26.04.2013·Investitionen Digitales Röntgen in der Zahnheilkunde unter Kostengesichtspunkten: Wann lohnt es sich?
·Investitionen
Digitales Röntgen in der Zahnheilkunde unter Kostengesichtspunkten: Wann lohnt es sich?
von Dr. Detlev Nies, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Zahnarztpraxen, und Dipl. Volkswirt Katja Nies, Köln
| Wie gerade wieder auf der IDS beobachtet werden konnte, befinden sich Zahnmedizin und -technik auf dem Weg ins „digitale Zeitalter“: Immer ausgereiftere und leistungsfähigere Diagnosegeräte, Therapiekonzepte und Produktionstechniken werden angeboten. In diesem Beitrag soll am Beispiel unterschiedlicher Röntgensysteme aufgezeigt werden, unter welchen Rahmenbedingungen die Anschaffung bzw. Umrüstung derartiger Systeme sinnvoll ist und wann man besser darauf verzichten sollte. |
Die Rahmenbedingungen
Es können hier nicht alle Gerätekombinationen abgebildet werden. Für bestimmte Kostenblöcke werden Durchschnittswerte unterstellt, die praxis- und investitionsbezogen zu korrigieren sind. Die Annahmen zu den Rahmenbedingungen (Personalkosten, Raumkosten, Praxis-EDV etc.) sind dergestalt vereinfacht, dass für alle Varianten gleiche Kosten unterstellt werden.
Für alle Röntgensysteme wird vorausgesetzt, dass etwa gleich teure Prüfkörper benötigt werden, ein Fernröntgenzusatz nicht installiert ist und die steuerliche Abschreibungsdauer 8 Jahre beträgt. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Röntgengeräte wird mit insgesamt 20 Jahren veranschlagt. Allgemeinkosten für Personaleinsatz, Raumkosten etc. werden aus Vereinfachungsgründen für alle Gerätekombinationen als gleich hoch kalkuliert.
Soweit Kosten zum Materialverbrauch angegeben sind, wird festgelegt, dass es sich um eine „Durchschnittspraxis“ handelt, die Röntgenhäufigkeit also den in der 100-Fall-Statistik ausgewiesenen Mengen entspricht und die Praxis durchschnittlich groß ist. Die Preisangaben verstehen sich inklusive Installationskosten und Mehrwertsteuer. Alle Angaben sind gerundete Beträge.
Folgende Alternativen sollen betrachtet werden:
Eine Neuanschaffung der analogen Röntgentechnik erfordert die folgenden Investitionen:
1 Zahnfilm-Röntgengerät |
3.500 Euro |
1 OPG |
20.000 Euro |
Entwicklungsgerät |
4.500 Euro |
Karteischrank |
500 Euro |
Durchschnittliche Finanzierungskosten (Zinssatz 5 Prozent) |
700 Euro |
Entsorgungskosten pro Jahr |
200 Euro |
Prüfkosten pro Jahr (zahnärztliche Stelle, TÜV) |
300 Euro |
Reparaturen, Wartung pro Jahr |
300 Euro |
Materialverbrauch pro Jahr (Entwickler, Fixierer) |
600 Euro |
Insgesamt: |
30.600 Euro |
davon abzuschreiben: |
28.500 Euro |
davon laufende Kosten: |
2.100 Euro |
Praxisübernehmer bzw. niedergelassene Kollegen, die ein bereits abgeschriebenes, aber noch voll funktionstüchtiges analoges Röntgengerät besitzen, das unter normalen Umständen noch mindestens 8 Jahre lang seine Funktion erfüllen kann, und die die digitale Technik nutzen wollen, stehen häufig vor der Entscheidung, ob sie das vorhandene Röntgengerät mittels Speicherfolien und Auslesegerät umrüsten. Hierzu werden benötigt:
Auslesegerät inklusive Software |
18.000 Euro |
Sensoren |
2.500 Euro |
Diagnose-Bildschirm |
800 Euro |
Durchschnittliche Finanzierungskosten (Zinssatz 5 Prozent) |
500 Euro |
Prüfkosten pro Jahr (zahnärztliche Stelle, TÜV) |
300 Euro |
Reparaturen, Wartung pro Jahr |
300 Euro |
Materialverbrauch pro Jahr (Speicherfolien, Hüllen) |
500 Euro |
Insgesamt: |
22.900 Euro |
davon abzuschreiben: |
21.300 Euro |
davon laufende Kosten: |
1.600 Euro |
Die Neuanschaffung digitaler 2D-Röntgentechnik erfordert die folgenden Investitionen:
1 Zahnfilm-Röntgengerät inklusive Sensoren |
4.000 Euro |
1 OPG |
25.000 Euro |
Diagnose-Bildschirm |
800 Euro |
Durchschnittliche Finanzierungskosten (Zinssatz 5 Prozent) |
750 Euro |
Prüfkosten pro Jahr (zahnärztliche Stelle, TÜV) |
400 Euro |
Reparaturen, Wartung pro Jahr |
300 Euro |
Materialverbrauch/Jahr (Speichermedium, Hüllen) |
500 Euro |
Insgesamt: |
31.750 Euro |
davon abzuschreiben: |
29.800 Euro |
davon laufende Kosten: |
1.950 Euro |
Die Neuanschaffung digitaler 3D-Röntgentechnik (DVT) erfordert folgende Investitionen:
1 Zahnfilm-Röntgengerät inklusive Sensoren |
4.000 Euro |
1 DVT |
ab 90.000 Euro |
Diagnose-Bildschirm |
800 Euro |
Implantations-Navigationssoftware: |
15.000 Euro |
Durchschnittliche Finanzierungskosten (Zinssatz 5 Prozent) |
2.750 Euro |
Prüfkosten pro Jahr (zahnärztliche Stelle, TÜV) |
600 Euro |
Reparaturen, Wartung pro Jahr |
500 Euro |
Materialverbrauch pro Jahr (Speichermedien, Hüllen) |
500 Euro |
Insgesamt: |
114.150 Euro |
davon abzuschreiben: |
109.800 Euro |
davon laufende Kosten: |
4.350 Euro |
Wird ein aufwendiges DVT-Gerät erworben, belaufen sich die Anschaffungskosten auf etwa 200.000 Euro und die jährliche Abschreibung auf 25.000 Euro. In der – vereinfachten – Gesamtbetrachtung ergeben sich folgende Zahlen:
|
||||
Analog |
Umrüstung von analog auf digital |
Digital 2D |
DVT |
|
Abschreibungen |
3.563 |
2.663 |
3.725 |
13.725 |
Laufende Kosten |
2.100 |
1.600 |
1.950 |
4.350 |
Gesamt |
5.663 |
4.263 |
5.675 |
18.075 |
Der Vergleich der Kosten zeigt, dass die „Umrüstung von analog auf digital“ dann eine kostengünstige Variante darstellt, wenn erwartet werden kann, dass das vorhandene analoge Röntgengerät noch mindestens 5 bis 10 Jahre seine Funktion erfüllen wird. Praxisneugründern ist hingegen zu empfehlen, direkt die Digitaltechnik einzuführen, da die Anschaffungskosten annähernd gleich und die laufenden Kosten sogar etwas günstiger sind.
Dass die Anschaffung eines DVT wegen der hohen Abschreibungen zu einer wesentlich höheren jährlichen Belastung führt, ist klar. Durch überschlägige Ermittlung der Erlöse aus der Röntgendiagnostik soll nun untersucht werden, ab welcher Praxisgröße die Anschaffung in Erwägung gezogen werden kann. Laut 100-Fall-Statistik (KZBV-Jahrbuch 2011, Tabelle 4.4) werden durchschnittlich folgende Röntgenleistungen erbracht, wobei sie in den alten Bundesländern (ABL) um 10 Prozent höher liegen als in den neuen Bundesländern (NBL).
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||||||
RVO Deutschland |
VdAK Deutschland |
RVO ABL |
VdAK ABL |
RVO NBL |
VdAK NBL |
|
Rö2 |
22,13 |
21,55 |
22,95 |
21,92 |
18,69 |
19,63 |
Rö5 |
1,04 |
1,00 |
1,14 |
1,06 |
0,64 |
0,70 |
Rö8 |
0,15 |
0,13 |
0,16 |
0,14 |
0,10 |
0,10 |
Stat |
0,17 |
0,18 |
0,18 |
0,17 |
0,17 |
0,19 |
Ä935d |
7,74 |
7,37 |
8,09 |
7,55 |
6,28 |
6,43 |
Gewichtet man die Angaben aus Tabelle 2 mit den Honoraren, die pro Leistung gezahlt werden, ergeben sich folgende Werte (aktueller Punktwert: 0,9145 Euro, Gewichtung RVO zu zwei Dritteln und VdAK zu einem Drittel; Rundungsdifferenzen):
|
|||||
Punkte/Leistung |
Honorar/ Leistung BRD |
Honorar BRD pro 100 Fälle |
Honorar ABL pro 100 Fälle |
Honorar NBL pro 100 Fälle |
|
Rö2 |
12 |
10,97 |
240,49 |
247,84 |
208,33 |
Rö5 |
19 |
17,38 |
17,82 |
19,33 |
11,46 |
Rö8 |
27 |
24,69 |
3,54 |
3,78 |
2,47 |
Stat |
34 |
31,09 |
5,38 |
5,49 |
5,49 |
Ä935d |
36 |
32,92 |
250,51 |
260,15 |
208,19 |
Unterstellt man für eine Durchschnittspraxis 400 Kassenpatienten pro Quartal und geht davon aus, dass die Honorare für privat erbrachte Röntgenleistungen 15 Prozent der Kassenerlöse betragen, so ergeben sich die nachfolgend dargestellten Jahresumsätze für Röntgenleistungen:
|
|||
Kassenhonorar |
Privathonorar |
Gesamt |
|
Deutschland |
8.283,81 |
1.242,57 |
9.526,38 |
Alte Bundesländer |
8.585,36 |
1.287,80 |
9.873,17 |
Neue Bundesländer |
6.974,92 |
1.046,24 |
8.021,16 |
Vergleicht man die laufenden Einnahmen aus den Röntgenleistungen (Tabelle 4)mit den laufenden Kosten für die Bereitstellung dieser Leistungen (ohne anteilige Personal-, Raum- und Verwaltungskosten und ohne Gewinn), wird schnell klar, dass selbst für den Betrieb eines einfachen Röntgensystems – egal ob analog, digital oder Scanner – die Honorare knapp bemessen sind:
|
|||||||
Alternative 1 |
Alternative 2 |
Alternative 3 |
|||||
Bei einem Röntgen-honorar in Höhe von |
…und Kauf von analoger Rö-Technik |
.. verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn |
…und Umrüstung von analog auf digital |
… verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn |
… und Kauf von digitaler 2D-Technik |
… verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn |
|
BRD |
9.526,38 |
5.663 |
3.863,38 |
4.263 |
5.263,38 |
5.675 |
3.851,38 |
ABL |
9.873,17 |
5.663 |
4.210,17 |
4.263 |
5.610,17 |
5.675 |
4.198,17 |
NBL |
8.021,16 |
5.663 |
2.358,16 |
4.263 |
3.758,16 |
5.675 |
2.346,16 |
FAZIT | Beim DVT-Gerät übersteigen die Gerätekosten allein schon deutlich die jährlichen Einnahmen einer Zahnarztpraxis aus Röntgenleistungen. Auch für eine Doppelpraxis ist ein derartiges Gerät finanziell weniger attraktiv als zum Beispiel ein digitales 2D-Gerät oder ein analoges Röntgengerät:
|
|||
Bei einem Röntgen- honorar (Doppelpraxis) in Höhe von |
…und Kauf eines DVT für 90.000 Euro ergeben sich gerätebedingte Kosten in Höhe von |
…und es verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn für zwei Behandler |
|
Deutschland |
19.052,76 |
18.075 |
977,16 |
Alte Bundesländer |
19.746,34 |
18.075 |
1.671,34 |
Neue Bundesländer |
16.042,32 |
18.075 |
– 2.032,68 |
Verteilt man die Gerätekosten nicht auf die steuerliche Abschreibungsdauer von 8 Jahren, sondern auf eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 20 Jahren, stellt man fest, dass sich die Unterschiede der o. g. Alternativen mit Ausnahme der 3D-Technik nivellieren. Dies gilt insbesondere, wenn man unterstellt, dass bei der Umrüstung von analoger auf digitale Technik die Gesamtnutzungsdauer wohl durch die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Röntgengeräts begrenzt sein wird und die Abschreibung für die Ausleseeinheit möglicherweise auf weniger als 20 Jahre zu verteilen ist. Es ergeben sich folgende Zahlen:
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|||||||
Alternative 1 |
Alternative 2 |
Alternative 3 |
|||||
Bei einem Röntgen-honorar in Höhe von |
…und Kauf von analoger Rö-Technik |
… verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn |
…und Umrüstung von analog auf digital |
… verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn |
… und Kauf von digitaler 2D-Technik |
… verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn |
|
BRD |
9.526,38 |
3.105 |
6.421,38 |
2.365 |
7.161,38 |
2.990 |
6.536,38 |
ABL |
9.873,17 |
3.105 |
6.768,17 |
2.365 |
7.508,17 |
2.990 |
6.883,17 |
NBL |
8.021,16 |
3.105 |
4.916,16 |
2.365 |
5.656,16 |
2.990 |
5.031,16 |
Bei Anschaffung eines DVT-Geräts ergeben sich unter der Annahme gleichbleibender Finanzierungskosten folgende Zahlen:
|
|||
Bei einem Röntgenhonorar (Doppelpraxis) in Höhe von |
… und Kauf eines DVT für 90.000 Euro ergeben sich gerätebedingte Kosten in Höhe von |
…und es verbleiben für Gemeinkosten und Gewinn für zwei Behandler |
|
Deutschland |
19.052,76 |
8.190 |
10.862,76 |
Alte Bundesländer |
19.746,34 |
8.190 |
11.556,34 |
Neue Bundesländer |
16.042,32 |
8.190 |
7.852,32 |
Die 3D-Röntgentechnik ist demnach auch unter der Annahme, dass das Röntgengerät 20 Jahre lang genutzt werden kann, unter ökonomischen Aspekten für eine Praxis mit zwei Behandlern weniger empfehlenswert als die Investition in eine der anderen Alternativen. Die Anschaffung eines DVT kann erwogen werden, wenn die Anschaffungskosten dividiert durch die Anzahl der Eigentümer nicht mehr als 25.000, maximal 30.000 Euro betragen.
Ob die wirtschaftlichen Nachteile und Aspekte der Strahlenbelastung durch diagnostische Vorteile aufgewogen werden, kann nur rein subjektiv von dem vor der Investitionsentscheidung stehenden Zahnarzt entschieden werden.