpositionen pro Quadrant. In beiden Studien wurden jeweils zehn Scans pro System durchgeführt.
Untersuchte Systeme waren: LAVA C.O.S®, 3M ESPE; True Definition Scanner®, 3M ESPE; Cerec BlueCam®, Sirona; Cara TRIOS®, 3Shape/ Heraeus; Cadent iTero®, Align Technology. Die untersuchten Systeme wiesen bei direkter Überlagerung Abweichungen (ganzer Kiefer, positive/ negative Werte) von +16 (±3–) µm bis +99(±3–) µm und -16(±3-35) µm bis -119(±4-36) µm. Bei einzelnen Zähnen gab es (pos./neg. Werte) Abweichungen von +9(±1-5) µm bis +20(±1-5) µm und -9(±1-7) µm bis -21(±1-8) µm. Die indirekte Analyse der Scandaten des Implantat-Urmodells ergab bei den untersuchten Systemen Abweichungen von +9,7 µm±13,4 µm (min. -17,6 µm, max. +25 µm) im Quadrant, sowie +65,7 µm±38,7 µm (min. -9,2 µm, max. +123,0 µm) über den gesamten Kiefer. [3]
Messreihen am Patienten
Im Gegensatz zu den Studien unter In-vitro-Bedingungen untersuchte Tabea Viktoria Flügge an der Universität Freiburg die Genauigkeit eines intraoralen Scanners (Cadent iTero) direkt an Patienten. Die Digitalisierung kompletter Zahnbögen am Patienten erzeugte höhere Abweichungen als in zuvor gezeigten In-vitro-Studien. Die intraoralen Bedingungen beeinflussten die Präzision des iTero®-Systems negativ. Der iTero®-Scanner zeigte zudem eine geringere Präzision im Gegensatz zur konventionellen analog-digitalen Technik (Polyetherabdruck, Gipsmodell, extraoraler Scan mit dem Laborscanner D250®). [4]
PRAXISHINWEIS | Innerhalb der Grenzen dieser Studien und der bisherigen Ergebnisse sind alle getesteten Systeme genau genug für die klinische Anwendung (Einzelzahn, kleingliedrige Brücken). Alle Passungenauigkeiten dieser Testreihe lagen laut Literatur noch in einem akzeptablen Rahmen, so die Wissenschaftler. Komplexere – zum Beispiel multi-implantatgetragene – Restaurationen lassen sich aber derzeit nicht bzw. noch nicht mit allen Systemen realisieren. |
- [1] J. Tinschert: Intraorale Scanner-Technologie. 41. Jahrestagung der AG Dentale Technologie. Böblingen, 7.-9. 6. 2012
- [2] Schaefer O et al. Impact of digital impression techniques on the adaption of ceramic partial crowns in vitro. J Dent 2014; 42 (6): 677-683
- [3] Kämpe H et al. Präzision intraoraler Scansysteme – was ist derzeit möglich? 28. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung, Hamburg, 5.-6. 9. 2014
- [4] Flügge T. Digitale intraorale Abformungen im Vergleich zur konventionellen Abformtechnik. Dissertation, Freiburg 2013