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07.03.2014·Abrechnung Die Fraktur einer Abutmentschraube – was kann für die Reparatur berechnet werden?

·Abrechnung

Die Fraktur einer Abutmentschraube – was kann für die Reparatur berechnet werden?

| Die Schraubverbindung im Implantat sorgt für den sicheren Halt zwischen Implantataufbau (Abutment, Sekundärteil) und Implantatkörper, sowohl bei konfektionierten als auch individuell gefrästen Abutments. Einem Bruch der Abutmentschraube geht meist eine Schraublockerung voraus, die zu spät oder gar nicht erkannt wird. Für einen Bruch dieser Schraubverbindung sind Überlastungen durch die Suprakonstuktion meistens die Ursache. |

Suche nach Implantathersteller und Produktdaten

Wurde der Patient in der eigenen Praxis mit der Suprakonstruktion versorgt, lassen sich die Hersteller- und Produktdaten der defekten Suprakonstruktion aus der Dokumentation entnehmen. Schwierig wird es, wenn die Versorgung in einer anderen Praxis erfolgte und der Patient weder einen Implantatpass noch andere Unterlagen besitzt, die eine Identität ermöglichen. Eine Kontaktaufnahme mit der ehemaligen Praxis ist bei Praxisaufgabe nicht möglich.

 

Nach visueller Kontrolle wird eine Röntgenaufnahme gefertigt, die bei fehlender Herstellerkenntnis als Hilfsmittel dient, die Produktdaten in Erfahrung zu bringen. Hilfreich sind hier sicherlich das Implantat-Register des BDIZ mit Röntgenbildern und Implantatsteckbriefen als auch eine Datenbank im Internet, die unter www.whatimplantisthat.com abgerufen werden kann (siehe dazu den Beitrag in PI 09/2013 Seite 13). Darüber hinaus kann es auch zu gemeinsamen Terminen mit dem Patienten und Medizinprodukte-Beratern relevanter Implantatfirmen kommen. Der nicht unerhebliche Zeitaufwand sollte festgehalten und in den Gesamtpreis einkalkuliert werden.

Verfügbarkeit von Implantatmaterialien

Auch wenn der Implantathersteller gefunden ist, bleibt zu klären, ob der damals inserierte Aufbau überhaupt noch verfügbar ist. Eine Nachkaufgarantie bieten nur wenige der großen Unternehmen (ein wichtiger Aspekt gegenüber preiswerten Mitbewerbern, die überwiegend keine Nachkaufgarantie und auch kein Reparatur-Set bei Frakturen anbieten). Der Kostenaufwand im Rahmen von Schraubfrakturen und bei der Erneuerung von Suprakonstruktionen wird bei der Insertion „preiswerter Systeme“ oftmals nicht beachtet.

Verfügbarkeit von systembezogenen Werkzeugen

Eine weitere Erschwernis besteht in der Verfügbarkeit des erforderlichen Instrumentariums. Da im Zuge der Weiterentwicklung von Implantatprodukten in den vergangenen 30 Jahren auch die Werkzeuge verifiziert wurden, besteht in der Praxis selten ein Alt-Fundus des hausinternen Implantatsystems. Die Neubeschaffung verursacht Kosten, die schnell 160 bis 250 Euro betragen.

Berechenbarkeit von Werkzeugen und Instrumenten

Können die speziell für einen Patienten bestellten Werkzeuge und Instrumente in Rechnung gestellt werden? Die Reparaturmaßnahme ist für einen Kassenpatienten mit allen Begleitleistungen – nach vorheriger Aufklärung und Unterschrift auf dem Vordruck § 4 Abs. 5 BMV-Z und § 7 Abs. 7 EKVZ – als außervertragliche Leistung nach GOZ und GOÄ zu bezahlen. Die GOZ umfasst in § 4 Abs. 3 Satz 1: „Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, für den Sprechstundenbedarf, für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten sowie für Lagerhaltung abgegolten, soweit nicht im Gebührenverzeichnis etwas anderes bestimmt ist.“

 

Eine Berechnung von Werkzeugen und Instrumenten ist somit nach dem Gebührenrecht nicht gestattet. Betrachtet man jedoch das Honorar (GOZ-Nr. 9060 bei 2,3-fachen Satz 40,49 Euro), so übersteigt die Anschaffung oftmals bei Weitem diesen Betrag. Wenn die Werkzeuge und Instrumente nur für einen Patienten extra bestellt werden müssen (exotisches Implantatsystem, extrem veraltete Implantatkomponenten usw.), bleibt es im Ermessen des Praxisinhabers, ob diese „Hilfsmittel“ nach Abschluss der Behandlung dem Patienten gereinigt und sterilisiert – nach Unterschrift des Patienten für die Aushändigung in der Patientendokumentation – weitergereicht werden. Über die Kosten muss der Patient im Vorfeld aufgeklärt und die Aufbewahrung dieser Hilfsmittel verdeutlicht werden (Urlaub, Umzug in entfernte Stadt usw.).

 

Hier stoßen das Gebührenrecht und eine praxisnahe Lösung aufeinander. In der Regel ist es nicht möglich, dass der Patient die erforderlichen Hilfsmittel selbst bestellen kann, da Medizinprodukte nur an Ärzte, Zahnärzte und Laborinhaber abgegeben werden dürfen. Hier sollte jeder für sich unter den genannten Aspekten des Gebührenrechts seine fallbezogene Entscheidung treffen.

Entfernung einer frakturierten Abutmentschraube

Der Erfolg der Rettungsaktion ist von der Bruchposition und der Festigkeit des eingeschraubten Fragments abhängig. Renommierte Implantathersteller bieten hierfür „Reparatur-Sets“ an. Diese Sets enthalten zum Beispiel spezielle Schraubendreher, die Schrauben gegen den Uhrzeigersinn herausschrauben können. Alternativ werden Ultraschallinstrumente eingesetzt, durch deren Vibrationskraft der Schraubenrest gelockert werden kann.

 

Da es zahlreiche Formen an Innenverbindungen und somit auch Schraubkörper gibt, muss der Zeitaufwand für die erforderliche Reparatur so gut wie möglich im Vorfeld abgeschätzt werden, was sich jedoch meist als unmöglich herausstellt. Das Herausbohren der Schraube beschädigt oftmals auch das Innengewinde des Implantats, sodass die Verankerung des Abutments entweder nur mittels einer Klebetechnik im Implantat erfolgt (der langfristige Erfolg ist allerdings zweifelhaft!) oder aber zusätzlich ein Gewindeschnitt notwendig wird. Alternativ bleibt nur die Explantation des Implantats übrig, die jedoch medizinisch nicht notwendig ist.

 

Honorierung des Reparatureinsatzes

Im Folgenden werden nur die Kernleistungen für die Entfernung der Implantatkrone und des Abutments aufgezeigt. Die Leistungen müssen fall- und faktorbezogen an die Behandlung adaptiert werden.

 

  • Erste Sitzung
GOÄ/GOZ-Nr.
Text
Faktor
Euro
Min.

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

2,3

10,72

Ä5000 oder

Ä5004

Röntgenaufnahme oder

OPG

1,8

1,8

5,24

41,96

Ermittlung Implantathersteller, Bestellung Abutment, ggf. Aufbau für Provisorium, Gingivaformer oder Verschlussschraube.

Werkzeug existent oder bestellen?

xy

Ä1

Beratung

3,5

16,31

 

 

 

0030

Privater HKP, ggf. Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1+2 GOZ, ggf. Vordruck für außervertragliche Leistungen bei Kassenpatient

Heil- und Kostenplan

 

 

 

3,5

 

 

 

39,37

 

  • Zweite Sitzung
GOÄ/GOZ-Nr.
Text
Faktor
Euro
Min.

2290

Alginatabformung zur Herstellung direktes Provisorium vor Entfernung einer zementierten Krone oder

Entfernung einer transversal bzw. okklusal verschraubten Krone mittels Schraubendreher

3,5

35,43

 

Zwei Varianten der Abutment-Entfernung – je nach Aufwand

Erste Variante: Der Implantataufbau wird bei geringem Zeitaufwand ausgewechselt (der Originaltext befindet sich auf der nächsten Seite).

 

GOÄ/GOZ-Nr.
Text
Faktor
Euro
Min.

9060

Herausfräsen der frakturierten Abutmentschraube und Wechsel gegen zweites Element (neues Abutment, Gingivaformer, Verschlussschraube etc.)

2,3

40,49

 

Zweite Variante: Der Implantataufbau wird in einer oder mehreren Sitzungen mit erheblichem Zeitaufwand (Honorarvereinbarung der GOZ-Nr. 9060 im Vorfeld der Behandlung) ausgewechselt.

 

GOÄ/GOZ-Nr.
Text
Faktor
Euro
Min.

9060

Herausfräsen der frakturierten Abutmentschraube und Wechsel gegen zweites Element (neues Abutment, Gingivaformer, Verschlussschraube etc.)

>3,5

 

Problem: Der oftmals extreme Zeitaufwand ist im Vorfeld nicht absehbar, eine Honorarvereinbarung kann jedoch während oder nach der Behandlung nicht mehr getroffen werden.

 

Die GOZ-Nr. 9060 (Auswechseln von Aufbauelementen im Reparaturfall) weist lediglich 313 Punkte auf, sodass selbst bei einem 10-fachen Faktor nur 176 Euro erzielt werden. Dauert eine Entfernung des Frakturelements im Durchschnitt 60 Minuten, so müsste bei einer Honorarstunde von 240 Euro ein Steigerungsfaktor in Höhe etwa 14-fach vereinbart werden. Gestaltet sich die Entfernung zeitintensiv, ist die Suche nach dem inserierten Implantatsystem mit Zubehör im Vorfeld aufwendig und beträgt die Honorarstunde mehr als 240 Euro, stellt sich erneut die Problematik nach einer gebühren-, aber auch leistungskonformen Berechnung.

Ist die Entfernung vielleicht analog berechenbar?

Klare Antwort: Nein. Mit Einführung der GOZ zum 1. Januar 2012 wurde die GOZ-Nr. 9060 in die Gebührenordnung integriert. Der Leistungstext lautet: „Auswechseln von Aufbauelementen (Sekundärteilen) im Reparaturfall. Die Leistung nach Nummer 9060 ist für ein Implantat höchstens einmal je Sitzung berechnungsfähig.“ Allerdings enthält der Leistungstext die Aussage, dass ein zweites Teil „gewechselt“ wird. Über die Art der Entfernung findet sich weder in der Kommentierung der Bundeszahnärztekammer (Stand 13. August 2013) noch in der Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit ein Hinweis.

Stellt das Herausfräsen eine zahntechnische Leistung dar?

Das Herausfräsen einer gebrochenen Abutmentschraube – mit oder ohne Reparatur-Set – kann in der Bewertung der GOZ-Nr. 9060 nicht enthalten sein. Hierunter versteht sich vielmehr die Wechseltätigkeit eines regulär zu entfernenden Implantataufbaus gegen eine Verschlussschraube, einen Gingivaformer oder ein neues Abutment. Anderenfalls müsste der Zahnarzt bei der 60-minütigen Entfernung unter Steigerung der GOZ-Nr. 9060 auf den 3,5-fachen Faktor mit einem Honorar in Höhe von 61,61 Euro auskommen. Damit sind weder die Raum-, Hygiene-, Material- und Personalkosten noch die Kosten für die speziellen Instrumente und Werkzeuge zuzüglich der eigenen Arbeitszeit abgedeckt.

 

Lässt sich der Fräsvorgang als zahntechnische Leistung nach der Bundeseinheitlichen Benennungsliste (BEB) darstellen? Das ist denkbar. Eine neue BEB-Ziffer muss angelegt, betitelt und bewertet werden, so zum Beispiel die Nr. 3997: „Herausfräsen frakturierte Titanschraube aus Suprakonstruktion unter Erhalt des intakten Implantats.“ Diese Leistungsziffer wird individuell nach Zeitaufwand und Honorarumsatz je Stunde vom Praxisinhaber kalkuliert. Die BEB-Nummer und der Text können individuell definiert werden.

 

Sollte zusätzlich das Gewinde im Implantat geschnitten werden, kann der Leistungsinhalt der BEB-Nr. 3997 ergänzt werden.