02.11.2012·Der Praxisfall Knochenblockaugmentation im Frontzahnbereich und Implantatinsertion bei mehrzeitigem Vorgehen
·Der Praxisfall
Knochenblockaugmentation im Frontzahnbereich und Implantatinsertion bei mehrzeitigem Vorgehen
| Bei einem Schüler wurden unfallbedingt eine Knochenblockaugmentation im Frontzahnbereich und eine Implantatinsertion bei mehrzeitigem Vorgehen durchgeführt. Mit der Abrechnung der dabei erbrachten Leistungen und den zu beachtenden Besonderheiten befasst sich dieser Beitrag. |
Der Fall und die Vorgehensweise
Bei einem Schulunfall vor fünf Jahren kam es bei einem 17-jährigen Schüler zu einer Luxation der Zähne 21 und 22. Der Zahn 21 wurde so stark geschädigt, dass er trotz aller Erhaltungsversuche entfernt werden musste. Der Patient trug in den letzten drei Jahren einen provisorischen klammergetragenen Zahnersatz. In diesem Zeitraum kam es zu einer typischen Resorption des alveolären Knochens regio 21. Je nach Knochenverlust können diese Defekte mit kleinen Mengen von autologem Knochen aus der Implantatregion oder mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt werden.
In diesem Fall war der Knochenabbau so ausgeprägt, dass eine Knochenblocktransplantation aus dem Unterkieferwinkel erforderlich wurde. Der intraoral entnommene Block wurde regio 21 mittels einer Osteosyntheseschraube fixiert. Zusätzlich war an Zahn 22 ein parodontaler Knochendefekt verblieben, der ebenfalls mit autologem Knochen via Knochenmühle und Knochenersatzmaterial rekonstruiert wurde. Zur Stabilisierung des Augmentats wurde eine Membran eingebracht.
Aufgrund der geschilderten Ausgangssituation musste der operative Eingriff zweizeitig vorgenommen werden. Die temporäre Lückenversorgung erfolgte alio loco durch einen provisorischen Einzelzahnersatz, der an den beiden Nachbarzähnen mittels SÄT fixiert wurde.
Nach Ablauf der Einheilung des Knochenblocks (etwa fünf Monate) erfolgte die Freilegung unter Bildung eines Trapezlappens und die problemlose Entfernung der Osteosyntheseschraube aus dem transplantierten Knochenareal. Während der Präparation des Implantatbetts wurde autologer Knochen via Knochenfalle gesammelt und damit kleine verbliebene Hohlräume aufgefüllt. Zur Volumenvergrößerung des Weichgewebes erfolgte die Entnahme eines Bindegewebstransplantats aus dem Gaumen regio 25, 26. Dieses wurde ebenfalls in das Implantatgebiet eingebracht. Zusätzlich wurde eine laborgefertigte Verbandplatte zur Abdeckung der Entnahmeregion eingesetzt. Die Implantatregion wurde bereits im Labor freigeschliffen.
Die Einheilphase verlief komplikationslos. Nach weiteren fünf Monaten erfolgte die Freilegung und Insertion des Sulkusformers. Die weitere prothetische Versorgung wurde alio loco vorgenommen.
Wie bereits erwähnt handelte es sich hier um einen Schulunfall, der auch der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gemeldet wurde. Die DGUV übernahm anstelle der gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten für die Heilbehandlung. Die Versorgung mit Implantaten ist im Vertragstext nicht explizit aufgeführt. § 28 SGB VII beschreibt folgendes:
„(3) Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit der Zahnärzte, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist.“ |
Aufgrund des Alters des Patienten und der kariesfreien Nachbarzähne war hier die Versorgung durch ein Implantat angezeigt. Nach Erstellung des Heil- und Kostenplans hat die DGUV nach entsprechender positiver Begutachtung durch ihr eigenes Beratungs- und Gutachterwesen zugestimmt, die Materialkosten und das zahnärztliche Honorar für eine implantat-chirurgische Versorgung zu übernehmen. Da es sich hier um eine rein private Leistung gemäß GOZ handelt (die also nicht in der DGUV verankert ist), empfiehlt es sich, den Patienten über ggf. ihm verbleibende Kosten vorab zu informieren.
Hinweis | Die Versorgung mit einer implantatgetragenen Krone ist Leistungsinhalt der gesetzlichen Unfallversicherung. Hier ist eine Abrechnung nach GOZ mit dem Unfallversicherungsträger ausgeschlossen, da es ein eigenes „Gebührenverzeichnis für die Versorgung der Unfallverletzten und Berufserkrankten mit Zahnersatz und Zahnkronen“ gibt. Eine Mehrkostenabrechnung für diese zahnärztlichen Leistungen mit dem Patienten ist ebenfalls nicht möglich. Beachten Sie hierzu auch die Rundschreiben der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV).
Die folgenden Gebührenpositionen wurden in den Heil- und Kostenplan aufgenommen:
Zahn |
Anzahl |
GOZ |
GOÄ |
Leistungsbeschreibung |
Faktor |
Betrag Euro |
0010 |
Eingehende Untersuchung mit Befundaufzeichnung |
12,94 |
||||
1 |
3 |
Eingehende Beratung (mindestens 10 Minuten) |
2,3 |
20,11 |
||
5004 |
Panoramaschichtaufnahme beider Kiefer |
1,8 |
41,97 |
|||
1 |
0060 |
Abformung beider Kiefer für Situationsmodelle einfache Bissfixierung einschließlich Auswertung zur Diagnose oder Planung |
2,3 |
33,63 |
||
2 |
Abformmaterial §§ 3,4 GOZ |
|||||
Laborkosten § 9 GOZ |
||||||
1 |
5004 |
Panoramaschichtaufnahme beider Kiefer (PSA Messaufnahme) |
1,8 |
41,97 |
||
1 |
9000 |
Implantatbezogene Analyse und Vermessung des Alveolarfortsatzes des Kieferkörpers und der angrenzenden knöchernen Strukturen … je Kiefer |
2,3 |
114,35 |
||
0030 |
Aufstellung eines schriftlichen Heil- und Kostenplans nach Befundaufnahme, ggf. Auswertung von Modellen |
2,3 |
25,87 |
|||
1 |
34 |
Eingehende Beratung (mindestens 20 Minuten) (OP-Besprechung) |
2,3 |
40,22 |
||
Erster Operationsabschnitt: Knochenblockentnahme retromolar 38, Augmentation und Fixierung des Knochenblocks mittels Osteosyntheseschraube regio 21. An Zahn 22 offene Kürettage sowie Schließung des parodontalen Knochendefektes mittels autologem Knochen und Knochenersatzmaterial sowie Stabilisierung mit einer Membran. |
||||||
38 |
1 |
0100 |
Leitungsanästhesie zuzüglich Anästhesielösung §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
9,05 |
|
38 |
1 |
0090 |
Infiltrationsanästhesie zuzüglich Anästhesielösung §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
7,76 |
|
38 |
1 |
9140 |
Intraorale Entnahme eines Knochenblocks außerhalb des Aufbaugebiets – doppelte Gebühr! |
2,3 |
168,16 |
|
Hinweis: Bei Transplantation und Fixierung eines Knochenblocks ist die Gebühr doppelt berechenbar. |
||||||
11-23 |
6 |
0090 |
InfiltrationsanästhesieSchnittführung und palatinale Injektionen bei chirurgischem Eingriff zuzüglich Anästhesielösung §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
46,56 |
|
21 |
1 |
9100 |
Aufbau des Alveolarfortsatzes |
2,3 |
348,49 |
|
1 |
0530 |
OP-Zuschlag |
1,0 |
123,73 |
||
Hinweis: Der OP-Zuschlag ist einmal je Operationstag und nur mit dem 1,0-fachen Faktor berechnungsfähig. Ausschlaggebend ist der Punktwert der zuschlagsberechtigten Leistung. |
||||||
21 |
1 |
9150 |
Fixierung oder Stabilisierung des Augmentats durch Osteosynthesemaßnahmen, zuzüglich Osteosynthesematerial §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
87,32 |
|
22 |
1 |
4090 |
Lappenoperation, offene Kürettage einschließlich Osteoplastik an einem Frontzahn, je Parodontium |
2,3 |
23,28 |
|
22 |
1 |
4110 |
Auffüllen von parodontalen Knochendefekten mit Aufbaumaterial (Knochen- und/oder Knochenersatzmaterial …, je Zahn oder Parodontium oder Implantat zuzüglich Knochenersatzmaterial §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
23,28 |
|
22 |
1 |
4138 |
Verwendung einer Membran zur Behandlung eines Knochendefekts einschließlich Fixierung, je Zahn je Implantat zuzüglich Membran §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
28,46 |
|
zuzüglich atraumatisches Nahtmaterial §§ 3,4 GOZ |
||||||
38,12-23 |
6 |
3300 |
Nachbehandlung nach einem chirurgischen Eingriff |
2,3 |
50,46 |
|
Nach erfolgter Einheilung des Augmentats erfolgt die Röntgenkontrollaufnahme und ggf. erneut eine implantatbezogene Analyse. Eine Verbandplatte und eine Bohrschablone nach Abformung werden angefertigt. |
||||||
1 |
5 |
Symptombezogene Untersuchung |
2,3 |
10,72 |
||
1 |
1 |
Beratung |
2,3 |
10,72 |
||
1 |
5004 |
Kontrollaufnahme |
1,8 |
41,97 |
||
9000 |
Implantatbezogene Analyse |
2,3 |
114,35 |
|||
1 |
Abformmaterial §§ 3,4 GOZ |
|||||
Zweiter Operationsabschnitt: Bildung eines Trapezlappens, Entfernung der Osteosyntheseschraube aus dem Knochen, Sammlung von autologem Knochen via Knochenfalle während der Präparation und aus direkter Umgebung, Augmentation des Knochens in der Implantatregion. Entnahme eines Bindegewebstransplantats vom Gaumen regio 25,26 und Fixierung regio 22. |
||||||
11-22, 25-26 |
5 |
0090 |
Infiltrationsanästhesie – chirurgische Schnittführung zuzüglich Anästhesielösung §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
38,80 |
|
21 |
9170 |
Entfernung im Knochen liegender Materialien durch Osteotomie, je Kieferhälfte oder Frontzahngebiet |
2,3 |
64,68 |
||
21 |
1 |
9003 |
Verwendung einer Orientierungs-/Positionsschablone zur Implantation, je Kieferzuzüglich Laborkosten § 9 GOZ |
2,3 |
12,94 |
|
21 |
1 |
9010 |
Implantatinsertion, je Implantat zuzüglich Implantatkosten §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
199,86 |
|
1 |
0530 |
OP Zuschlag |
1,0 |
123,73 |
||
21 |
1 |
9090 |
Knochengewinnung, Knochenaufbereitung und -implantation, je Implantat zuzüglich Knochenfalle §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
51,74 |
|
1 |
4133 |
Gewinnung und Transplantation von Bindegewebe einschließlich Versorgung der Entnahmestelle, je Zahnzwischenraum |
2,3 |
113,83 |
||
1 |
0120 |
Zuschlag für die Anwendung eines Lasers |
1,0 |
49,49 |
||
Hinweis: Der Zuschlag nach der Nr. 0120 beträgt 100 Prozent des einfachen Gebührensatzes der betreffenden Leistung, jedoch nicht mehr als 68 Euro. |
||||||
1 |
2700 |
Verbandplattezuzüglich Laborkosten § 9 GOZ |
46,92 |
|||
21 |
1 |
5000 |
Röntgenkontrollaufnahme |
1,8 |
5,24 |
|
zuzüglich atraumatisches Nahtmaterial §§ 3,4 GOZ |
||||||
22-26, 11-22 |
6 |
3330 |
Nachbehandlung nach einem chirurgischen Eingriff |
2,3 |
50,46 |
|
Nach Einheilung des Implantats erfolgt die Freilegung und Einbringung des Sulkusformers. |
||||||
1 |
5 |
Symptombezogene Untersuchung |
2,3 |
10,72 |
||
1 |
1 |
Beratung |
2,3 |
10,72 |
||
21 |
1 |
5000 |
Kontrollaufnahme |
1,8 |
5,24 |
|
21 |
1 |
0090 |
Infiltrationsanästhesie zuzüglich Anästhesielösung §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
5,24 |
|
21 |
1 |
9040 |
Freilegen eines Implantats und Einfügen eines oder mehrerer Aufbauelemente zuzüglich Sulkusformer §§ 3,4 GOZ |
2,3 |
80,98 |
|
75 |
Brief ärztlichen Inhalts |
2,3 |
17,43 |
Die Faktorsteigerung, die sich während der Behandlung durch Schwierigkeit und Zeitfaktor ergeben kann, sollte schon bei der Erstellung eines Heil- und Kostenplans Berücksichtigung finden. Die Begründung selbst erfolgt erst bei der Rechnungslegung.
Die Abrechnung der Leistungen wird direkt mit dem Unfallversicherungsträger durchgeführt und soll gemäß des „Abkommens über die Durchführung der zahnärztlichen Versorgung von Unfallverletzten und Berufserkrankten“ (siehe dazu Abschnitt 2 Punkt 6) innerhalb von vier Wochen ausgezahlt werden.