01.02.2017·Investitionen Warum haben Sie noch kein „kleines“ Praxislabor?
·Investitionen
Warum haben Sie noch kein „kleines“ Praxislabor?
von Dr. Georg Taffet, Rielasingen-Worblingen
| Während des Studiums investieren wir in den ersten Jahren eine Menge Zeit, Mühe und Geld in die Propedeutik. Bei manchen ist es ein wenig Herzblut, andere schlagen drei Kreuze, wenn es mit bestandenem Physikum endlich vorbei ist. Gemeinsam haben wir aber fast alle eines: Mit bestandenem Physikum delegieren wir alles an unsere zahntechnischen Partner. Weshalb eigentlich? Wieso verzichten wir in diesem Fall auf ein „return of invest“ für die Mühen im Studium? Wieso tun wir uns mit den Zahntechnikern, wenn die Krone mal wieder zu hoch ist, unerfreuliche Diskussionen nach dem Motto an: „Ihr Bissregistrat und Ihre Abformung stimmen halt nicht.“ – „Nein, Ihre Modellherstellung und das Einartikulieren sind nicht korrekt.“ |
Das „große“ und „kleine“ Praxislabor
Es gibt mehrere Möglichkeiten, ein Praxislabor zu betreiben. Eine besteht darin, in geeigneten Räumen, die der Praxis angegliedert sein können, aber nicht sein müssen, ein komplettes zahntechnisches Labor einzurichten und mit angestellten Zahntechnikern zu arbeiten. In der Regel wird es jedoch nicht einfach sein, die laufenden Kosten mit den ZE-Aufträgen aus einer Einzelpraxis zu decken. Erschwerend kommt noch hinzu: Ist der Zahnarzt mit der Präzision oder Ästhetik einer Arbeit nicht zufrieden, wird der angestellte Zahntechniker bei laufendem Gehalt – auf Kosten des Praxisinhabers – die Arbeit erneut anfertigen müssen. Zusätzliche Aufgaben im Rahmen der Betriebs- und Personalführung belasten den Zahnarzt darüber hinaus.
Die andere Möglichkeit ist das kleine Praxislabor, wie wir es haben. In einem geeigneten Raum unserer Praxis stehen einige zahntechnische Geräte: ein Vakuumrührgerät für Gips, ein Modelltrimmer, eine Pinbohrmaschine und ein Zahnkranztrimmer, ein Tiefziehgerät, ein Lichthärteofen, ein Sandstrahlgerät und ein Mikromotor für die Zahntechnik. Die dazu passenden Absaugungen, gutes Licht, Vergrößerungshilfen, ein Waschbecken mit Gipsabscheideanlage. Das ist schon alles, also eine überschaubare Investition. Im Praxislabor erledigen wir selbst die komplette Modellherstellung und die vorbereitenden Arbeiten. Das eröffnet uns auch die Möglichkeit, mit dem sehr präzisen, aber empfindlichen Hydrocolloid abzuformen: Zahnkränze können sofort – ohne Transport – an Ort und Stelle ausgegossen werden. Trimmen, Pinnen, Sockeln und Sägen sind Arbeiten, die unsere angelernten Fachassistentinnen mit Freude durchführen. Es ist für sie eine zusätzliche Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten – eine willkommene Abwechslung im Praxisalltag.
Warum der Behandler manche Arbeiten selbst machen sollte
Die Darstellung der Präparationsgrenzen ist eine Arbeit, die meines Erachtens in die Hand des Behandlers gehört. Im zahntechnischen Gewerbelabor wird diese Arbeit wohl immer mal wieder von Auszubildenden durchgeführt.
Was ist nun, wenn am verflixten Montagmorgen dem Auszubildenden die Fräse ein wenig in die Präparationsgrenze abrutscht? Wird er dem Meister Bescheid geben? Wird der Meister mit hochnotpeinlich rotem Kopf in der Praxis anrufen: „Herr Doktor, es tut mir sehr leid, wir haben es vermasselt. Sie müssen beim Patienten eine neue Abformung durchführen …“ Oder wird der Übergang schön glattgefräst, damit es keiner sieht, die Krone auf dem nun zu kurzen Stumpf hergestellt und dem später reklamierenden Zahnarzt gesagt: „Na ja, Ihre Abformung war wohl offensichtlich an der Stelle zu kurz. Wir können die Krone nur auf dem Modell herstellen, das wir von Ihnen zur Verfügung gestellt bekommen.“ Selbstverständlich kann o. g. Malheur auch dem Behandler passieren, während er unter Vergrößerungshilfe die Präparationsgrenzen darstellt. Er wird aber dann selbst die Entscheidung treffen, neu abzuformen, denn er weiß ja, worum es geht.
Ebenso gehört präzises Einartikulieren in die Hand des Behandlers. Das ist auch eine im Gewerbelabor eher ungeliebte Aufgabe, die sich jedoch gravierend auf die Passgenauigkeit des fertigen Zahnersatzes auswirkt. „Zahnheilkunde ist wie Kochen, es kommt selten was Besseres raus, als das was man reingetan hat!“ sagte vor vielen Jahren Prof. Gutowski während eines Arbeitskurses zu mir. Umso früher ein Fehler passiert, desto schlechter ist das Ergebnis: Im Laufe des Herstellungsprozesses potenziert sich der Fehler.
Deshalb erhält unser zahntechnischer Partner fix und fertig einartikulierte Modelle, auf denen er dann den Zahnersatz herstellen muss. Überprüft wird bei Lieferung die perfekte Passung auf den Modellen, im Artikulator. Passt die Arbeit hier und hat die Vorarbeit der Praxis gestimmt (Präparation, Abformung, Modellherstellung, Darstellen der Präparationsgrenzen und Einartikulieren), dann wird die Arbeit auch im Mund des Patienten problemlos passen. So ersparen wir uns und unseren Zahntechnikern viel böses Blut und freuen uns immer über präzisen Zahnersatz. Modelle und Tiefziehfolien für Provisorien, Provisorien, verschiedene Schienentypen, Unterfütterungsmodelle, Bissführungsplatten, Verbandsplatten, Schablonen etc. lassen sich schnell und problemlos in unserem kleinen Praxislabor herstellen.
Doch wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus?
Der Umsatz unseres Praxislabors beträgt über die Jahre hinweg zwischen 100.000 bis 150.000 Euro, überwiegend Privatleistungen. Das ist nicht schlecht für etwas, was nebenbei läuft. Ist am Wochenende das Wetter schlecht und ich habe nichts vor, kann ich im Labor etwas arbeiten. Versetzt mich ein Patient mal, dann brauche ich nicht Däumchen drehend – bei laufenden Fixkosten – aus dem Fenster zu schauen und auf den nächsten Patienten zu warten, sondern kann die Zeit in meinem Praxislabor überbrücken. Unser Zahnersatz passt immer hervorragend. Zeitverluste und Frust für das „Passendmachen“ oder das Neuanfertigen nicht passender Teile werden weitestgehend vermieden.
Die zahntechnische Arbeit ist für mich auch eine Abwechslung, ein recht gut bezahlter Ausgleich für die Stunden am Patientenstuhl. In meinen Augen also hat das „kleine“ Praxislabor nur Vorteile.