31.01.2020·Digitale Methoden Die optisch-elektronische Abformung (Teil 1)‒ die Abrechnung
·Digitale Methoden
Die optisch-elektronische Abformung (Teil 1)‒ die Abrechnung
| Werden Abformungen klassisch mit der Fertigung von Gipsmodellen genommen, gibt es relativ oft bei Kronen und Zahnersatz Probleme mit der Passung. Erfolgt die Abformung optisch-elektronisch per Intraoralscanner, reduziert sich in der Regel die Problematik. PI beleuchtet, was im Zusammenhang mit der optisch-elektronischen Abformung wissenswert ist und worauf bei der Abrechnung zu achten ist. |
Intraoralscanner: Funktion und Anwendungsbereiche
Bei der optisch-elektronischen Abformung handelt es sich um ein Abformverfahren mithilfe lichtoptisch arbeitender Scansysteme, wobei sich die Intraoralscanner (IOS) in Messmethodik, Handhabung, Anwendung und Ergebnisqualität unterscheiden. Alle Intraoralscanner basieren auf der optischen Datenerfassung. Aus den Einzelmessungen und verschiedenen Aufnahmewinkeln werden die Raumkoordinaten zu dreidimensionalen Modellen gerechnet, die exakt die anatomische Situation darstellen. Im CAD/CAM-Prozess dienen diese virtuellen Modelle als Grundlage für die Konstruktion von Restaurationen und Rekonstruktionen auf dem Bildschirm und für die Fertigung in Fräsmaschinen bzw. Anlagen aus unterschiedlichen Materialien.
Die optisch-elektronische Abformung wird u. a. bei der Herstellung von Inlays, Onlays, Overlays, Veneers, Kronen und Brücken angewendet. Für den implantat-chirurgischen Eingriff ist der Intraoralscanner für die Herstellung von Bohrschablonen und ‒ wenn sogenannte Scankörper (Scanbodys) verwendet werden ‒ für die Herstellung von Suprakonstruktionen anwendbar.
Für den IOS ergibt sich auch die Möglichkeit der Dateifusion: Dateninformationen, die an unterschiedlichen Stellen in der Prozesskette gewonnen werden, sind in einem einzigen Datensatz mit einem bestimmten Zweck zusammenführbar. Im digitalen dentalen Workflow existieren bisher nur wenige derartige Optionen. Dazu gehört das „Matchen“ (Übereinanderlegen) von Intraoralscan- und 3D-DVT-Daten im Rahmen voll navigierter Implantat-Systeme.
Optisch-elektronische Abformung zur Aufbissbehelfherstellung
Im Gegensatz zum Zahnersatz ist in Verbindung mit den Leistungen nach den Nrn. K1, K2 oder K3 eine Abrechnung von „Nicht-BEL-Leistungen“ nicht gestattet. Im Rahmen des Sachleistungsprinzips dürfen ‒ mit Ausnahme der funktionsanalytischen und -therapeutischen Leistungen ‒ nur Honorarleistungen nach BEMA und BEL-II für die Herstellung und Eingliederung von Aufbissbehelfen berechnet werden.
Wird der IOS anstelle der konventionellen Abformung eingesetzt, können weder Gipsmodelle nach L-Nr. 001 0 noch ein Mittelwertartikulator nach L-Nr. 012 0 BEL II berechnet werden, sondern nur private zahntechnische Leistungsziffern. Das aber verstößt gegen das Sachleistungsprinzip. Da es für den Bereich Kieferbruch keine vertragliche Mehrkostenregelung gibt, muss in diesem Fall der Aufbissbehelf komplett privat mit dem Patienten vereinbart und abgerechnet werden. Hier und im Fachbereich der Kieferorthopädie fehlen immer noch moderate Lösungen im Bereich des Sachleistungsprinzips und optisch-elektronischer Abformungen.
Abrechnungshinweise zur digitalen Abformung
Die optisch-elektronische Abformung ‒ in der Umgangssprache als „intraoraler Scan“ oder „digitale Abformung“ bezeichnet ‒ wird in der GOZ 2012 unter der Nr. 0065 GOZ erfasst. Die Leistung beschreibt die dreidimensionale Datenerfassung intraoraler Strukturen mittels optisch-elektronischer Apparaturen zum Zweck der Herstellung einer Restauration bzw. Rekonstruktion auf direktem oder indirektem Weg.
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Optisch-elektronische Abformung einschließlich vorbereitender Maßnahmen, einfache digitale Bissregistrierung und Archivierung, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich |
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Punkte |
Euro/1,0-fach |
Euro/2,3-fach |
Euro/3,5-fach |
80 |
4,50 |
10,35 |
15,75 |
Laut der Abrechnungsbestimmung zur Nr. 0065 GOZ sind konventionelle Abformungen für dieselbe Kieferhälfte oder denselben Frontzahnbereich daneben nicht berechnungsfähig. Vorbereitende Maßnahmen wie z. B. die optische Aufbereitung der abzuformenden Zähne oder Modelle, Teil- oder Nachscans, der elektronische Versand der erhobenen Daten an externe Stellen und die elektronische Archivierung der Daten sind mit der Gebühr nach Nr. 0065 GOZ abgegolten.
PRAXISTIPP | Die Nr. 0065 GOZ ist auch mit GKV-Versicherten vereinbarungsfähig, da eine vergleichbare Leistung im Sachleistungskatalog nicht enthalten ist. Die Vereinbarung einer Leistung nach Nr. 0065 GOZ führt zur Einstufung als gleichartige Versorgung. Sie führt aber nicht dazu, dass Regelversorgungsbestandteile ‒ beispielsweise eine metallische Krone nach BEMA-Nr. 20a/ai im Seitenzahnbereich ‒ nur aufgrund der digitalen Abformung nach Nr. 2210/2200 GOZ zu berechnen sind. |
Härtefälle
Versicherte, die gemäß § 55 Abs. 2 SGB V unzumutbar belastet sind (Härtefälle), verlieren mit der Einstufung als gleichartige Versorgung den Leistungsanspruch auf eine vollständige Kostenübernahme. Die GKV gewährt in diesem Fall lediglich den doppelten Festzuschuss. Daher müssen Härtefallpatienten bei eventuellen gleichartigen Versorgungen grundsätzlich vor Behandlungsbeginn über einen Eigenanteil aufgeklärt werden, soweit dieser entsteht.
Mögliche Anzahl der Nr. 0065
Ist in einer nachfolgenden Sitzung die medizinische Notwendigkeit gegeben, erneut eine optisch-elektronische Abformung durchzuführen, so kann auch diese berechnet werden. Die Nr. 0065 ist beispielsweise erneut ansatzfähig bei klinisch veränderter Situation, einer Zwischenabformung zur Diagnose, der Analyse des Platzangebots präparierter Zähne und der Analyse einer Achsausrichtung bei Implantaten.
Intraoralscans sind in einer Sitzung maximal viermal berechenbar ‒ einmal je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, bei unterschiedlicher Indikation auch mehrfach. Sie dürfen neben Leistungen, die neben anderen Leistungsbestandteilen auch Abformungen enthalten, zusätzlich honoriert werden.
Benötigte Anzahl von Scans bei einer Präparation
Bei der digitalen Abformung von einem Zahn bzw. einem Implantat sind in der Regel zwei Scans (behandelter Quadrant und Quadrant im Gegenkiefer) ausreichend. Befindet sich der Abformungsbereich jedoch in der Front oder liegen andere medizinische Gründe vor, die den Scan aller Quadranten erfordern, ist die Nr. 0065 GOZ bis zu viermal je Sitzung berechnungsfähig.
Die Bissregistrierung
Die einfache Registrierung der Bissverhältnisse auf digitalem Weg ist nicht gesondert berechnungsfähig. Darüber hinausgehende Bissregistrierungen sind nicht inbegriffen. Diese sind z. B. nach der Nr. 8010 GOZ berechenbar.
Auswertung von Diagnose- und Planungsmodellen
Wenn Situations- und Planungsmodelle anhand von gefrästen oder gedruckten Modellen nach digitaler Abformung analysiert und die Ergebnisse schriftlich festgehalten werden, so sind diese im Labor nach „Nicht-BEL-Leistungen“ (NBL) zu berechnen. In der GOZ wird die digitale Abformung aller Kiefer nach 4 x Nr. 0065 und die Auswertung zur Diagnose und Planung analog als selbstständige Leistung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ berechnet.
Die Analogberechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ
§ 10 Abs. 4 GOZ sieht bei der Berechnung einer Leistung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ vor, dass die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis „entsprechend“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen ist. Es ist daher wichtig, diese Formvorschriften zur Analogabrechnung exakt einzuhalten, um nicht Gefahr zu laufen, dass die Rechnung aufgrund von Formfehlern unwirksam ist.
Zwei Beispiele zur Auswertung von Modellen nach digitaler Abformung
Die Auswertung von Print- oder gefrästen Modellen nach optisch-elektronischer Abformung ist abzurechnen. Möglich wäre z. B. der Analogansatz der Nr. 0050 oder Nr. 0060 GOZ:
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Abformung oder Teilabformung eines Kiefers für ein Situationsmodell einschließlich Auswertung zur Diagnose oder Planung |
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Punkte |
Euro/1,0-fach |
Euro/2,0-fach |
Euro/2,3-fach |
120 |
6,75 |
13,50 |
15,52 |
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Abformung beider Kiefer für Situationsmodelle und einfache Bissfixierung einschließlich Auswertung zur Diagnose oder Planung |
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Punkte |
Euro/1,0-fach |
Euro/1,5-fach |
Euro/2,3-fach |
33,63 |
14,62 |
21,93 |
33,63 |
Die Texte zur Analogabrechnung könnten z. B. lauten
- „Nr. 0050a: Auswertung von Print- oder gefrästen Modellen nach optisch-elektronischer Abformung zur Diagnose oder Planung entsprechend Situationsmodell einschließlich Auswertung zur Diagnose oder Planung“ oder
- „Nr. 0060a: Auswertung von Print- oder gefrästen Modellen nach optisch-elektronischer Abformung zur Diagnose oder Planung entsprechend Abformung beider Kiefer für Situationsmodelle einschließlich Auswertung zur Diagnose oder Planung.“
Auswertung digitaler Daten am Monitor
Bei der digitalen Abformung kann der erhobene Datensatz sofort am Monitor (in Echtzeit) überprüft und die virtuellen Modelle zur Planung ausgewertet werden. Die Wartezeit bis zur Lieferung der konventionellen Gipsmodelle durch das Dentallabor entfällt. Sind nicht alle zu erfassenden Bereiche präzise abgebildet, können entsprechende Korrekturen sofort erfolgen. Das digitale Verfahren ist für Patienten deutlich komfortabler und spart wertvolle Arbeitszeit beim Zahnarzt, seinem Team und für die Patienten.
Die „computergestützte Auswertung zur Diagnose und Planung der optisch-elektronischen Abformung“ ist in der Nr. 0065 GOZ nicht enthalten und daher als selbstständige Leistung entsprechend § 6 Abs. 1 GOZ berechnungsfähig (GOZ-Kommentar der BZÄK). Infrage kämen z. B. die Nrn. 6010 oder 6020 GOZ:
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Anwendung von Methoden zur Analyse von Kiefermodellen (dreidimensionale, grafische oder metrische Analysen, Diagramme), je Leistung nach der Nummer 0060 |
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Punkte |
Euro/1,0-fach |
Euro/2,0-fach |
Euro/2,3-fach |
180 |
10,12 |
20,25 |
23,28 |
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Anwendung von Methoden zur Untersuchung des Gesichtsschädels (zeichnerische Auswertung von Röntgenaufnahmen des Schädels, Wachstumsanalysen) |
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Punkte |
Euro/1,0-fach |
Euro/2,0-fach |
Euro/2,3-fach |
360 |
20,25 |
40,49 |
46,47 |
Zwei Textvarianten zur Analogabrechnung könnten z. B. lauten
- „Nr. 6010a: Digitale Auswertung zur Diagnose und Planung entsprechend Anwendung von Methoden zur Analyse von Kiefermodellen“ oder
- „Nr. 6020a: PC-gestützte Auswertung einer optisch-elektronischen Abformung entsprechend Anwendung von Methoden zur Untersuchung des Gesichtsschädels.“
Weiterführender Hinweis
- In Teil 2 stellt Ihnen PI eine Rechnung vom Dentallabor nach digitaler Abformung, die Planung für einen GKV-Patienten und die Rechnung für einen Privatpatienten vor.