06.12.2010 |Abrechnung Was bei der Abrechnung der Freilegung eines Implantats nach GOZ-Nr. 904 zu beachten ist
06.12.2010 |Abrechnung
Was bei der Abrechnung der Freilegung eines Implantats nach GOZ-Nr. 904 zu beachten ist
Bei der Erarbeitung der GOZ im Jahre 1987 gab es noch eine andere Definition von ein- und zweiphasigen Implantatsystemen. Damals verstand man unter dem Begriff „Einphasiges Implantatsystem“ zum Beispiel die Ledermannschraube. Heute allerdings beinhaltet der Begriff eine Implantatinsertion, bei der nach Abschluss der Operation das Implantat – abgedeckt mit einer Schraube – bereits aus der Schleimhaut herausragt und daher in der Regel nach Osseointegration (Einheilung) keine Freilegung erforderlich ist. Diese Art der Implantation bezeichnet man auch als „transgingivales“ Vorgehen.
Der überwiegende Anteil an Implantationen wird jedoch geschlossen vorgenommen. Die Implantate heilen bei dieser Vorgehensweise unter der Schleimhaut ein, werden zu gegebener Zeit chirurgisch freigelegt und Sekundärteile gewechselt. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, was Sekundärteile überhaupt sind.
Die Definition des Begriffs „Sekundärteile“
Die 1994 vom ehemaligen Präsidenten des BDIZ, Dr. Hartmann, eingeführte Definition für den Begriff „Sekundärteile“ hat bis heute Bestand: „Sekundärteile sind als jene Teile definiert, die nicht mit dem Implantat verklebt, verschweißt oder verlötet sind.“ Daraus ist abzuleiten, dass alle Teile wie zum Beispiel Verschluss- und Abdeckschrauben, Einheilkappen, Gingiva- oder Sulcusformer, Abformkomponenten und Implantataufbauten (Abutments, Sekundärteile) als Sekundärteile anzusehen sind, die in unterschiedlichen Phasen der Therapie Anwendung finden.
Streit um die Abrechnung der GOZ-Nr. 904
Im Zusammenhang mit dem Einfügen von Sekundärteilen gibt es immer wieder Streit um die Abrechnung der GOZ-Nr. 904. Die Leistungslegende lautet: „Freilegen eines Implantats und Einfügen von Sekundärteilen bei einem zweiphasigen Implantationssystem“. Bei der Freilegung wird nach Anästhesie zum Beispiel mit einem Skalpell, einer Stanze oder einem Laser das Implantat sichtbar gemacht und die darauf befindliche Verschluss- oder Abdeckschraube, die das Implantat während der Einheilphase abschließt, entfernt. Um die Höhe der Gingiva nach Freilegung zu überbrücken, wird eine Einheilkappe, ein Gingiva- bzw. Sulcusformer oder ein anderes Sekundärteil zur Formung der Gingivamanschette eingefügt.
Jedes Implantatsystem weist dabei eine Vielzahl an unterschiedlichen Komponenten auf. Die Sekundärteile können aus einem oder aus mehreren Teilen zusammengesetzt sein, sodass damit der Leistungsbeschreibung der GOZ-Nrn. 904 und 905 Rechnung getragen wird (Plural: „Sekundärteilen“).
Es macht weder zahnärztlich noch abrechnungstechnisch Sinn, die einzelnen Teile separat zu betrachten. Sie fügen sich zu einer Konstruktionseinheit zusammen, wie „Konstruktionseinheit Abformkomponente“ (durchaus aus zwei Teilen bestehend) oder „Konstruktionseinheit Abutment bzw. Sekundärteil“ (mit bzw. ohne zusätzliche Verschraubung). Diese Konstruktionseinheit wird als Sekundärteil bezeichnet und ist als Teil dem Implantatsystem zugehörig zu betrachten. Der Hinweis in der Leistungslegende „Sekundärteilen“ bezieht sich daher auf eine Komponente, die aus mehreren Einzelteilen zusammengefügt ist, nicht auf unterschiedliche Sekundärteile, die bei der Freilegung und Abformung benötigt werden.
Ist die mehrfache Berechnung der GOZ-Nr. 904 möglich?
Eine erneute Berechnung der GOZ-Nr. 904 ist in einem Behandlungsfall durchaus möglich, wenn der Patient die Praxis aus gewissen Gründen nicht aufsuchen kann. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Patient für einen längeren Zeitraum einen Krankenhaus-, Kur- oder Auslandsaufenthalt wahrnehmen muss. Auch bei Verlust einer Einheilkappe, eines Gingiva- oder Sulcusformers kann eine Freilegung erneut medizinisch notwendig werden, wenn sich die Schleimhaut wieder komplett über das Implantat gelegt hat, sodass das Implantat nicht mehr sichtbar ist und erneut freigelegt werden muss. Eine kurze Erläuterung bei der zweiten Berechnung der GOZ-Nr. 904 ist im Hinblick auf private Kostenträger von Vorteil.
Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer (Stand 3. Dezember 2004) zum Freilegen von Implantaten
Die Leistung nach der Gebühren-Nr. 904 GOZ ist in der Regel pro Implantatpfosten einmal berechnungsfähig. |
Stellungnahme des Konsultationsausschusses (Stand 7. Mai 2001)
Die Leistung nach der Gebühren-Nr. 904 GOZ ist pro Implantatpfosten einmal berechnungsfähig. In Ausnahmefällen bei begründeter medizinischer Indikation kann die Gebühren-Nr. 904 wieder berechnet werden. |
Schleimhautwucherung entfernen: Abrechnung nach GOZ-Nr. 307 oder GOZ-Nr. 408?
Wenn nach der Implantat-Freilegung in einer folgenden Sitzung eine kleine Schleimhautwucherung entfernt werden muss, die das Implantat nur anteilig bedeckt, so kann diese Maßnahme zum Beispiel nach GOZ-Nr. 307 oder bei Formung des Weichgewebes nach halb gedeckter Einheilung (zum Beispiel bei Verwendung einer abgeschrägten Einheilkappe) nach GOZ-Nr. 408 berechnet werden. Die Leistungslegende der Nr. 307 lautet: „Exzision von Schleimhaut oder Granulationsgewebe, als selbstständige Leistung.“ Der Inhalt der Nr. 408 lautet: „Gingivektomie, Gingivoplastik, je Parodontium.“
Regelungsdefizit aufgrund der Weiterentwicklung der Implantatsysteme liegt vor
Erfolgt in einer Sitzung nicht nur die Freilegung eines Implantats, sondern auch die Abformung auf Implantatniveau mit Hilfe von systembedingten Abformkomponenten, so ist der Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 904 zwar in erster Linie erfüllt, allerdings erfolgt hier ein weiterer Schritt, der bei Festlegung der GOZ 1987 nicht bekannt war, da die Kombination von Freilegung und Abformung in einer Sitzung aufgrund der damals verfügbaren Sekundärteile nach heutigem Standard nicht möglich war. Damals wurden meist vor der Abformung die endgültigen Implantataufbauten im Implantat inseriert und darauf – in dritter Ebene – entsprechende Abformkomponenten platziert. Die Abformung erfolgte auf Sekundärteil- und selten auf Implantatniveau, sodass bei Anprobe und Eingliederung ein Auswechseln von Sekundärteilen nicht mehr stattfand.
Diese Vorgehensweise ist aber aufgrund von Problemen im periimplantären Weichgewebe und durch absolute Einschränkungen bei der zahntechnischen Umsetzung der vorgegebenen Situation wissenschaftlich überholt. In der heutigen Zeit wird in der Regel auf Implantatniveau abgeformt, die geeigneten Implantataufbauten für die patientenbezogene Situation meist im Dentallabor ausgewählt und am Tage der prothetischen Eingliederung im Implantat definiert. Es handelt sich somit um ein Regelungsdefizit aufgrund des damaligen wissenschaftlichen Standards in der Implantologie und dem Entwicklungsstand der Implantatsysteme.
Private Kostenträger, Autoren und einzelne Gerichte sind der Ansicht, dass die Leistungslegende der GOZ-Nr. 904 bereits das Auswechseln von Sekundärteilen – also von mindestens zwei Elementen – beinhaltet und eine zusätzliche Berechnung der Nr. 905 neben der Nr. 904 in gleicher Sitzung nicht gegeben sei. Hierbei muss jedoch stets geprüft werden, welcher Sachverhalt der kombinierten Berechnung der GOZ-Nrn. 904 und 905 zugrunde liegt.
Fazit: In Anbetracht der identischen Honorarbewertung der GOZ-Nrn. 904 und 905 kann es nicht sein, dass eine reguläre Freilegung mit Einfügung von Einheilkappe, Gingiva- oder Sulcusformer das gleiche Honorar erzielt wie eine zusätzlich noch erbrachte Abformung in gleicher Sitzung. Die GOZ-Nr. 905 ist eindeutig nicht Teilinhalt der GOZ-Nr. 904, was allein durch die Existenz der GOZ-Nr. 905 schon bestätigt ist. Eine Zielleistung ist im Gebührenrecht weder installiert noch vom Verordnungsgeber beschrieben worden.