Implantat 24 ohne Abdeckschraube: Grober Behandlungsfehler, aber ohne Folgen für den Zahnarzt
Ein Zahnarzt hatte ein gesetztes Implantat 24 zeitweise ohne Abdeckschraube belassen. Dieser Fehler hat sich jedoch nicht nachweisbar nachteilig für die Patentin ausgewirkt. Der Zahnarzt haftet dann nicht. Hat der vom Arzt nicht beachtete ärztliche Standard nicht den Zweck, einen Gesundheitsschaden, wie er infolge der ärztlichen Behandlung eingetreten ist, zu verhindern, ist der Schaden dem Arzt auch nicht zurechenbar.
Das Oberlandesgericht geht – wie auch schon das Landgericht – nach Anhörung eines Sachverständigen davon aus, dass der Zahnarzt es grob fehlerhaft unterließ, das Implantat 24 nach Abnahme des Abutments mit einer Abdeckschraube zu versehen. Die im Zusammenhang mit dem Implantat erbrachten Leistungen des Beklagten sind für die Klägerin dadurch jedoch nicht unbrauchbar geworden.
Es war fehlerhaft, das Implantat 24, nachdem das darauf befindliche Abutment entfernt worden war, nicht mit einer Abdeckschraube zu versorgen. Der sachverständige Dr.C. hat hierzu erläutert, dass die Versorgung mit einer Abdeckschraube zu einer ordnungsgemäßen Behandlung gehöre. Die Implantate seien innen hohl. Wenn eine Abdeckschraube nicht aufgesetzt werde, könne es dazu kommen, dass Gewebe einwachse, welches schwer wieder zu entfernen sei. Eine Abdeckschraube habe die Aufgabe und die Funktion, den Hohlkörper des Implantats nach oben hin abzudecken, um spätere Aufbauten aufbringen zu können. Sie solle verhindern, dass Gewebe in den Hohlkörper eindringe. Die Nichtverwendung einer Abdeckschraube sei ein Behandlungsfehler.
Spätestens bei Sichtung eines OPG hätte dem beklagten Zahnarzt auffallen müssen, dass auf dem Implantat 24 eine Abdeckschraube gefehlt habe und er hätte eine solche einbringen müssen. Auf die Frage des Senats nach der Qualität des Fehlers hat der Sachverständige erklärt, dass das Fehlen der Schraube auf dem OPG eindeutig zu sehen gewesen sei. Spätestens jetzt hätte die Abdeckschraube wieder eingebracht werden müssen. Selbst wenn das Gewebe über dem Implantat wieder zugewachsen gewesen sein sollte, hätte man es wiedereröffnen und eine Abdeckschraube einbringen müssen. Es habe keinen Grund gegeben, eine Abdeckschraube nicht einzubringen. Alternativ hätte man direkt eine Heilkappe einsetzen können. In Anbetracht dieser sachverständigen Ausführungen geht der Senat von einem eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln und einen Fehler aus, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf und damit von einem groben Behandlungsfehler aus.
Dieser Fehler hat jedoch nicht zur vollständigen Unbrauchbarkeit der im Zusammenhang mit dem Implantat 24 erbrachten Leistungen des Beklagten geführt, so dass die Patientin die für die Einbringung des Implantats und die damit zusammenhängenden Leistungen gezahlte Vergütung nicht zurückverlangen kann. Die später erfolgte Entfernung des Implantats 24 beruht nicht nachweislich auf dem Fehlen der Abdeckschraube. Der Sachverständige hat die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen der Nichtverwendung der Abdeckschraube und der Entstehung der Fistel kein Kausalzusammenhang besteht, mit nahezu 100 Prozent angegeben. Er hat dies überzeugend damit begründet, dass die Abdeckschraube nicht dazu diene, das Eindringen von Keimen in den Implantatkörper und das Entstehen von Infektionen zu verhindern. Selbst wenn Bakterien in den geschlossenen Körper des Implantats gelängen, wäre das Gewebe um das Implantat hiervon nicht betroffen. Die Nichtverwendung der Abdeckschraube habe mit der in diesem Bereich entstandenen Fistel nichts zu tun.
Die Patientin kann daher keine Rückzahlung von Zahnarzthonorar verlangen. Auch kann sie nicht die Zahlung eines Schmerzensgeldes verlangen: Es steht nicht fest, dass die Klägerin aufgrund der unterlassenen Versorgung des Implantats mit einer Abdeckschraube einen Gesundheitsschaden erlitten hat.
Oberlandesgericht Köln, 5. Zivilsenat, 26.06.2024 – 5 U 151/22